Spieletests

"Persona 3 Portable" im Test – das Pflicht-Rollenspiel

"Persona 3" startet zwar nicht die legendäre Rollenspiel-Serie, definierte sie aber neu. Deswegen darf die Neuauflage in keiner Spielesammlung fehlen.

Rene Findenig
"Persona 3 Portable" definierte die "Persona"-Reihe neu – und ist nun auch für moderne Konsolen verfügbar.
"Persona 3 Portable" definierte die "Persona"-Reihe neu – und ist nun auch für moderne Konsolen verfügbar.
Atlus

Kam man noch nie mit einem "Persona"-Game in Berührung, kann es anfangs etwas kompliziert erscheinen: Die Rollenspiel-Serie ist ein Ableger der japanischen "Megami Tensei"-Spiele, die später außerhalb Japan als "Shin Megami Tensei"-Reihe bekannt wurde. Während die "Megami Tensei"-Spiele im Kern vom Leben Jugendlicher erzählen, die in einen Strudel auf Dämonen, Religion und Gewalt hineingezogen werden, modernisierten die "Persona"-Games dieses Konzept, indem sie einerseits mehr auf die Figuren denn auf die Dämonen fokussierten und auch die Spiele mit Visual Novels verbanden. 

Das Konzept ging vom ersten Spiel weg auf: "Revelations: Persona" im Jahr 1996, "Persona 2: Innocent Sin" im Jahr 1999 und "Persona 2: Eternal Punishment" im Jahr 2000 – jeweils für PlayStation und PlayStation Portable – regnete es gute Bewertungen. Der echte Durchbruch kam aber erst 2006 mit der Veröffentlichung von "Persona 3", ursprünglich als "Shin Megami Tensei: Persona 3" für PlayStation 2 und drei Jahre später für PlayStation Portable. Es folgten noch später einige Remakes und Editionen mit Zusatzinhalten. Das Wichtigste aber: "Persona 3" brachte der Reihe ihren heutigen Kultstatus.

"Persona 3" definierte die Reihe bis heute

"Persona 3" schmiss viele Altlasten, vor allem des ursprünglichen Kampfsystems, über den Haufen und führte Neuerungen wie die manuelle Steuerung jedes Charakters oder die Fähigkeit, Angriffe abzublocken, ein. Durch wenige, aber äußerst durchdachte Kniffe wurde das Kampf-Gameplay deutlich komplexer, taktischer und anspruchsvoller, aber auch spaßiger. Gleichzeitig wurde noch mehr Wert auf das Design einer Visual Novel gelegt. Führen die Spielfiguren Dialoge, werden ihre Porträts am Bildschirmrand eingeblendet, während man sich Buch-ähnlich durch die Gespräche und Erzählungen "blättert".

1/10
Gehe zur Galerie
    Vorwissen aus den anderen Teilen braucht es für "Persona 3 Portable" nicht, auch nicht aus den ursprünglichen Teilen "Persona 3" und "Persona 3 Portable". Schon die ...
    Vorwissen aus den anderen Teilen braucht es für "Persona 3 Portable" nicht, auch nicht aus den ursprünglichen Teilen "Persona 3" und "Persona 3 Portable". Schon die ...
    Atlus

    Alles damalige Neuerungen, die bis heute hochgelobt werden und mittlerweile auch in den Nachfolgern "Persona 4" und "Persona 5" zum Einsatz kommen. Doch zurück zu "Persona 3", denn den epischen Kultteil der Serie darf man nun wiederum durch das Remaster "Persona 3 Portable" auf Nintendo Switch und dem Steam Deck, PlayStation 4, PC sowie Xbox One und Xbox Series X|S erleben. Und der Test zeigt schnell: Auch heute noch und dank liebevoller Überarbeitungen ist das Rollenspiel ein Muss für jeden Rollenspiel-Fan – und gleichzeitig ein perfekter Einstieg für komplette "Persona"-Neulinge.

    Monster, Personas und eine spannende Handlung

    Vorwissen aus den anderen Teilen braucht es für "Persona 3 Portable" nicht, auch nicht aus den ursprünglichen Teilen. Schon die Portable-Version machte neben dem Protagonisten auch eine Protagonistin spielbar und ermöglichte kleinere Story-Wendungen statt der starren Erzählung des Originals, doch auch die neue Remaster-Version bleibt der Grund-Geschichte treu. Und die erleben Spieler so: Die Hauptfigur kommt neu an die Gekkoukan-Oberschule und lernt dort die "Dark Hour" kennen – in der Menschen zu Särgen werden und Monster das Sagen haben.

