Welt
Nord-Stream: 500.000 Tonnen Methan in der Atmosphäre
Aus insgesamt vier Lecks strömt Gas aus den Nord-Stream-Pipelines in die Ostsee. Klimaschützer warnen vor gravierenden Folgen.
An der Wasseroberfläche in der Ostsee, nahe der dänischen Insel Bornholm, sind weiße, kreisförmige Flächen zu sehen. Es sieht aus, als ob dort das Meerwasser kocht. Der Grund für den Sprudel an der Meeresoberfläche ist jedoch ein anderer: das austretende Gas aus den Pipelines Nord Stream 1 und 2.
Was von oben wie ein überdimensionales Sprudelbad aussieht, sorgt gerade beim Klima für gravierende Folgen. Ausschlaggebend dafür ist, laut Finn Viehberg vom WWF Ostseebüro Deutschland, das austretende Methan – dessen Anteil zwischen 80 und 90 Prozent des entweichenden Gases ausmacht. "Als Klimagas ist Methan rund 25 Mal klimaschädlicher als CO2."
24 Prozent des jährlichen Methanausstoßes
Neueste Hochrechnungen des WWF zeigen: Die vier Lecks an den Pipelines entsprechen knapp einem Viertel des jährlichen Methanausstoßes von Deutschland und tragen so zur globalen Klimakrise bei.
Ebenfalls vom erheblichen Schaden für die Umwelt durch Methan überzeugt ist Atmosphäre Wissenschaftler und GLP-Nationalrat Martin Bäumle. Er relativiert aber, denn Methan sei in der Atmosphäre kurzlebiger als CO2 und somit schneller wieder abgebaut. "Es ist zweifelsohne eine Belastung der Atmosphäre, aber im Vergleich zum weltweiten Methanausstoß zum Glück trotzdem eher ein Tropfen auf den heißen Stein."
Explosionen könnten Schweinswale geschädigt haben
Nebst den Auswirkungen auf das Klima ist auch die Flora und Fauna in der Ostsee von den Gaslecks betroffen. Laut den Umweltschutzorganisationen WWF Deutschland und Greenpeace Schweiz könnten beispielsweise Tiere darunter gelitten haben: "Die Explosionen hatten das Potenzial, Schweinswale zu schädigen", sagt Dr. Finn Viehberg vom WWF Ostseebüro Deutschland.
Bislang seien aber noch keine toten Tiere gesichtet worden. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen sei, dass durch das austretende Gas Mikroorganismen geschädigt werden, welche einen Einfluss auf das gesamte Ökosystem haben. Die Auswirkungen darauf könne man jedoch noch nicht voraussehen.
Konsequenzen auf Tierwelt noch nicht auszumachen
"In Bezug auf die Tierwelt spielt das austretende Methan aus den Gaslecks in diesen Tiefen eine eher untergeordnete Rolle", so Viehberg. Die Ostsee sei in zwei Schichten aufgeteilt: Im tieferen Teil, in dem sich die Lecks der Pipeline befinden, sei das Wasser eher sauerstoffarm. Durch den Druck der Gasleitung gelangen große Mengen des Methans durch die obere Schicht direkt in die Atmosphäre. "Dies bleibt im Oberflächenwasser zurück, wo sich viele Fische aufhalten. Welche Auswirkungen es auf die Tierwelt an der Oberfläche hat, können wir im Moment nicht abschätzen", sagt Viehberg.
Das Gas, welches aus den vier Lecks austritt, besteht hauptsächlich aus Methan. Die restlichen zehn bis 20 Prozent jedoch bestehen laut Viehberg aus anderen Gasen und Erdgaskondensaten. "Die anderen Gase können sich auch negativ auf die Tierwelt auswirken, in welchem Ausmaß wissen wir zurzeit nicht."