Klimaschutz

Neuer Rekord wirft Licht auf bedenkliche Entwicklung

Die GeoSphere Austria bestätigt: Am 11. Juli 2023 wurde ein neuer Wärmerekord am Sonnblick aufgestellt. Es gab Temperaturen wie noch nie seit 1886.

Roman Palman
Sonnblick Observatorium: Messungen und Forschung auf über 3.100 Meter Seehöhe am Alpenhauptkamm seit 1886.
Sonnblick Observatorium: Messungen und Forschung auf über 3.100 Meter Seehöhe am Alpenhauptkamm seit 1886.
GeoSphere Austria / Gernot Weyss

Letzte Woche strömte extrem warme Luft aus Afrika über den Mittelmeerraum nach Österreich, dabei wurden am 11. Juli am Sonnblick Observatorium – in 3.109 Meter Seehöhe – eine Wärmespitze von bisher nie* dagewesenen 15,7 Grad gemessen.

"Das ist ein neuer Wärmerekord für den Sonnblick und rund zehn Grad über den für die Jahreszeit typischen Werten", schildert Meteorologe Gerhard Hohenwarter von der GeoSphere Austria (GSA) die Messungen.

Zum Vergleich: In einem durchschnittlichen Juli lag die Höchsttemperatur am Sonnblick im Zeitraum 1991 bis 2020 bei 6,0 Grad und im Zeitraum 1961 bis 1990 bei 4,2 Grad.

Wie alle Messungen werden die Daten mehrfach geprüft. "Die erste Kontrolle der Sonnblick-Werte zeigte, dass der Rekord messtechnisch einwandfrei war und der außergewöhnlich warmen Wetterlage entsprach", so die GSA in ihrer Publikation der Ergebnisse am Donnerstag.

Alle Rekorde aus der jüngeren Vergangenheit

Seit dem Messbeginn am Sonnblick Observatorium im Jahr 1886 war das erst das fünfte Mal, dass die 15-Grad-Marke erreicht wurde.

"Alle Werte von mindestens 15 Grad gab es am Sonnblick in der jüngeren Vergangenheit, das bestätigt den Trend zu einem immer wärmeren Klima", sagt Gerhard Hohenwarter.

Der bisherige Wärmerekord am Sonnblick stammte mit 15,3 Grad vom 30. Juni 2012. Im Juni 2023 wurden 15,1 Grad gemessen und im August 1992 sowie im Juli 1983 waren es 15,0 Grad.

Das Sonnblick Observatorium der GeoSphere Austria ist eines der weltweit bedeutendsten Gipfelobservatorien. Zusätzlich zu den täglichen Routinemessungen laufen hier pro Jahr rund 40 nationale und internationale Forschungsprojekte.

Sonnblick heuer wieder sehr früh ohne Schnee

Im vorigen Jahr war der Sonnblick-Gipfel bereits im Juli schneefrei, so früh wie noch nie in der Messgeschichte. Der kalte Frühling verschaffte Schnee und Gletschern zwar eine Atempause, doch auch heuer könnten das letzte Weiß um das Observatorium ungewöhnlich früh verschwinden.

"Bei Hitzewellen schmilzt die Schneehöhe am Sonnblick um ungefähr 10 bis 15 Zentimeter Schnee pro Tag", sagt der GeoSphere Austria-Experte. Derzeit liegt noch rund ein halber Meter Schnee am Sonnblick und der könnte bis Anfang August verschwunden sein. Das sogenannte Ausapern geschah in den letzten Jahren deutlich häufiger. "Früher gab es am Sonnblick höchstens nur für kurze Zeit Ende August oder Anfang September keinen Schnee."

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    Das Sonnblick-Observatorium, Österreichs höchstgelegene meteorologische Beobachtungsstation, besteht seit 1886.
    Das Sonnblick-Observatorium, Österreichs höchstgelegene meteorologische Beobachtungsstation, besteht seit 1886.
    JFK / EXPA / picturedesk.com

    CO2-Messung zeigt ständigen Anstieg

    Neben der Temperatur werden laufend auch zahlreiche anderen Daten am Sonnblick erhoben. Dazu gehört seit 1999 auch der Anteil an Treibhausgasen in der Atmosphäre. Auch hier zeigt sich eine langfristige Anreicherung von Kohlendioxid in der Luft.

    Im August 2017 wurde zum letzten Mal am Sonnblick ein CO2-Monatsmittelwert (399,51 ppm) unter 400 ppm gemessen. Im April 2023 wurde der bisherige Rekordwert von 425,3 ppm erreicht.

    Die Einheit ppm (Parts per Million, engl.) beschreibt dabei den Anteil der angegebenen Menge innerhalb einer Million Teilchen. 1 ppm entspricht 0,0001 Prozent der Gesamtmenge. 425 ppm CO2 sind demnach 0,0425 Prozent der Atmosphären.

    Neben CO2 gibt es noch andere Treibhausgase und jede Substanz wirkt in der Atmosphäre unterschiedlich stark, je nachdem wie viel Wärmestrahlung sie absorbiert oder reflektiert. Methan (CH4) etwa kommt in noch geringeren Mengen vor, ist aber ein vielfach potenteres Treibhausgas als CO2.

    Um die Auswirkungen auf den Planeten zu berechnen, wird deshalb die sogenannte CO2-Äquivalenzkonzentration herangezogen. Dabei werden die spezifischen Beiträge all der Treibhausgase mit dem jeweiligen Wirkungsfaktor multipliziert und wie zusätzliche CO2-Beiträge kumuliert.

    2-Grad-Pfad bereits überschritten

    Nun ist es so, dass die Klimaforschung in ihren aktuellen Modellen davon ausgeht, dass eine Erhöhung der globalen Durchschnittstemperatur um 2 °C "wahrscheinlich vermeidbar" ist, wenn die Konzentration von CO2-Äquivalenten bei maximal 450 ppm im Jahr 2100 liegt.

    Jetzt liegt aber alleine das CO2 alleine bereits knapp unter diesem Wert. In Summe wurde dieses Ziel 2021 bereits deutlich überschritten. In diesem Jahr lag die CO2-Äquivalenz nämlich schon bei 508 ppm.

    Das ist nach aktuellem Forschungsstand kurzfristig kein Problem und "zu tolerieren". Allerdings nur, wenn es bis zum Ende des Jahrhunderts gelingt, die 450 ppm-Schwelle wieder zu unterschreiten.

    Dazu müssen aber die weltweiten Treibhausgas-Emissionen schon bald rasant eingekürzt werden, denn ausgestoßenes CO2 kann laut dem deutschen Umweltbundesamt "mitunter hunderte Jahre" in der ⁠Atmosphäre verweilen.⁠

    *Die Angaben beziehen sich immer auf den Zeitraum seit Beginn der meteorologischen Aufzeichnungen.

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