Gletschersterben

Österreich in 40 bis 45 Jahren ohne Gletscher

92 von 93 Gletscher in Österreich zogen sich zurück, die Pasterze sogar um 203,5 m. Der Alpenverein sieht den dramatischen Rückgang als "Warnsignal".

Heute For Future
Österreich in 40 bis 45 Jahren ohne Gletscher
Der Österreichische Alpenverein misst den größten Längenschwund bei der Pasterze seit Messbeginn.
Johann Groder / EXPA / picturedesk.com

Die Wärmerekorde der letzten Jahre spiegeln sich auch in den heimischen Gletschern wider: Von 93 beobachteten Gletschern haben von 2022 auf 2023 bis auf einen alle an Länge verloren, besonders dramatisch ist die Situation bei der Pasterze am Fuße des Großglockners.

Hier wurde ein Schwund von 203,5 Metern gemessen, wie aus dem aktuellen Gletscherbericht des Österreichischen Alpenvereins (ÖAV) hervorgeht. Die 203 Meter bedeuten einen Verlust von 14,03 Millionen Kubikmeter Eis, das wäre ein Würfel mit einer Kantenlänge von 241 Metern – fast die Höhe des Donauturms in Wien (252 Meter).

Die Tage des "ewigen Eises" in Österreich sind gezählt, "bereits in 40 bis 45 Jahren wird Österreich weitgehend eisfrei sein", sagte Andreas Kellerer-Pirklbauer vom Institut für Geografie und Raumforschung an der Universität Graz am Freitag bei einem Mediengespräch. Gemeinsam mit Gerhard Karl Lieb leitet er den ÖAV-Gletschermessdienst.

Noch in diesem Jahr wird die Gletscherzunge der Pasterze abreißen.
Andreas Kellerer-Pirklbauer
Leiter des Gletschermessdienstes des ÖAV

Seit 1850 hat die Pasterze bereits eine Länge von rund drei Kilometern verloren. Und noch in diesem Jahrzehnt werde die Zunge abreißen, sagte Kellerer-Pirklbauer voraus.

Gletscherrückgang am Gepatschferner (Ötztaler Alpen)

Gletscher in Tirol besonders betroffen

Im Durchschnitt haben sich die 93 Gletscher im vergangenen Beobachtungsjahr um 23,9 Meter zurückgezogen, das ist der dritthöchste Wert in der 133-jährigen Geschichte der Messungen des Alpenvereins. Noch stärker war der Rückzug 2021/22 mit 28,7 Metern und 2016/17 mit 25,2 Metern, das heißt, alle drei Höchstwerte wurden in nur sieben Jahren registriert.

Auch wenn der durchschnittliche Schwund vor einem Jahr höher war als im aktuellen Bericht, gab es damals keinen einzigen Gletscher, der 100 Meter oder mehr schrumpfte, 2022/23 waren es hingegen zwei: neben der Pasterze in Kärnten mit ihrem Rekordrückzug von über 200 Metern auch der Rettenbachferner in den Ötztaler Alpen in Tirol mit 127 Metern. Unter den traurigen Top Ten befinden sich gleich neun Gletscher auf Tiroler Gebiet, und vier davon in den Ötztaler Alpen. Die ÖAV-Messungen fanden von 14. August bis 12. Oktober 2023 statt.

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    Die Gletscherschmelze (hier an der Pasterze am Großglockner) macht die Klimakrise sichtbar. Das heurige Jahr (2022) war ein besonders ungünstiges für die heimischen Gletscher.
    Die Gletscherschmelze (hier an der Pasterze am Großglockner) macht die Klimakrise sichtbar. Das heurige Jahr (2022) war ein besonders ungünstiges für die heimischen Gletscher.
    Valentin Mazal

    Ende der Gletscher nicht mehr zu verhindern

    Das Ende der Gletscher in Österreich sei laut Experten nicht mehr zu verhindern. "Das System ist zu träge. Es müsste schon seit Jahren wieder erste positive Massebilanzen geben. Hier geht nichts mehr", sagte Gerhard Karl Lieb, der gemeinsam mit Kellerer-Pirklbauer den ÖAV-Gletschermessdienst leitet.

    Tatsächlich gab es seit Mitte der 1980er-Jahre keine Gletschervorstöße mehr. Auch restriktive Klimaschutzmaßnahmen kämen bereits zu spät. Auf globaler Ebene hingegen sei noch etwas zu erreichen.

    Andreas Kellerer-Pirklbauer im "Heute"-Gespräch

    red
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