Steiermark

Praktikant schnuppert 1,5 Tage, klagt auf 176 € Gehalt

In Zukunft wird sich wohl jeder Betrieb überlegen, ob er Schnupper-Praktikanten aufnimmt. Denn ein Steirer klagte das "Gehalt" für 1,5 Tage nun ein.

Christine Ziechert
Der Praktikant wollte in den Beruf des Goldschmiedes hineinschnuppern (Symbolbild).
Der Praktikant wollte in den Beruf des Goldschmiedes hineinschnuppern (Symbolbild).
Getty Images

Ein 22-jähriger Steirer absolvierte 1,5 Tage lang ein Schnupper-Praktikum bei einem Grazer Goldschmied, da er den Beruf kennenlernen wollte. Nun reichte er über die Arbeiterkammer (AK) beim Grazer Landesgericht für Zivilrechtssachen Klage ein. Er fordert 175,98 Euro "Gehalt", hinzu kommen Zinsen in der Höhe von 2,31 Euro und 330 Euro Kosten für den Zahlungsbefehl, den die AK an den Betrieb schickte, berichtet die "Kleine Zeitung".

"Es geht uns nicht um die Höhe der eingeforderten Summe, hier geht es um mehr. Wer wird denn noch junge Leute zum Schnupper-Praktikum einladen, wenn man dann vor Gericht gezerrt wird", meint der Anwalt des Goldschmiedes, Franz Unterasinger, zur "Kleinen Zeitung" und spricht von einem "überschießenden Vorgehen der Arbeiterkammer". 

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    privat, iStock

    Praktikum diente nur der Berufsinformation

    Laut Unterasinger hat es zwischen dem Betrieb und dem 22-Jährigen eine Vereinbarung gegeben, dass das Praktikum nur zur Berufsinformation diene. Der Steirer sei nicht an Arbeitszeiten oder Arbeitspflichten gebunden. Daher wurde laut dem Anwalt kein Arbeitsverhältnis begründet und auch keine Anmeldung bei einer Unfall- oder Krankenversicherung vorgenommen. Im Regelfall hätten zudem Unternehmen keinen Profit von solchen Praktikanten, sondern eher einen Mehraufwand.

    Arbeiterkammer-Juristin Verena Stiboller sieht dies anders: "Ausschlaggebend ist in solchen Fällen nicht, ob es so eine Vereinbarung gibt, die Dienstgeber von allen Verpflichtungen befreien soll. Die Frage ist, ob die Kriterien für die Begründung eines Dienstverhältnisses erfüllt werden und die sind vom Obersten Gerichtshof eindeutig geklärt", erklärt sie der "Kleinen Zeitung".

    Liegt ein Dienstverhältnis vor, kann geklagt werden

    Wichtig sind laut Stiboller folgende Punkte: Hat der Praktikant Arbeitsleistungen erbracht? Hat er dafür Betriebsmittel verwendet? War er weisungsgebunden? War er an Dienstzeiten und einen Dienstort gebunden? Kann man diese Fragen mit "Ja" beantworten, liegt laut der AK-Juristin ein Dienstverhältnis vor, das angemeldet werden muss. In so einem Fall hat der Praktikant ein Recht auf das kollektivvertragliche Mindestentgelt samt Urlaubs-Ersatzleistung.

    Oft steckt auch hinter einem angeblichen Schnupper-Praktikum mehr: In der Hoffnung, die begehrte Arbeitsstelle zu bekommen, arbeiten Jugendliche oder junge Menschen häufig monatelang für wenig Geld oder sogar gratis. Immer wieder landen bei Stiboller solche Fälle. Sie rät Praktikanten, auch rückwirkend das Gehalt einzufordern oder im Notfall auch einzuklagen.