Niederösterreich
Prozess um Gasexplosion startet noch im November
Zwölf Angeklagten wird fahrlässige Herbeiführung einer Feuersbrunst mit Todesfolge vorgeworfen. Vier Firmen drohen Geldbußen.
Die Explosion in der Erdgasstation Baumgarten (Bezirk Gänserndorf) vom 12. Dezember 2017 mit einem Toten und 22 Verletzten hat ab 23. November am Landesgericht Korneuburg ein Nachspiel. Zwölf Angeklagten wird fahrlässige Herbeiführung einer Feuersbrunst mit Todesfolge vorgeworfen. Vier Unternehmen, die die Beschuldigten beschäftigen, drohen Geldbußen, bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft am Mittwoch auf Anfrage einen "Kurier"-Bericht. Zwölf Prozesstage sind geplant.
Im Fall eines Schuldspruchs in der Einzelrichterverhandlung beträgt der Strafrahmen bis zu drei Jahre. Gegen vier Unternehmen sei nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz eine Geldbuße beantragt worden, sagte Friedrich Köhl, Sprecher der Staatsanwaltschaft Korneuburg, zur APA. Die Vorwürfe werden bestritten, berichtete der "Kurier".
271-seitiger Strafantrag
"Der gegenständliche Unfall resultiert grosso modo aus unklaren Zuständigkeiten, mangelhaften Anweisungen und fehlender Dokumentation, sowie aus dem großen Vertrauen, welches die einzelnen Akteure aufgrund langjähriger Erfahrung in ihre Partner hatten", zitierte die Tageszeitung aus dem 271-seitigen Strafantrag. "Die beteiligten Unternehmen und Personen vertrauten einander blind. Sie verließen sich aufeinander, ohne genau zu wissen, wer eigentlich wofür zuständig ist - eine tödliche Kombination."
Im Zentrum des Prozesses steht ein sogenannter Filterseparator. Mitarbeiter einer Rohrtechnik-Firma sollen das Gerät, das Feuchtigkeit aus den Gasleitungen filtert, 2016 in einer Anlage in Kärnten abgebaut haben, "wobei ein sicherheitsrelevanter Bauteil unsachgemäß demontiert wurde", berichtete die Tageszeitung. Im Herbst 2017 sei das Gerät in die Anlage der Gas Connect Austria (GCA) in Baumgarten installiert worden, "ohne dass das fehlende Bauteil den entsprechenden Eingangs- und Schluss-Prüfungen unterzogen oder formell freigegeben worden wäre", wurde aus der Anklage zitiert.
Gerät von TÜV-Mitarbeitern überprüft
"Das Gerät wurde von Mitarbeitern der TÜV (Technischer Überwachungsverein, Anm.) Austria Services geprüft, ohne dass das fehlende Bauteil aufgefallen wäre", lautet ein Vorwurf. Außerdem soll die Dokumentation über die Prüfungen "äußerst mangelhaft erfolgt" sein. Auch die GCA soll die nach rechtlich-technischen Normen gebotenen Kontrollen nicht durchgeführt haben. Ein Großteil der Prüfaufgaben sei an einen Dienstleister ausgelagert worden.
Die GCA soll das Gerät mit rund 50 Bar Erdgas gefüllt haben, "ohne dass die notwendigen Voraussetzungen vorgelegen" sein sollen, wurde aus der Anklage zitiert. "Durch die nicht plankonform verschraubte Zentralschraube, den fehlenden Sicherheitszentralhebel, die unzulässig aufgeschraubte Druckkappe am Schnellverschluss und die nicht vorhandene Sicherung des Schnellverschlusses soll der 700 Kilogramm schwere Filterdeckel abgerissen und auf einen gegenüberliegenden Filterseparator geschleudert" worden sein.
Aus beiden Filterseparatoren trat demnach unter hohem Druck Gas aus, das sich zu einer 200 Meter langen Fackel entzündete. Der Druck des unterirdisch austretenden Gases war laut Bericht so hoch, dass so viel Erde aufgewirbelt wurde, dass "die Überlebenden glaubten, sie befinden sich in einem Sandsturm".
GCA weist jede Schuld von sich
Die GCA weise jede Schuld von sich, berichtete der "Kurier". Der Filterseparator sei damals noch gar nicht in Betrieb gewesen, da sich der Vorfall bereits bei der Prüfung des TÜV ereignete. Die Rohrtechnikfirma behaupte, dass der fehlende Sicherungshebel und die nicht vollständig eingeschraubte Zentralschraube nicht Ursache des Unfalls seien, sondern eine Explosion im Inneren des Filterseparators. TÜV Austria bestreite die Vorwürfe ebenfalls. Unfallursache seien der demontierte Sicherungshebel und die nicht korrekt montierte Zentralschraube gewesen, aber das sei vom TÜV nicht zu prüfen gewesen.
Bei der Explosion wurde ein 32-jähriger TÜV-Techniker getötet. 22 Personen wurden teilweise schwer verletzt. Für alle Beteiligte gilt die Unschuldsvermutung.