"Heute"-Kommentar
Oldie-Duell: Warum Trump in den USA vor Comeback steht
Sechs Gerichtsverfahren, unzählige Skandale, aber in den Umfragen nun trotzdem wieder vorn. Deshalb wünschen sich viele Amerikaner Trump zurück.
Macht Trump den Benko? Montag, New York, der nächste Auftritt von "The Orange Man", Spitzname von Donald Trump, vor Gericht. Diesmal dreht sich alles um das Immobilienreich des früheren US-Präsidenten. Er soll Bilanz-Zahlen geschönt haben, um an bessere Kredite zu kommen. Es geht um schlanke zwei Milliarden Dollar. Ein Zivilprozess, es droht keine Haft, aber Trumps Imperium steht der Verlust der Geschäftslizenz im Bundesstaat New York ins Haus, ihm selbst der Rauswurf aus dem eigenen Unternehmen. Ein Hauch René Benko liegt in der Luft.
Wohnsitz Anklagebank Sechs Verfahren gibt es mittlerweile gegen Trump, 90 Anklagepunkte haben die Staatsanwälte gesammelt. Aber: In einem Jahr wählen die USA einen neuen Präsidenten und für diesen 5. November 2024 ist nun plötzlich wieder "The Orange" Favorit. Das legen neue Umfragen nahe, die am Wochenende publiziert wurden, eine vom TV-Sender CBS, eine von "New York Times" und "Siena College". Stand jetzt würde Trump 300 Wahlmänner schaffen und locker ins Weiße Haus einziehen, 270 Wahlmänner sind dafür nötig.
Wirtschaft brummt, Bevölkerung stöhnt
Kommt es überhaupt zum Showdown? Ich weiß, Umfragen haben in den USA die Trefferquote von Sonntagsschützen. Die Kandidaten-Vorwahlen beginnen erst am 15. Jänner in Iowa, es steht also noch nicht einmal fest, ob Trump von den Republikanern und Amtsinhaber Joe Biden von den Demokraten ins Feld geschickt werden. Aber erstaunlich ist das schon. Nach all den moralischen Nahtod-Erfahrungen, die das Land mit Trump gemacht hat, könnte ihm nun trotzdem ein Erweckungserlebnis bereitet werden.
Erfolg nutzt nichts Verblüffend auch deshalb, weil die Wirtschaft in den Biden-USA brummt: 4,9 % Wachstum im dritten Quartal (Österreich steht im Rezessions-Morast), Arbeitslosenquote 3,9 Prozent (wir 6,3 %), Inflation 3,7 % (Österreichs Regierung bejubelt 5,4 %), durchschnittliche Lohnerhöhung 4,2 %. Joe Biden nutzt das alles nichts. Im Gegenteil.
Trump holt sich 5 von 6 "Swing States"
Biden verlor fast alle "Swing States" nennen die Amerikaner jene Bundesstaaten, die keine eindeutige politische Zuordnung haben, einmal demokratisch, dann wieder republikanisch wählen. In sechs "Swing States" ließ die "New York Times" nun vom 22. Oktober bis 3. November per Telefon 3.662 Menschen befragen. Ergebnis: In fünf der sechs "Bundesländer" schafft Trump die Mehrheit, und das zum Teil recht deutlich. 2020 hatte sich noch Joe Biden die "Swing States" geholt. Und zwar alle.
So stellt sich das Umfrage-Ergebnis aus der Sicht von Trump dar:
- Arizona Trump 49 %, Biden 44 %, 5 Wahlmänner Vorsprung
- Georgia Trump 49 %, Biden 43 %, 6 Wahlmänner Vorsprung
- Michigan Trump 48 %, Biden 43 %, 5 Wahlmänner Vorsprung
- Nevada Trump 52 %, Biden 41 %, 10 Wahlmänner Vorsprung
- Pennsylvania Trump 48 %, Biden 44 %, 4 Wahlmänner Vorsprung
- Wisconsin Trump 45 %, Biden 47 %, 2 Wahlmänner Vorsprung Biden
Sprit wurde 72 % teurer Die USA stehen vor einem seltsamen Oldie-Duell. Ein bald 81-jähriger Präsident (Geburtstag 20. November) gegen einen 77-jährigen Herausforderer, seinen Vorgänger im Amt. Beide, laut Umfrage der "New York Times", rasend unbeliebt, der eine halt mehr als der andere. Die Wirtschaftsdaten der USA mögen blitzsauber sein, trotzdem sagen zwei Drittel der Befragten, dass sich das Land in die falsche Richtung bewege. Halbwegs niedrige Inflation? Schon, aber seit Bidens Amtsantritt wurden Schinken 21 Prozent, Kaffeebohnen 33 Prozent und die Gallone Sprit 72 Prozent teurer. In der Wahlzelle gewinnt selten die Statistik über den Alltag.
Mehrheit für Mexiko-Mauer 59 Prozent sagen, Trump habe mehr Ahnung von Wirtschaft. Für Biden blöd: Für doppelt so viele Menschen ist das bei einer Wahl entscheidender als es soziale Themen wie Abtreibung oder Waffenverbot sind. Bidenomics bewirbt die eigenen Erfolge, aber nur zwei Prozent sehen das auch so. Bei Hispanics stürzt Biden ab, holt die Wählerschaft nur mehr einstellig ab. 22 Prozent der Schwarzen wollen Trump wählen, der beste Wert für einen Republikaner in der Neuzeit. Bei den unter-30-jährigen ist Biden nur mehr ein Prozent vorn, beim Thema Migration gewinnt er keinen Blumentopf. Die Trump-Mauer zu Mexiko wollen 53 Prozent der Amerikaner aufgezogen sehen.
Oldies but Oldies? Für Biden aber am schlimmsten, weil er dagegen überhaupt nichts tun kann: 71 Prozent sagen, er sei zu alt fürs Amt, sogar 54 Prozent seiner Anhänger glauben das. Bei Trump sind es nur 39 Prozent. Gewinnt "The Orange", ist er bei der Vereidigung 78 Jahre alt. Die USA verjüngen sich beim politischen Personal eben in sehr kleinen Schritten.