Das Palais Epstein backstage

Partys, Verhandlungen – hier trifft sich die Ampel

Seit mehreren Wochen wird in Wien um die nächste Regierung verhandelt. Als Ort haben sich ÖVP, SPÖ und NEOS für das Palais Epstein entschieden.

Newsdesk Heute
Partys, Verhandlungen – hier trifft sich die Ampel
Im Palais Epstein wird aktuell die nächste Regierung verhandelt. Das Gebäude hat aber eine lange Geschichte hinter sich.
Hier wird aktuell die Austro-Ampel ausgehandelt.

Die Nationalratswahl liegt mittlerweile über zwei Monate in der Vergangenheit – die FPÖ mit Obmann Herbert Kickl befindet sich trotz Wahlsieges nicht am Verhandlungstisch. Stattdessen loten ÖVP, SPÖ und NEOS aktuell eine Austro-Ampel aus, in Griffweite ist diese aber noch nicht – beim Budget gibt es viel Gesprächsbedarf.

Die Verhandlungen gehen dabei im Palais Epstein, direkt neben dem Parlament über die Bühne. Genauer gesagt in der prunkvollen "Beletage", dem ersten Stock des über 150 Jahre alten Ringstraßenbaus. Hier lebte einst die Familie Epstein. Bankier Karl Ritter von Epstein hatte das Palais beim Architekten Theophil Hansen, der auch beim Parlament verantwortlich zeichnete, in Auftrag gegeben – 1871 war es unter der Federführung des Baumeisters Otto Wagner fertiggestellt worden, wie das Parlament erklärte.

Sie lebten im Palais

Bewohnt wurden die prachtvoll ausgestatteten und reich möblierten Räume im ersten Stock ab 1872 von Gustav Ritter von Epstein und seine Frau Emilie, sowie ihre Kinder Friedrich, Caroline und Margarethe.

Die drei zentralen Räume an der Ringstraßenfront – der Empfangssaal, der Fest- bzw. Tanzsaal und der Speisesaal – waren der Repräsentation gewidmet. Doch wie kommt es, dass dort jetzt die nächste Regierung ausgehandelt wird?

Familie ging bankrott

"Nachdem Gustav Ritter von Epstein nach dem Börsenkrach 1873 Bankrott ging, verkaufte er das Palais 1876. Von 1883 bis 1902 fand die Imperial Continental Gas Association (ICGA) im Palais Epstein ein Zuhause. Die ICGA (mit Stammsitz in London) erhielt 1877 als Quasimonopol einen Vertrag über die Gasversorgung Wiens – und zwar bis das erste Wiener Großgaswerk (Gasometer) 1899 in Betrieb ging. In der Folge verließ die ICGA die Stadt Wien und das Palais Epstein", so das Parlament.

1902 zog für 20 Jahre der Verwaltungsgerichtshof ein, dann folgte der neu gegründete Stadtschulrat. Nach dem "Anschluss" Österreichs an das Dritte Reich wurde das Palais für das deutsche Reichsbauamt beschlagnahmt und diente nach dem Krieg als Sitz der sowjetischen Stadtkommandantur.

Platzprobleme im Parlament

Erst 1955 stellte der Stadtschulrat einen Antrag auf Rückgabe des Palais. Nach umfassenden Renovierungsarbeiten wurde es 1958 wieder Sitz des Wiener Stadtschulrates und wurde von ihm bis ins Jahr 2000 genutzt. 1998 kaufte das Gebäude allerdings die Bundesimmobiliengesellschaft. Beinahe wäre es zuvor um 120 Millionen Schilling in den Besitz einer japanischen Bank gelangt – knappe Geschichte.

Die Geschichte des Palais Epstein

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    Hier wird aktuell die Austro-Ampel ausgehandelt.
    Hier wird aktuell die Austro-Ampel ausgehandelt.
    Christian Kreuziger / picturedesk.com

    Zur selben Zeit kämpfte das Parlament zudem mit Platzproblemen. Andreas Khol, damals Abgeordneter der ÖVP, erzählte in einem Interview im Zuge des seit 2015 laufenden Projekts der Parlamentsdirektion "Oral History", dass man in den 1980er-Jahren als neuer Abgeordneter kein Büro, sondern lediglich ein Postfach geerbt hätte. Freda Meissner-Blau erzählte, wie es war, wenn gar eine neue Fraktion – in ihrem Fall die Grünen – im Parlament einzog. Zu Acht seien sie damals in den "Blauen Salon" gesteckt worden, dort habe es zwei Tische gegeben, "sonst nichts", heißt es auf der Website des Parlaments.

    Als Sigurd Bauer dann erfuhr, dass das Palais verkauft werden soll, habe dieser einen weiteren Versuch bei Fischer gestartet. Zuvor wollte er nämlich auf das Palais Auersberg ausweichen, das war dem damaligen Nationalratspräsidenten Fischer aber zu heikel.

    Seit 2005 nutzt es das Parlament

    Diesmal argumentierte Bauer aber, dass es auch um die Rettung eines historisch belasteten Kulturguts vom Parlamentsarchitekten Theophil Hansen gehe. Die Begeisterung Fischers hielt sich aber in Grenzen und wurde erst durch das Zutun von Andreas Khol (damaliger ÖVP-Klubobmann) überzeugt. Auch SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka war mit im Boot. Das Parlament meldete Eigenbedarf beim Palais Epstein an, es wurde von der Tagesordnung im Ministerrat genommen.

    Am 19. November 1998 wurde in der Präsidialsitzung des Nationalrats einhellig beschlossen, das Palais für Parlamentszwecke zu nutzen. Diese Entscheidung war allerdings nicht unumstritten.

    Am Ende gab es aber einen Fünf-Parteien-Konsens, das Gebäude für das Parlament zu holen und die Bundesimmobiliengesellschaft zu beauftragen. Das Palais konnte damit nach aufwendigen Restaurierung ab 2005 für den parlamentarischen Prozess genutzt werden.

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      Auf den Punkt gebracht

      • Seit mehreren Wochen verhandeln ÖVP, SPÖ und NEOS im Palais Epstein in Wien über die Bildung der nächsten Regierung, während die FPÖ trotz Wahlsieges nicht am Verhandlungstisch sitzt.
      • Das historische Palais, das eine bewegte Geschichte von Bankiersresidenz über Gasversorgungszentrale bis hin zu verschiedenen Verwaltungssitzen durchlaufen hat, dient nun als Schauplatz für die politischen Gespräche.
      red
      Akt.
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