Österreich
Neues Dach: Denkmalamt macht 97-Jähriger Angst
Das Dach übersteht keinen Winter mehr, sagten Experten. Also ließ Gertraud S. neu eindecken. Nun verfolgt das Denkmalamt die Frau.
Am Silvestertag wird Gertraud S. 98 Jahre alt. Zu feiern hat sie im Moment wenig, denn die Sorgen um ihr Haus, Oberer Stadtplatz 16 in Waidhofen an der Ybbs, lasten schwer auf ihr.
Das Objekt steht unter Denkmalschutz, Gertraud S. ist wirtschaftliche Eigentümerin. Im Herbst 2016 musste sie feststellen: Das Dach ist einsturzgefährdet, hält keinen Winter mehr, ist mit asbestverseuchten Schindeln gedeckt. Trotz ihres hohen Alters weiß sie, dass die Schindeln eine krebserregende Umweltbombe sind. Also: Gefahr im Verzug.
Dachschindeln in Anthrazit
Gertraud S. holte Anbote ein, entschied sich – auch um das historische Erscheinungsbild nicht zu stören – für Prefa-Dachschindeln in Anthrazit. Viele Experten versichern ihr: Das Material entspricht den Richtlinien des Bundesdenkmalamtes.
Im Dezember 2016 waren die Arbeiten fertiggstellt, noch vor Weihnachten suchte Gertraud S. beim Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Niederösterreich, um Genemigung an. Gleichzeitig wurde auch die Sanierung der Fassade an der Hinterseite und der Einbau neuer Fenster eingereicht. Eine Formalsache, meint man – und irrt.
Bis heute warten
Am 31. Jänner 2017 gab zwar der Stadtbaubeirat von Waidhofen grünes Licht. In einer Stellungnahme, die "Heute" vorliegt, nennt der Stadtbaubeirat das Vorgehen "sinnvoll", verweist auf den Bahnhof St. Pölten, der ebenfalls mit Prefa-Dachschindeln eingedeckt worden war.
Vom Denkmalamt bis heute dazu – nichts.
Gegenüber "Heute" spricht das Bundesdenkmalamt (schriftlich) von einem "offenen Verfahren". Man habe Gutachten eingeholt, die nun "einen zeitnahen Abschluss des Verfahrens erlauben".
Darauf hofft auch Gertraud S. Sie wollte ja nur ein ordentliches Dach überm Kopf. Mit 97 – offenbar zu viel verlangt.
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