    Die Schatten genannten Monster machen zudem für die Dauer der "Dark Hour" Jagd auf Menschen, die unerklärlicherweise nicht der Verwandlung in einen Sarg unterliegen. Und natürlich ist eine der Auserwählten unsere Protagonistin, die schnell direkt einem Schatten gegenübersteht und dabei von ihrer "Persona" gerettet wird. Bei den titelgebenden Personas handelt es sich um physische Manifestationen der Seele und Psyche der Spielfiguren, die gegen die dunklen Mächte in den Kampf geschickt werden können. Danach geht es Schlag auf Schlag, die mächtige Kirijo Group wird auf unsere Figur aufmerksam.

    Über weite Strecken harter und emotionaler Erzählstoff

    Wenig später finden wir uns als Mitglied der Special Extracurricular Execution Squad (SEES) mit anderen Persona-begabten Kolleginnen und Kollegen wieder und sollen einerseits die Schatten bekämpfen, andererseits die "Dark Hour" erforschen und zu guter Letzt auch noch die Spitze des gigantischen Tartarus-Turms erforschen, der sich Nacht für Nacht aus dem Boden der Oberschule erhebt und als eine Art riesiger Dungeon des Spiels fungiert. Dabei verändert sich im Spielverlauf die Zusammensetzung der Gruppe, die Spannungen wachsen und hinter den Kulissen gedeihen die Verschwörungen prächtig.

    Die "Persona"-Games wurden und werden aber nicht nur wegen ihrer spannenden Story, sondern auch den komplexen Thematiken gefeiert. Themen wie Erwachsenwerden, der Sinn des Lebens, die Faszination des Todes, Mobbing, Zweifel und Selbstbewusstsein sowie Depressionen werden mal hübsch verpackt, mal schonungslos direkt in den Plot eingestreut. Trotz des manchmal fast kindlich wirkenden Auftretens mancher Figuren, der niedlich anmutenden Gestaltung der Charaktere und der Aufmachung als Schul-Abenteuer bietet "Persona 3 Portable" über weite Strecken harten und emotionalen Erzählstoff.

    Die tollen Charaktere gewinnen Spieler schnell für sich

    Schon die Protagonistin ist eine Wohltat für das Game, auch wenn sie – darauf weist das Spiel auch zu Beginn hin – für den zweiten Spieldurchgang verwendet werden soll, da sie die Story aus einer anderen Perspektive als der männliche Protagonist erzählt. Und auch die übrigen Figuren schaffen es beeindruckend schnell, den Spieler oder die Spielerin emotional an sich zu binden. Jeder Charakter verfügt über eine detaillierte (und besonders tragische) Hintergrundgeschichte und das Spiel ermutigt über sein Beziehungssystem dazu, sich mit den Charakteren anzufreunden und sie besser kennenzulernen.

    Diese sozialen Interaktionen finden tagsüber statt, während ab Mitternacht jeweils das mysteriöse Event "Dark Hour" auftritt. Und damit wechselt das Spiel auch in seinen Kampfteil, bei dem sich die Charaktere makabrer Weise eine Art Schusswaffe an den Kopf setzen und abdrücken, um ihre Persona zu entfesseln. Ist das geschehen, geht es in eine rundenbasierte Schlacht im Tartarus-Turm, in der man Runde für Runde gegen verschieden starke Schatten antritt, um dann immer mal wieder mächtigen Bossen gegenüberzustehen. Das artet teils in einen Marathon aus, denn starkes Aufleveln ist ein Muss.

    Überraschend wenig Abwechslung und ein kurioser Mix

    Gerade anfangs ist die Motivation dazu allerdings nicht so sonderlich groß, denn das Grundprinzip wiederholt sich immer wieder: In sehr ähnlich aussehenden, düsteren Umgebungen pirscht man sich an die Schatten heran und versucht, sie möglichst schnell auszuschalten, indem man sich ihre Schwachstellen einprägt. Das immergleiche Vorgehen und die sich ständig wiederholenden Umgebungen tun dem Spiel dabei keinen Gefallen – vor allem, weil man mehrere Stunden damit beschäftigt sein wird und seine Kampfwerte durch Level-Ups erhöhen muss, um gegen die Bosse eine Chance zu haben.

