Niederösterreich

Pharmakonzern baut Milliarden-Anlage in NÖ doch nicht

Hiobsbotschaft in NÖ: Boehringer Ingelheim streicht die geplante Produktionsanlage in Bruck ersatzlos – es werden keine 800 Jobs geschaffen.

Niederösterreich Heute
Visualisierung der neuen biotechnologischen Produktionsanlage BioNex: Diese kommt jetzt doch nicht.
Visualisierung der neuen biotechnologischen Produktionsanlage BioNex: Diese kommt jetzt doch nicht.
Boehringer Ingelheim

Der deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim wird die geplante Errichtung einer Produktionsanlage in Bruck an der Leitha in Niederösterreich nicht in die Tat umsetzen. Verwiesen wurde am Dienstag seitens des Unternehmens darauf, dass der erwartete künftige Bedarf für Produktionskapazitäten in der Biopharmazie mit den bestehenden Standorten abgedeckt sei. Angedacht war ein Investment von 1,2 Mrd. Euro. Der Betrieb hätte 2026 starten und 800 Arbeitsplätze bringen sollen.

"Klare Fokussierung und Priorisierung"

Die Produktpipeline erfordere eine "klare Fokussierung und Priorisierung", hieß es in einem Unternehmens-Statement. Bis 2030 strebe man die Markteinführung von rund 25 neuen Wirkstoffen an. "Deren Produktion wird auch die Einführung neuer Herstelltechnologien erforderlich machen. Demgegenüber ist der erwartete künftige Bedarf für Produktionskapazitäten in der Biopharmazie – nicht zuletzt durch die kürzlich in Betrieb genommene Zellkulturanlage in Wien – mit den bestehenden Produktionsanlagen abgedeckt", hieß es.

Projekt noch in der Planungsphase

Matthias Sturm, Sprecher von Boehringer Ingelheim RCV, sagte zur APA, dass sich das Projekt Bruck an der Leitha noch in der Planungsphase befunden habe. Während eines Evaluierungsprozesses habe sich die Produktpipeline verschoben. Ein Ersatzprojekt sei aktuell nicht geplant. Bekräftigt wurde trotz der vorliegenden Entscheidung ein "Bekenntnis zum Standort Österreich".

In der laut Plänen aus dem Vorjahr BioNex genannten biopharmazeutischen Anlage in der niederösterreichischen Bezirksstadt sollten Medikamente gegen Krebs, Herzinfarkte und Schlaganfälle hergestellt werden. Es hätte sich um einen ähnlichen Standort wie jenen handeln sollen, den Boehringer Ingelheim von 2015 bis 2021 in Wien baute. Hier waren 700 Mio. Euro investiert worden. Das Projekt war Anfang April 2022 im Beisein der damaligen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP), Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Brucks Bürgermeister Gerhard Weil (SPÖ) der Öffentlichkeit als Erfolgsprojekt vorgestellt worden.

Großes Bedauern

Anfänglicher Jubel ist nun verflogen. In Niederösterreich wurde "diese Konzernentscheidung mit großem Bedauern zur Kenntnis" genommen, wie es Jochen Danninger, Chef des ÖVP-Landtagsklubs und Ecoplus-Aufsichtsratsvorsitzender, ausdrückte. Als Ex-Wirtschaftslandesrat hatte er das einstige Vorzeigeprojekt im Vorjahr begleitet. Er sah im nunmehrigen Schritt auch einen "äußerst schmerzhaften Warnschuss für den Wirtschaftsstandort Österreich".

Mikl-Leitner betonte in einer Aussendung, dass dennoch am Biotech Campus Hainburg festgehalten werde. "Die in der Region ansässigen Biotech-Firmen wie Takeda und Pfizer haben großen Bedarf an Fachkräften im Bereich der Biotechnologie. Daher investieren wir weiterhin in den Campus und setzen den geplanten FH-Lehrgang und das neue Gymnasium um."

"Maßlos enttäuscht über die Entscheidung des Konzerns" zeigte sich indes Bürgermeister Weil. Es seien schließlich bereits Vorarbeiten geleistet worden.

Kritik der SPNÖ

„Der Rückzug von Boehringer-Ingelheim aus Bruck an der Leitha ist eine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Niederösterreich. Die Absage der größten Betriebsansiedelung Niederösterreichs macht eine komplette Neubewertung der Wirtschaftspolitik notwendig: Die Investitionen von mehr als einer Milliarde Euro, die 800 Arbeitsplätze aber auch die Steigerung des Lohnniveaus in der Region hätten sich massiv positiv auf die Region ausgewirkt. Nun braucht es Maßnahmen des Landes, um Schaden vom Wirtschaftsstandort Niederösterreich abzuwenden“, sagt Sven Hergovich, "Kontroll-Landesrat" und Vorsitzender der SPÖ Niederösterreich.

„Dass die Regierungen in Bund und Land seit Monaten zusehen, wie die Teuerung steigt und steigt, ist ebenso wirtschaftsschädlich wie die fehlenden Eingriffe in die Energiepreise, die Österreichs Produktion teurer und teurer macht. Es ist dringend notwendig, die Teuerung in Bund und Land endlich ernsthaft zu bekämpfen, um weiteren Schaden vom Wirtschaftsstandort abzuwenden. Auch die Kürzungen bei den AMS-Fortbildungen müssen zurückgenommen werden, um weiterhin ausreichend in unsere Fachkräfte zu investieren. Jetzt darf kein Stein auf dem alten bleiben. Es müssen alte Zöpfe angeschnitten werden und genau analysiert werden, warum Niederösterreich als Wirtschaftsstandort zurückfällt. Es braucht einen Schulterschluss aller Parteien und Sozialpartner, um ein rasches und möglichst gleichwertiges Alternativinvestment für die Region und damit Arbeitsplätze zu sichern. Eine schleichende Deindustrialisierung und damit einhergehender Wohlstandsverlust in Niederösterreich müssen mit aller Kraft verhindert werden“, so Hergovich.

"Doppelzüngig und schäbig"

VPNÖ-Landesgeschäftsführer Matthias Zauner bezeichnete das Vorgehen von SPÖ-Landesrat Sven Hergovich indes als „doppelzüngig und schäbig“ gegenüber der Region Bruck an der Leitha: „Die Region muss aufgrund einer alleinigen Konzernentscheidung von Boehringer Ingelheim, die in Deutschland getroffen wurde, eine herbe Enttäuschung hinnehmen. Dass die SPÖ, die seit Wochen und Monaten eine wirtschaftsfeindliche Forderung nach der anderen aufstellt, die Nachricht dazu nutzt, um mit dem Finger auf andere zu zeigen, ist doppelzüngig und ganz einfach nur schäbig. Seit Wochen bläst die neue SPÖ-Spitze unter Babler und Hergovich zum Klassenkampf und schlägt auf Unternehmerinnen und Unternehmer ein. Sie fordert Vermögenssteuern, eine 32-Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich, Erbschaftssteuern für den Mittelstand und attackiert erfolgreiche Unternehmer wie die Familie Mateschitz. Dass diese marxistischen Auswüchse Investoren verunsichern, liegt auf der Hand. Daher wäre es hoch an der Zeit, dass die neue SPÖ-Spitze endlich zur Besinnung kommt und zu einer standortfreundlichen Politik zurückkehrt.“

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