Statistik zeigt
Österreicher streikten 70-mal so viel wie im Jahr 2021
In Österreich wird mehr gestreikt wie eh und je. Steigende Preise sorgen für stockende Lohnverhandlungen.
Mit dem Einfall des russischen Militärs in der Ukraine kletterten die Preise in die Höhe. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verlangen angesichts der Inflation mehr Entlohnung. Offenbar reichte vielen nicht, inwieweit der Betrieb den Forderungen nachkommt.
788.836 Stunden wurde die Arbeit in Österreich vergangenes Jahr niedergelegt – das zeigt die Streikstatistik des Österreichischen Gewerkschaftsbundes (ÖGB). Das entspricht rund das 70-fache von 2021. Auch die Teilnehmeranzahl spricht für sich: 110.401 nahmen teil. Laut den Aufzeichnungen des ÖGB hat es bis auf 2003 seit 1966 nicht so viele Streikende gegeben.
Streik als Druckmittel
Auch heuer zeigen sich ähnliche Entwicklungen. Angefangen bei den Austrian Airlines, den Essenslieferanten, Speditionen, Privatkindergärten bis hin zur chemischen Industriebranche gab es dieses Jahr wieder Streiks. Drohende Zustände zeichnen sich unter anderem bei den Mitarbeitern der privaten Krankenanstalten und Reha-Zentren und auch bei der Elektro- und Elektronikindustrie ab.
Streiks zeigen sich laut Jakob Sturn, Ökonom beim gewerkschaftsnahen Momentum-Institut, als effektives Mittel. "Bei den Verhandlungen in der Metallindustrie im Herbst 2023 hat die Arbeitgeberseite zuerst nur ein Lohnplus von 2,5 Prozent geboten", wie er gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" sagt. Ohne Streiks wäre es "ganz sicher" nicht zu einem gestaffelten Plus von zehn Prozent gekommen.
"Wenn es gelingt, möglichst viele Teilnehmer zu mobilisieren, ist der Streik umso effektiver", so Sturn. Je mehr Personen ihrer Arbeit nicht nachgehen, desto höher der Schaden und somit der Druck für das Unternehmen.
Mega-Streikjahr unter Schwarz-Blau
Auch wenn die Inflation zurückgeht, könnten die Nationalratswahlen im Herbst entscheidend für den Streikwillen der Österreicher und Österreicherinnen sein. Großen Einfluss hat nicht zuletzt die Politik.
Das zeigt etwa das Jahr 2003. Laut ÖGB-Statistik kam es zu rund 10,4 Millionen Streikstunden. Die Pensions- und ÖBB-Reform der schwarz-blauen Regierung erzeugte damals enormen Widerstand. Hunderttausende Beamte und Eisenbahner streikten.