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Politiker fordern Beweise für Fake-News-Vorwurf

Heute Redaktion
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Aufnahmen von Hetzjagden seien wohl gestreut worden, um "vom Mord in Chemnitz" abzulenken. Mit der Aussage löst der Chef des Verfassungsschutzes eine neue Debatte aus.

Der Präsident des deutschen Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, hat Zweifel an Berichten über Hetzjagden während der Demonstrationen in Chemnitz geäußert. SPD, Grüne, Linke und FDP zeigten sich empört. Auch Rücktrittsforderungen wurden laut.

"Die Skepsis gegenüber den Medienberichten zu rechtsextremistischen Hetzjagden in Chemnitz werden von mir geteilt", sagte Maaßen der Zeitung "Bild" vom Freitag. Dem Verfassungsschutz lägen "keine belastbaren Informationen darüber vor, dass solche Hetzjagden stattgefunden haben".

Über das Video, das Jagdszenen auf ausländische Menschen nahe des Johannisplatzes in Chemnitz zeigen soll, sagte Maaßen: "Es liegen keine Belege dafür vor, dass das im Internet kursierende Video zu diesem angeblichen Vorfall authentisch ist." Nach seiner vorsichtigen Bewertung sprächen gute Gründe dafür, dass es sich "um eine gezielte Falschinformation" handle, um möglicherweise "die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken". Ob es sich bei dem Tötungsdelikt um Totschlag oder Mord handelte, ist juristisch bis jetzt allerdings nicht geklärt.

Auch Merkel sprach von "Hetzjagd"

Auslöser der Proteste in Chemnitz war eine tödliche Messerattacke am 26. August auf einen 35-jährigen Deutschen mit kubanischen Wurzeln. Zwei Tatverdächtige, die als Asylbewerber nach Sachsen gekommen waren, sitzen wegen Verdachts des gemeinschaftlichen Totschlags in Untersuchungshaft. An einigen Protestveranstaltungen waren auch Rechtsextremisten beteiligt.

Teilweise kam es zu Übergriffen auf Polizisten, Journalisten und Ausländer. Auf den sozialen Medien wurden danach Berichte und Aufnahmen publik über Jagdszenen, in denen Demonstranten mutmaßliche Migranten angreifen. So berichtete etwa der freie Journalist Johannes Grunert, der für "Zeit online" vor Ort war, von solchen.

Im Zusammenhang mit solchen Szenen war am selben Abend erstmals von "Hetzjagd" die Rede. Der Begriff wurde von Privatpersonen verwendet, aber auch von offizieller Seite, wie etwa Amnesty International des Bezirks Sachsen. Danach schrieben zahlreiche Medien darüber, darunter etwa "Bild", "Frankfurter Allgemeine", ZDF.

Einen Tag später sprach Regierungssprecher Steffen Seibert von "Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft". Kanzlerin Angela Merkel folgte ihm später: "Wir haben Videoaufnahmen darüber, dass es Hetzjagden gab, dass es Zusammenrottungen gab, dass es Hass auf der Straße gab, und das hat mit unserem Rechtsstaat nichts zu tun", sagte sie.

"Kein Mob, keine Hetzjagd"

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer widersprach ihr am Mittwoch in einer Regierungserklärung im Landtag. Das Geschehen in Chemnitz müsse richtig beschrieben werden, sagte er. "Klar ist: Es gab keinen Mob, keine Hetzjagd und keine Pogrome."

Merkel betonte danach jedoch, es habe Aufnahmen gegeben, die "sehr klar Hass und damit auch die Verfolgung unschuldiger Menschen" gezeigt hätten. Davon müsse man sich distanzieren. "Damit ist alles gesagt", sagte die Kanzlerin am Mittwoch in Berlin. Kretschmer hielt gegenüber der "Welt" jedoch fest, er sehe bei der Bewertung der Vorfälle von Chemnitz keine Differenzen zu Merkel. "Ich bin genauso entsetzt über die Bilder von Montag wie jeder andere", sagte der CDU-Politiker.

"Ich habe gesehen, wie es zu Jagdszenen auf vermeintliche Migranten gekommen ist", betonte Johannes Grunert, freier Mitarbeiter von "Zeit online" nach Maaßens Statement am Freitag. Grunert berichtete während der Demonstration in Chemnitz für das Portal.

Rücktrittsforderung

Aus Sicht der meisten Bundestagsparteien hat sich Maaßen mit dieser Einschätzung, für die er bislang keine Belege geliefert hat, zu weit aus dem Fenster gelehnt. Linke und Grüne legten Maaßen am Freitag den Rücktritt nahe.

Bundestags-Vizepräsident Thomas Oppermann (SPD) sagte, er habe für die Annahmen des Verfassungsschutz-Präsidenten kein Verständnis. Maaßen sorge im Augenblick für Verwirrung. "Wir haben Bilder gesehen, wir haben Zeugen gehört. Wir haben gesehen, wie Menschen da den Hitlergruß offen auf der Straße gezeigt haben", sagte er in "Deutschlandfunk".

Baldige Sondersitzung

CDU-Politiker forderten vom Chef des Inlandsgeheimdienstes eine Offenlegung seiner Quellen. Es müsse nun rasch geklärt werden, ob dieses Bildmaterial echt oder nicht echt sei, forderte CDU-Innenexperte Stephan Harbarth. "Da muss Herr Maaßen jetzt mal sagen, woher seine Zweifel eigentlich kommen."

Der Innenausschuss des Bundestags will sich jetzt in einer Sondersitzung mit den umstrittenen Aussagen von Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen zu den Vorgängen in Chemnitz befassen. Als Termin sei Montag, der 17. September, ins Auge gefasst worden, sagte Ausschussmitglied Armin Schuster (CDU) den "Stuttgarter Nachrichten" und der "Stuttgarter Zeitung" (Samstagausgabe).

Zugleich kritisierte er Maaßen scharf. Es wäre "unheimlich wichtig gewesen, dass Maaßen schon viel früher objektiv dargelegt hätte, was die Behörden über die Chemnitzer Vorfälle wissen", sagte Schuster.

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    Karl Schöndorfer / picturedesk.com

    (kko/sda)