Offen schwuler Fußballer
"Niederträchtig!" ÖFB-Mann kritisiert Rapidler hart
Rapid-Stars und -Fans sorgen für einen Homophobie-Eklat. Oliver Egger, Österreichs einziger offen schwuler Fußballer, ordnet für "Heute" ein.
Der Homophobie-Eklat rund um das Wiener Derby erschüttert den österreichischen Fußball. Rapid-Stars und Co-Trainer Stefan Kulovits stimmten in homophobe Fan-Gesänge der Ultras ein. Klub, Spieler und Kulovits haben sich entschuldigt. Rapid-Hauptsponsor Wien Energie distanziert sich. Marco Grüll war auf den Skandal-Videos zu sehen, musste beim künftigen Klub Werder Bremen zum Rapport.
"Heute" fragte bei Oliver Egger nach. Österreichs einzig offen schwuler Fußballer fungiert für den ÖFB als Ombudsmann für Menschen, die aufgrund ihrer Sexualität Diskriminierung erfahren haben. Nach dem jüngsten Rapid-Eklat spricht der Gratkorn-Kicker im "Heute"-Talk Klartext.
"Heute": Ihre Einordnung der jüngsten Ereignisse in Hütteldorf?
Oliver Egger: "Extremst beschämend, niederträchtig. Da sind Nationalteamspieler dabei, ein Co-Trainer. Ich bin auf dem Spielfeld auch ein emotionaler Spieler. Aber ich würde nie eine Gruppe dermaßen beleidigen. Das ist eine bodenlose Frechheit. Die Frage, die mir in jedem Interview gestellt wird: Warum outet sich kein anderer Spieler? Rapid gab die Antwort."
„Warum outet sich kein anderer Spieler? Rapid gab die Antwort.“
Welchen Schaden richten diese Gesänge aus?
"Homophobe Sprache ist extremst schädigend. Vor allem in Bezug auf Jugendliche, die noch nicht so gefestigte Charaktere sind und mit ihrer sexuellen Orientierung hadern. Das wirft dich dann um Jahre zurück. Die flapsigen Ausreden, dass das ja nicht ernst gemeint sei, sind Totschlagargumente. Bei diesen Sprechchören entsteht eine Gruppendynamik. Alle lachen. Keiner sagt was. Da fehlt die Zivilcourage."
Rapid-Spieler mit Vorbildwirkung hätten mit dem Megafon in der Hand die Chance dazu gehabt …
"Genau. Das Setting wäre ein Paradebeispiel für Zivilcourage gewesen. Dass sich einer der Spieler da hinstellt, sagt, das interessiert bei uns keinen. Stattdessen wird sich hinterher entschuldigt. Das ist hirnrissig."
Was halten Sie von diesen Entschuldigungen?
"Entschuldigungen sind wichtig und richtig. Die Vereine müssen sich dessen bewusst werden, dass ein Fehler passiert ist. Ich erinnere an die Ära Bickel. Da ist das beim homophoben Plakat gegen den damaligen Austrianer Holzhauser nicht der Fall. Da hat es geheißen: 'Das hat man von unserer Position aus nicht gesehen.' Es hing direkt gegenüber von der Trainerbank."
Anmerkung: Fredy Bickel war zwischen Dezember 2016 und Mai 2019 Sport-Geschäftsführer von Rapid.
Das 342. Wiener Derby – die besten Fotos
Was muss sich in Vereinen tun, damit sowas beispielsweise beim nächsten Derby nicht mehr passiert?
"Was schnell geht, sind unsere Workshops mit dem ganzen Team beziehungsweise Verein. Ganz ohne Strafen wird es auch nicht gehen. Die Liga hat vor, hier wie bei rassistischen Vorfällen härter durchzugreifen. In Deutschland zeigen großflächige Kampagnen Wirkung. Entscheidend ist, dass man im Verein Leute hat, die nicht nur einmal was sagen, sondern dann auch dahinter stehen."
Wird in Österreich zu wenig getan?
"Österreich war mit seiner Ombudsstelle Vorreiter. Auch die Statements von ÖFB und Liga zeigen, dass wir diesbezüglich eigentlich gut dastehen. Aber es geht um die Basisarbeit. Ich bin seit mehr als 20 Jahren im Fußball. Ich kann die Trainer, die sich nicht homophob geäußert haben."
Wie sieht Ihre Arbeit als Ombudsmann aus?
"Es melden sich Spieler bei mir, die sagen: Mir geht es wie dir, wie hast du das gemacht. Hier geht es um Erfahrungsaustausch. Ich erzähle meine Geschichte, auch, wie gut es mir selbst seit dem Outing geht. Dann versuchen wir, gemeinsam Lösungen zu finden."
Die größten Rapid-Spieler aller Zeiten
Haben Sie im Fußball auch nach ihrem Outing noch negative Erfahrungen gemacht?
"Mehrfach. Ich wurde übelst beschimpft. Zwei Gegenspieler haben zu mir im Gratkorn-Spielertunnel etwa gesagt: 'Schau, der hat sicher die Kollegen auch schon alle angesteckt.' Ein anderes Mal wurde ich als pervers hingestellt: 'Pass auf, der 13er greift dir an den Hintern.' Und natürlich die Klassiker. Von 'Schwuchtel' bis 'Woama' war alles dabei."