Mindestsicherung
ÖVP "erbärmlich" – Grüne feuern gegen Sozialhilfe-Pläne
Koalitionsfriede gibt es nicht mehr. Im Endspurt des Wahlkampfes schenken sich ÖVP und Grüne nichts mehr. Das brennende Streitthema: die Sozialhilfe.
Bundeskanzler Karl Nehammer stellt am Donnerstag das Modell der Volkspartei für die Sozialhilfe-Neu vor. Es beinhaltet fünf Punkte: Fünf Jahre Wartezeit, degressive Leistungsbezüge für Minderjährige, einheitliche Unterstützungsleistungen für subsidiär Schutzberechtigte, Transparenz und konsequente Sanktionierung sowie Sach- vor Geldleistungen.
Scharfe Kritik kommt vom grünen Koalitionspartner: Menschen rasch aus der Sozialhilfe in reguläre Jobs holen und sie tatsächlich gegen Armut absichern – das erklärt die Ökopartei derweil zu ihrem Ziel für eine Reform der Sozialhilfe.
Keine neuen Schikanen
"Es braucht endlich wieder ein stabiles soziales Netz gegen Armut: Wir müssen Maßnahmen setzen, um die Menschen noch schneller aus der Sozialhilfe zu holen, statt ständig über neue Schikanen gegen Menschen in Armut nachzudenken", sagt Markus Koza, Sozialsprecher der Grünen, am Donnerstag.
Dazu gehörten ausreichend Betreuungs- und Unterstützungsangebote für Armutsbetroffene und eine bessere Zusammenarbeit von Ländern, AMS, Sozialversicherungen und Bildungsdirektionen. Gleichzeitig verweist Koza auf einen Rückgang der Zahl der Sozialhilfebezieher um 21 Prozent über die letzten Jahre.
"ÖVP schießt wieder Nebelgranaten"
"Die ÖVP schießt wieder einmal Nebelgranaten, statt echte Probleme zu lösen. Menschen in der Sozialhilfe erhalten im Durchschnitt rund 740 Euro pro Monat, die durchschnittliche Bezugsdauer liegt bei neun Monaten. Es ist regelrecht erbärmlich, dass die ÖVP daraus eine Neiddebatte konstruiert, statt die von ihr selbst verursachten und verantworteten Probleme in der Sozialhilfe endlich ernsthaft anzugehen", kritisiert der Grüne.
"Die Probleme in der Sozialhilfe liegen in der Abschaffung der Mindestsicherung unter türkis-blau, der schlechten Zusammenarbeit der beteiligten Einrichtungen, also der (mehrheitlich ÖVP-regierten) Länder, den Sozialversicherungsträgern, dem AMS und der Bildungsdirektionen." Das Begleitungs- und Unterstützungsangebot für Bezieher sei unzureichend, die Höhe der Sozialhilfe sichere viele Betroffene nicht ausreichend gegen Armut ab.
"Armut, nicht Menschen bekämpfen"
Das türkis-blaue Konzept der niedrigen Sozialhilfe-Obergrenzen statt echter Hilfe sei "vollständig gescheitert". Von der Sozialhilfe Neu sei ein "Fleckerlteppich "übriggeblieben, der mit seinem restriktiven Deckel nur wenig finanzielle Flexibilität erlaube und nur mangelhaft gegen Armut und Armutsgefährdung helfe, rechnet Koza mit der Abschaffung der Mindestsicherung unter der letzten ÖVP-FPÖ-Regierung ab.
"Statt Nebelgranaten, Neiddebatten und ständig neuer Schikanen gegen Armutsbetroffene braucht es endlich ein stabiles, letztes soziales Netz gegen Armut: Eine Mindestsicherung Neu mit Mindestsätzen statt Höchstgrenzen, bundesweit einheitliche Regelungen, ausreichend Betreuungs- und Unterstützungsangebote für Armutsbetroffene und eine eigenständige Kindergrundsicherung. Wir müssen Armut und nicht armutsbetroffene Menschen bekämpfen", hält der Sozialsprecher der Grünen fest.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Die Grünen fordern eine Reform der Sozialhilfe, um Menschen schneller in reguläre Jobs zu bringen und gegen Armut abzusichern
- Sie kritisieren die ÖVP für eine Neiddebatte und mangelnde Unterstützung für Armutsbetroffene, die durch die Abschaffung der Mindestsicherung unter der türkis-blauen Regierung entstanden sei
- Die Grünen plädieren für eine Mindestsicherung Neu mit Mindestsätzen statt Höchstgrenzen und bundesweit einheitlichen Regelungen, sowie ausreichende Betreuungs- und Unterstützungsangebote für Armutsbetroffene