Klimaschutz

Darum droht uns ein absolut beispielloses Extremwetter

Der Nordatlantik verzeichnet derzeit Temperaturen in Rekordhöhe. Das könnte hierzulande zu einem Sommer mit noch mehr Hitze und Starkregen führen.

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Der Strand von Castelejo bei Vila do Bispo an der Algarve in Portugal – im nördlichen Teil des atlantischen Ozeans ist das Wasser derzeit alarmierend warm.
Der Strand von Castelejo bei Vila do Bispo an der Algarve in Portugal – im nördlichen Teil des atlantischen Ozeans ist das Wasser derzeit alarmierend warm.
IMAGO/Zoonar

Seit Beginn der Satellitenmessungen vor 40 Jahren war der Nordatlantik zu dieser Jahreszeit noch nie so warm wie aktuell. Das könnte nach Forscherangaben womöglich einen heißen Sommer und heftige Starkregen für Mitteleuropa zur Folge haben. Die Meeresregion ist Mitte Juni sogar um rund ein Grad wärmer als im Schnitt des Vergleichszeitraums 1982 bis 2011, wie aus Daten der US-Klimabehörde NOAA hervorgeht.

Die Temperatur der analysierten Meeresoberfläche vom Äquator bis zur Höhe der Südspitze Grönlands liegt aktuell um etwa 0,5 Grad über dem bisherigen Rekord für diese Zeit. Der Nordatlantik und auch der Großteil der Ozeane weltweit verzeichnen den Messungen zufolge bereits seit März Rekordtemperaturen.

Treibhausgase heizen Ozeane auf

Der Hauptgrund: "Die Weltmeere haben 90 Prozent der Wärme aufgenommen, die durch die menschengemachten Treibhausgase entsteht", sagt Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Dadurch seien sie in bis zu 2.000 Meter Tiefe, in einigen Gebieten sogar noch tiefer, deutlich wärmer geworden – mit Folgen nicht nur für die Ökosysteme. Zusätzlich hätten sie ein Viertel des menschgemachten Kohlendioxids aufgenommen.

Der Nordatlantik hat derzeit besonders hohe Temperaturen von im Schnitt knapp 23 Grad Celsius. Seit April hat sich vor allem der subtropische Bereich des Nordatlantiks stark erwärmt. Ein anhaltendes Tiefdruckgebiet habe dazu geführt, dass mehr warme Luft von Südwesten und weniger kalte Luft von Nordosten in den subtropischen Nordatlantik strömte, sagt Helge Gössling, Klimaphysiker vom Alfred-Wegener-Institut in Bremerhaven. Zudem hätten sich die Windströmungen in der Region abgeschwächt, was die Oberflächentemperatur ebenfalls erhöhe.

Luftströmungen spielen verrückt

Zugleich gibt es im Moment laut Latif auch im Norden des Nordatlantiks eine Anomalie der Luftströmungen, die zur Erwärmung beitrage. "Das kann eine zufällige Schwankung der Atmosphärenströmung sein, die generell sehr variabel ist", sagt Latif. "Normalerweise haben wir eher Westwinde, nun kamen sie aber aus dem Süden und Osten und versorgen den Norden des Nordatlantiks mit warmer Luft", ergänzt Gössling. Die Gründe seien unklar. "Generell unterliegen die Luftströmungen über den Weltmeeren großen Zufallsschwankungen, die sich aber auf die Erderwärmung draufsetzen und dann zu besonders hohen Temperaturen führen können", so Gössling. "Der Klimawandel erhöht somit die Wahrscheinlichkeit für Extremwetter."

"Mit bis zu fünf Grad über normal hat sich die Wassertemperatur vor den West- und Südküsten Frankreichs gerade besonders stark erwärmt", führt Gössling weiter aus. Die insgesamt warmen Wassertemperaturen im Nordatlantik könnten in Mitteleuropa zu einem heißeren Sommer bis in den August hinein führen. Warme Luft nehme zudem mehr Wasser auf, das West- und Südwinde nach Europa tragen könnten. Das fördere wiederum Starkregenfälle.

Ist der fehlende Saharastaub schuld?

Einige Forscher bemühen das aufkommende Klimaphänomen El Niño für die Erwärmung im Nordatlantik. "Ich glaube nicht, dass es damit etwas zu tun hat, denn es fängt ja jetzt erst an", so Latif. Einen gewissen Beitrag zur Erwärmung des Nordatlantiks könnte laut Gössling das Ausbleiben des Saharastaubs über dem Atlantik leisten, dies sei aber noch nicht klar belegt. Die feinen Körnchen reflektieren das Sonnenlicht und haben somit üblicherweise einen kühlenden Effekt. Auch die These, dass die Erwärmung auf eine vorgeschriebene Verminderung der Schwefelemissionen von Schiffen zurückzuführen sei, hält er für spekulativ.

Für die Zahl und Stärke der Hurrikans gibt es laut Latif unterschiedliche Einflüsse: "Es wird erwartet, dass die Hurrikans wegen des warmen Wassers auf der Oberfläche des subtropischen Nordatlantiks häufiger werden." Andererseits verändere El Niño das Windprofil in der Höhe, was ihre Zahl verringere. "In der Summe gibt es vielleicht eine ganz normale Hurrikansaison", meint Latif. Kurzfristige Wetterprognosen möchte er nicht machen. "Das Wetter ist so chaotisch, da möchte ich keine konkrete Vorhersage machen. Wenn es wärmer wird, werden Wetterextreme aber häufig intensiver."

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    APA-Grafik / picturedesk.com