Wirtschaft

Musiker-Aufstand gegen radikale ORF-Pläne

Trotz satter GIS-Erhöhung will der ORF nun Künstlern die Tantiemen kürzen. Die heimische Musikszene fürchtet um ihre Existenzgrundlage.

Roman Palman
Virginia Ernst, Christopher Seiler und Hubert von Goisern stemmen sich gegen die geplante Tantiemen-Kürzung des ORF.
Virginia Ernst, Christopher Seiler und Hubert von Goisern stemmen sich gegen die geplante Tantiemen-Kürzung des ORF.
AKM/APA-Fotoservice/Juhasz

Seit 1. Februar müssen die Österreicher eine deutlich höhere GIS-Gebühr verkraften. Der ORF kann sich damit auf in Summe rund 700 Millionen Euro jährlich an Einnahmen freuen. Doch obwohl die Gebührenkassen klingeln, setzt der neue Generaldirektor Roland Weißmann nun in vielen Bereichen den Rotstift an – und löst nun einen Aufruhr in der heimischen Musikszene aus.

Weißmann will nämlich die Tantiemen für Künstler massiv einkürzen und das sogenannte Sendeentgelts um 30 Prozent reduzieren. Die AKM als Verwertungsgesellschaft der Komponisten, Musiktextautoren und Musikverlagen ist alarmiert: "Musikschaffende fürchten um ihre Existenzgrundlage", warnen Vertreter am Mittwoch. "Für Künstler:innen sind Tantiemen eine wesentliche Einnahmequelle und oft die Basis für ihre Existenzsicherung".

Die wirtschaftliche Situation sei aktuell für alle eine große Herausforderung. Schon in den vergangenen Jahren hätten die Künstler durch die Pandemie bereits einen erheblichen Rückgang bei den Tantiemen wegstecken müssen, nun trifft auch sie die extrem hohe Inflation zusätzlich. "Daher ist eine angemessene, faire Entlohnung für alle Musikschaffenden und eine Anpassung des derzeitigen Tarifs an die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen unumgänglich", so Peter Vieweger, selbst Musiker und AKM-Präsident.

Über die AKM
Die AKM ist die Verwertungsgesellschaft der Autoren, Komponisten und Musikverlegern und vertritt in Österreich die Rechte der öffentlichen Aufführung, Sendung und Zurverfügungstellung von musikalischen Werken ihrer 28.000 Mitglieder sowie von Millionen Rechteinhabenden auf der ganzen Welt.

Die AKM könne diese Forderung des ORF daher nicht akzeptieren und bringt daher einen Satzungsantrag beim Urheberrechtssenat ein. Die Regelung für die Abgeltung der Senderechte ist bereits Ende 2021 ausgelaufen. Einen neuen Vertrag gibt es bisher nicht. Ausschlaggebender Grund: Der ORF besteht auf eine Entgeltkürzung von 30 Prozent.

"Die 30-prozentige Reduktion der Zahlungen an die AKM können wir nicht akzeptieren. Ein Schlichtungsverfahren wurde mit dem ORF diskutiert, da es aber keine Einigung auf die prozessualen Bedingungen gab, wurde davon Abstand genommen", erklärt Peter Vieweger und ergänzt: "Wir werden daher beim Urheberrechtssenat – ein Höchstgericht, das aus qualifizierten Richtern besteht – einen Satzungsantrag einbringen."

Der Urheberrechtssenat setzt die Bedingungen und die Höhe des Entgelts fest. Beide Parteien – AKM und ORF – sind an die Verordnung gebunden.

Musik-Stars gegen ORF

Die Musikschaffenden in Österreich unterstützen die Forderungen der AKM: "Viele von uns sind hauptberuflich Komponist:innen und Textautor:innen, deren Existenzgrundlage fast ausschließlich durch die Tantiemen-Zahlungen der AKM gedeckt wird. Eine derartige Verkürzung der Vergütungen gibt es in keiner anderen Branche und darf es auch bei uns nicht geben“, so Virginia Ernst, Singer-Songwriterin.

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    <strong>Hubert von Goisern</strong>, ...
    Hubert von Goisern, ...
    AKM/APA-Fotoservice/Juhasz

    Hubert von Goisern, Musiker und Komponist, fügt hinzu: "Die AKM kümmert sich ja nicht nur um unsere Tantiemen, sie ist auch ein großer Förderer von Konzertveranstaltungen in ganz Österreich. Ohne die Fördermittel der AKM – beispielsweise für den Österreichischen Musikfonds – würde vielen jungen Künstler:innen eine Starthilfe verwehrt bleiben. Nicht vergessen darf man die Alterssicherung und die soziale Unterstützung bei schwerwiegenden Notfällen auf die wir uns bei der AKM verlassen können."

    Den sozialen Aspekt unterstreicht auch Christopher Seiler, Musiker und Textautor, und weist darauf hin, "dass gerade für junge Musikschaffende die AKM eine wichtige Institution ist, um in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten eine gewisse Sicherheit zu haben. Tantiemen sind für sie oft die einzige Einnahmequelle."

    Neben all den wirtschaftlichen Aspekten geht es aber auch um den Kulturauftrag des ORF. "Durch den Bildungs- und Kulturauftrag ist der öffentlich- rechtliche Status des ORF bedingt. Der Kulturauftrag darf nicht nur eine Worthülse sein. Der ORF muss kulturelle Vielfalt vermitteln und fördern. Aktuell sehen wir diesen Auftrag nicht ausreichend erfüllt", zeigt schließlich auch Thomas Larcher, Komponist, auf.

    Offener Brief an den ORF

    Die AKM und mit ihr eine Vielzahl an Musikschaffenden fordern den ORF in einem offenen Brief eindringlich auf, "seine künstlerfeindliche und existenzbedrohende Haltung aufzugeben und
    1. seinen gesetzlichen Kulturauftrag umfassend zu erfüllen,
    2. heimischen Musikschaffenden in seinen Programmen einen entsprechenden Stellenwert zu verschaffen, und
    3. die Komponist:innen, Textautor:innen und Musikverlage, ohne deren Leistungen die Programme des ORF gar nicht möglich wären, angemessen zu entlohnen."

    Peter Vieweger abschließend: "Wir fordern daher – ganz im Sinne der von der österreichischen Bundesregierung gestarteten 'Fair Pay'-Initiative für Künstler:innen – vom ORF eine Erhöhung unserer Honorare und Tantiemen, denn: Tantiemen sind kein Taschengeld! Zudem wünschen wir uns für die GIS-Zahler:innen, dass der ORF seiner Verantwortung nachkommt und musikalische Qualität anbietet. Wir als AKM stellen dafür das musikalische Weltrepertoire zur Verfügung – unter den genannten Bedingungen."

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