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"Nur echte Frauen" – Gynäkologe weist Transfrau ab

Eine Transfrau wurde von einem Arzt nicht behandelt, weil dieser nur "echte" Frauen behandle. Die Wut aus der LGBTQ-Community ist groß.

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In Frankreich schlägt ein Gesundheitsfall hohe Wellen.
In Frankreich schlägt ein Gesundheitsfall hohe Wellen.
Screenshot/Google Maps

Ein Arztbesuch schlägt in Frankreich seit Tagen hohe Wellen, nachdem einer Transfrau die Untersuchung verweigert wurde. Die Transfrau buchte online einen Termin bei Dr. Victor Acharian und teilte bei ihrem Eintreffen in der Praxis einer Arzthelferin mit, dass sie sich im Prozess der Geschlechtsanpassung befinde.

Wie die Praxisangestellte gegenüber der französischen Zeitung "Le Figaro" sagt, habe sie Dr. Acharian über diesen Umstand informiert. Der Arzt habe sie daraufhin wissen lassen, dass er sich nicht um solche Angelegenheiten kümmere, und verwies an Spezialisten. Als die Arzthelferin die Transfrau und ihren Partner darüber informierte, sei sie von den beiden als "transfeindlich" beschimpft worden.

Damit hatte sich das Paar aber noch nicht abgeregt: Auf Google beschuldigten sie den Arzt in einer Rezension der Transphobie: "Es war der erste Termin für meine Transpartnerin. Der Arzt weigerte sich, sie zu behandeln, und die Sekretärin wies uns kalt ab", so die Rezension ihres Partners.

"Kümmere mich um echte Frauen"

Das ließ Dr. Acharian nicht auf sich sitzen: "Sehr geehrter Herr, ich bin ein Gynäkologe und kümmere mich um echte Frauen. Ich bin nicht befugt, Männer zu behandeln, auch wenn sie ihre Bärte rasiert haben und meiner Sekretärin erzählen, dass sie Frauen geworden sind. Ihnen stehen spezialisierte Dienste zur Verfügung, um Männer wie sie zu behandeln. Ich danke Ihnen, dass Sie Transpersonen darüber informiert haben, niemals in meine Praxis zu kommen", antwortet der Arzt auf die Rezension.

Französische LGBTQ-Organisationen sind entrüstet. "Wir prangern die transphoben und diskriminierenden Äußerungen des Gynäkologen Victor Acharian in Pau an", heißt es seitens "SOS Homophobie" auf X (ehemals Twitter). Die Gruppe wolle nun auch rechtliche Schritte gegen den Gynäkologen einleiten. Die Gruppe Espace Santé Trans, die sich laut eigener Angabe für die Gesundheit von Transgenderpersonen einsetzt, schreibt in einer Stellungnahme: "Gynäkologen sollten trans Frauen auch dann behandeln, wenn sie keine genitalverändernde Operation oder Hormonbehandlung hinter sich haben" – also, wenn nötig, auch Personen mit primären männlichen Geschlechtsteilen, und auch wenn die zuständigen Gynäkologen auf dem Gebiet keine Expertise haben.

"Fischhändler verkauft nun mal keine Backwaren"

Anders sehen das die feministischen Aktivistinnen Marguerite Stern und Dora Moutot, die für solche Fälle spezielle Kliniken fordern. "Würden wir einen Kardiologen kritisieren, der sich weigert, einen Pilz zu untersuchen, oder einen Fischhändler, weil er sich weigert, Backwaren zu verkaufen?", fragen die Aktivistinnen in ihrem Kommentar.

Rückendeckung erhält Acharian auch von vielen Berufskollegen – mittlerweile hat sich der Arzt im französischen Rundfunk erneut geäußert. Er entschuldigte sich für seinen Tonfall, den er als unangemessen bezeichnete: "Ich habe aus Wut übertrieben reagiert, weil ich mich ungerechtfertigt angegriffen fühlte. Falls ich die Transgendergemeinschaft damit beleidigt oder verletzt habe, entschuldige ich mich dafür", so Acharian.

"Bin völlig inkompetent auf diesem Gebiet"

Bei seinem Standpunkt bleibt er aber. "Hätte ich diese Person empfangen, ihr 80 Euro für die Beratung berechnen und dann sagen sollen: 'Ich bin völlig inkompetent auf diesem Gebiet und kann Ihnen nicht helfen'? Ist es das, was sie wollte?", rätselt der Arzt gegenüber "Le Figaro". Während Gynäkologen und Gynäkologinnen Experten für die weiblichen Geschlechtsteile sind, ziehen Männer jeweils den Rat eines sogenannten "Andrologen" bei, wenn es um ihre Geschlechtsmerkmale geht.

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