Große Koalition wackelt

Nur wenige Stimmen fehlen: Mandate noch nicht sicher

Am Donnerstag sollen nun alle fehlenden Wahlkarten ausgezählt werden. Dadurch könnte es auch noch zu letzten Verschiebungen bei den Mandaten kommen.

Lukas Leitner
Nur wenige Stimmen fehlen: Mandate noch nicht sicher
FPÖ-Chef Herbert Kickl wird das Sondierungsteam der Freiheitlichen anführen.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Am Sonntag sprachen die Wähler ein Machtwort und erzeugten in der innenpolitischen Landschaft ein blaues Beben. Die FPÖ erreichte ein historisches Ergebnis, ging bei der Nationalratswahl als erster durchs Ziel und fuhr fast 30 Prozent der Wählerstimmen ein.

Damit konnten die Blauen im Nationalrat gleich 57 Sitze ergattern (Zugewinn: +26). Die ÖVP folgt auf Platz zwei mit 51 Mandaten (Verlust: -20) und die SPÖ liegt auf Platz drei mit 41 Sitzen. Bei der Mandatsverteilung könnte es am Donnerstag aber nun erneut zu einer Verschiebung kommen, wie es auch schon am Montag der Fall war. Bekanntlich wanderte ein Mandat von der ÖVP zur FPÖ.

Große Koalition wackelt

Nun könnte sich die Volkspartei aber wieder ein Mandat schnappen – jedenfalls besteht laut dem Foresight-Institut die rechnerische Möglichkeit dazu. Denn jetzt werden die letzten fehlenden Wahlkarten ausgezählt.

Gelingt der Mandatszuwachs für die ÖVP, stünde eine mögliche Zweier-Koalition bestehend aus ÖVP und SPÖ auf marginal sichereren Beinen. Aktuell verfügen die einstigen Großparteien über die kleinstmögliche Mehrheit im Nationalrat.

Ab Freitag Gespräche mit VDB

Wie die nächste Regierung aber aussehen wird, hängt auch davon ab, wer von Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen den Auftrag zur Bildung bekommen wird. Nach dem Rücktritt der alten Regierung am Mittwoch – "Heute" berichtete – ist jetzt der Bundespräsident am Zug.

Doch bevor er sich entscheidet, an welche Partei der Auftrag gehen soll, möchte Van der Bellen erst mit allen Parteichefs ein persönliches Gespräch führen. Diese werden ab Freitag stattfinden.

FPÖ Funkstille bis Freitag

Vom Wahlsieger soll es bis dahin keine Pressestatements mehr geben, "aus Respekt gegenüber dem Bundespräsidenten", wie Kickl am Mittwoch erklärte. Die Freiheitlichen waren nach ihrem Wahlsieg generell zurückhaltend. An den blauen Montag wurde auch ein blauer Dienstag angehängt – die Parteispitze traf sich erst am Mittwoch, um über die Zukunft zu beraten und ein Team für die Sondierungsgespräche auszuwählen.

Angeführt werden soll dieses von FPÖ-Chef Herbert Kickl. Gemeinsam mit den beiden Generalsekretären Christian Hafenecker und Michael Schnedlitz, sowie FPÖ-Außenpolitiksprecherin Susanne Fürst, FPÖ-Klubdirektor Norbert Nemeth, FPÖ-Wirtschaftsexperte Arnold Schiefer und FPÖ-NÖ-Klubobmann Reinhard Teufel, wird der freiheitliche Frontman in die Sondierungsgespräche gehen.

"Die Wähler haben sich nicht geirrt

Die FPÖ tagte am Mittwoch als letzte Partei, um sich für die nächsten Tage und Wochen vorzubereiten. Der blaue Montag und Dienstag waren aber keine Auszeit, sondern viel mehr eine "strategische Pause", wie Herbert Kickl am Mittwoch in einem kurzen Statement erklärte. Er habe in den letzten beiden Tagen die anderen Parteien genaustens beobachtet.

"Ich habe das genau beobachtet in den letzten beiden Tage und ich habe ein bisschen den Eindruck gewonnen, dass vor allem zwei angeblich staatstragende Parteien, den Eindruck vermitteln, als hätte sich der Wähler am Sonntag geirrt. Und deswegen darf ich von dieser Stelle ausrichten: Die Wähler haben sich nicht geirrt", betonte er.

Einen Kandidaten für das Amt des ersten Nationalratspräsidenten wollte der freiheitliche Chef am Mittwoch aber nicht nennen. Vermutet wird aber, dass es sich dabei um den derzeit dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer oder den Volksanwalt Walter Rosenkranz handeln dürfte. Die FPÖ wolle mit der Nominierung noch abwarten, bis kurz vor der ersten Sitzung.

Van der Bellen am Zug

Die nächsten Tage dürften deshalb spannend werden. Auf die Parteien kommt nicht nur eine mögliche Mandatsverschiebung zu, die die Karten rund um die Koalitionsverhandlungen neu mischt. Sondern auch die Entscheidung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, wer jetzt in die Gunst des Regierungsbildungsauftrages fällt.

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    Andreas Tischler / Vienna Press

    Auf den Punkt gebracht

    • Die Nationalratswahl hat die politische Landschaft in Österreich stark verändert, wobei die FPÖ ein historisches Ergebnis erzielte und die ÖVP auf den zweiten Platz verwies
    • Die Regierungsbildung hängt nun von der endgültigen Mandatsverteilung und der Entscheidung von Bundespräsident Alexander Van der Bellen ab, der ab Freitag Gespräche mit den Parteichefs führen wird
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