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Pflegerin schlägt Alarm: "Man arbeitet sich zu Tode"

Fehlendes Personal, mangelnde Patientenversorgung: Eine Wiener Krankenschwester spricht über die prekäre und gefährliche Lage in heimischen Spitälern.

Amra Duric
"Früher gab es bei den Bewerbungen eine Warteliste, jetzt nimmt man, wen man bekommen kann", berichtet eine Krankenschwester aus Wien.
"Früher gab es bei den Bewerbungen eine Warteliste, jetzt nimmt man, wen man bekommen kann", berichtet eine Krankenschwester aus Wien.
iStock, Symbolbild

Österreichs Gesundheitspolitik kränkelt. Das Symptom ist Personalmangel, was zu einer schlechteren Versorgung führt. "Diese Situation gibt es schon seit Jahren, aber durch die Pandemie hat es sich verschlimmert," sagt Lena N. (Name geändert) im Gespräch mit "Heute". Der Personalmangel hat sich laut ihr schon lange abgezeichnet. "Früher gab es bei den Bewerbungen eine Warteliste, jetzt nimmt man wen man bekommen kann", berichtet Lena.

"Im Oktober sind in unserer Abteilung sechs neue Mitarbeiter gekommen, davon sind nur zwei geblieben."

Besonders die Dienstzeiten sind laut der Pflegekraft ein Problem: "Ich arbeite seit 6 Jahren über der Zeit. Überstunden sind zur Normalität geworden. Man arbeitet sich zu Tode." Durch den akuten Personalmangel müsse man mittlerweile ganze Abteilungen zusperren. "Es gibt Abteilungen, wo drei Leute fehlen. Letztes Monat hat ein Viertel vom Personal gefehlt. Die Folge davon ist, dass manche Abteilungen gesperrt werden müssen. Im Oktober sind in unserer Abteilung sechs neue Mitarbeiter gekommen, davon sind nur zwei geblieben."

Zu lange Wartezeiten, zwei Patienten tot

Alarm schlägt auch der Gesundheits- und Krankenpflegeverband (ÖGKV) in einer Aussendung. Die Notfallversorgung sei nicht mehr gesichert. In einer Notfallambulanz hätten zwei Patienten so lange auf die Versorgung warten müssen, dass sie in der Zwischenzeit, vom Personal unbemerkt, verstorben sind. 

"Wenn man eine Patientengefährdung meldet, wird man ermahnt…"

Dass sich der Personalmangel auf die Gesundheit von Patienten und Patientinnen auswirkt, weiß auch Lena. "Bei uns ist es fast schon normal, dass Patienten drei Stunden lang im ambulanten Bereich warten müssen. Gangbetten sind gang und gäbe. Wenn man eine Patientengefährdung meldet, wird man ermahnt und es heißt dann, mann soll sich gut überlegen, ob man das nochmal macht. Es wird nicht gerne gesehen."

Pflege wird zu Schwerarbeit

Eine Verbesserung der Lage ist für die Krankenschwester nur in Verbindung mit einer Reform des Gesundheitssystem in Sicht. "Natürlich braucht das medizinische Personal eine bessere Bezahlung, aber es braucht vor allem auch eine bessere Struktur bei Dienstplänen und der Zeiteinteilung. Außerdem sollte Pflege zur Schwerarbeit gezählt werden. Ältere Kolleginnen sind kaputt und müssen wegen Kreuzproblemen zur Therapie. Nachtdienste sind für besonders für Frauen ab 40 Jahren eine gesundheitliche Belastung."

Privatmedizin statt Krankenkasse

Dass es nicht nur höhere Gehälter braucht, um dem Personalmangel im Gesundheitsbereich entgegenzuwirken, weiß auch Christoph Hörhan, Geschäftsführer des Austrian Health Forum (AHF), das von 11.5. bis 13.5. in Schladming tagt. Laut einer aktuellen Umfrage vom AHF haben 59 Prozent der Österreich angegeben, dass sich das Gesundheitssystem in ihren Augen verschlechtert hat. "Die Menschen, die sagen, das Gesundheitssystem hätte sich verschlechtert, sagen auch, dass sie sich im System nicht zurechtfinden", sagt Hörhan im Gespräch mit "Heute".

Im internationalen Vergleich hat Österreich laut Hörhan viele Ärzte. "Diese sind aber oft nicht da, wo sie gebraucht werden. Wir haben eine signifikante Abwanderung in die Privatmedizin. Gerade junge Mitarbeiter wollen nicht so arbeiten wie ihre Vorgänger."

Gesundheitssystem teuer, aber nicht effizient

Flexibilität, Planbarkeit und die Vereinbarung von Beruf und Familie sind laut Hörhan, neben höherer Bezahlung, wichtige Faktoren. "Mitarbeiter wollen ein Mitspracherecht. Man muss sich fragen, was man tun kann, um das System effizienter zu gestalten." Diese Frage soll auch beim Austrian Health Forum in Schladming diskutiert werden, wenn 350 Vertreter aus Medizin, Wissenschaft und Politik aufeinandertreffen. "Leute schildern uns, dass die Lage noch nie so schlimm war und sie nicht mehr weiterwissen. Darüber wollen wir mit Systemträgern sprechen."

Laut Hörhan ist es noch nicht zu spät das Ruder herumzureißen. "Österreich hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt, aber bei Weitem nicht eines der effizientesten. Was wir brauchen, ist, den Nutzen von Innovationen rasch zu den Patientinnen und Patienten zu bringen", so der AHF-Gründer.

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