    Der Tartarus-Turm ist allerdings gleichzeitig der einzige Ort des Spiels, indem man seinen Charakter in einer Art Iso-Perspektive frei bewegen kann. Wechselt das Spiel wiederum in den Tages-Modus, darf man sich nur noch mit einem Cursor durch die starren Charaktere und Szenerien drücken. Das sorgt für einen eigenartigen Gegensatz zum Kampfgeschehen, aber auch für eine entspanntere und ruhigere Herangehensweise, bei der man sich durch die Dialoge klickt, mehr über die Charaktere erfährt, kleinen Nebenbeschäftigungen wie dem Studium oder Kinobesuchen nachgeht und die Story vorantreibt. 

    Spielstunden gehen schnell in dreistellige Dimensionen

    Mit den verschiedenen Tätigkeiten darf man drei Attribute der Spielfigur erhöhen, die dann immer weitere Nebentätigkeiten freischalten – Angst vor zu viel Komplexität muss man aber nicht haben, denn im Vergleich zu den späteren "Persona"-Games bietet "Persona 3 Portable" weniger Attribute und noch weniger Aktivitäten. Dennoch ist der Mix zwischen Kampf und Sozialleben gelungen, auch wenn sich bei einer Spielzeit von über 100 Stunden alle Abwechslung am Ende abnutzt. Kurios ist nämlich auch, dass das Game im Vergleich zu späteren Titel abgespeckt wirkt, die Story aber viel mehr in die Länge zieht.

    Das zeigt sich schon zu Spielbeginn, denn das Game startet zum traditionellen japanischen Schulbeginn Anfang April und läuft dann in Tagen ab. Es dauert aber bis zum Ende des Sommers und damit schon deutlich zweistellige Spielstunden, bis man einerseits seine Gegenspieler kennengelernt hat und die Story so richtig in Fahrt kommt. Ungeduldige könnten da weit vorher die Nerven wegschmeißen. Besonders, wer die Teile 4 oder 5 gespielt hat, wird sich über die langsame Entwicklung und die eingeschränkten Möglichkeiten wundern. Das Remaster bietet da zum Glück neue Funktionen wie Schnellspeichern.

    "Persona 3 Portable" im Test – das Pflicht-Rollenspiel

    Anders als das Original verwendet "Persona 3 Portable" In-Game-Szenen statt animierte Videosequenzen, auf gleich starkem Niveau blieben die wahlweise japanischen oder englischen Sprachausgaben – Menüs und Untertitel gibt es wahlweise auch in deutscher Sprache. Die Grafik selbst wurde auf HD-Format aufgefrischt, das Menü des Games komplett überarbeitet und außerdem dürfen Spieler nun zu jedem Zeitpunkt den Schwierigkeitsgrad an den eigenen Geschmack anpassen. Zudem lassen sich nach einem Spieltod gewisse Game-Faktoren wie Gegnerstärke und Erfahrungspunkte-Gewinn feinjustieren.

    "Persona 3 Portable" im Test – das Pflicht-Rollenspiel, das Zocker aber auch mit seiner Länge ordentlich auf die Probe stellt.
    "Persona 3 Portable" im Test – das Pflicht-Rollenspiel, das Zocker aber auch mit seiner Länge ordentlich auf die Probe stellt.
    Atlus

    Zu guter Letzt hält "Persona 3 Portable" damit bei Laune, dass man mit Zuwachs bei den Charakteren auch über immer mehr Personas verfügt, die man durch gesteigerte Sozial-Kontakte auch fusionieren darf. Eigene, fordernde Quests bescheren uns dabei noch mehr Personas zur Auswahl und fördern die Experimentierfreude. Ein zugängliches, aber eingeschränktes Kampfsystem, eine fesselnde Geschichte, ausdrucksstarke Charaktere, eine gute Balance zwischen Tages-Schulgeschen und Nacht-Kämpfen – in einigen Bereichen eingerostet, ist "Persona 3 Portable" noch immer ein Muss-Rollenspiel für jeden Fan.

    An der Unterhaltung teilnehmen