Neuer-Kumpel, große Füße – so tickt "Derby-Simulant"

Es war eine der vieldiskutierten Szenen rund um das Kräftemessen zwischen den "Veilchen" und den Hütteldorfern. In der 54. Minute, kurz nachdem Austrias Matthias Braunöder glatt Rot sah, die "Veilchen" plötzlich zwei Mann weniger auf dem Feld hatten, setzte sich der 23-jährige Deutsche plötzlich auf den Rasen, deutete an, dass er verletzt sei und eine Behandlungspause brauche. Kurz zuvor zeigte Trainer Michael Wimmer auf seinen hinteren Oberschenkel. Eine Geste, die Früchtl verstand und sofort in die Tat umsetzte. 

"Ich hab schon seit einer Woche ungefähr hinten Schmerzen. Es gehört auch irgendwie dazu, dass wir uns als Mannschaft auch wieder finden. Da muss man die Tricks auch anwenden, es hat uns auch geholfen", meinte der 23-Jährige im "ORF". Und Coach Wimmer ergänzte schmunzelnd. "Ich wollte etwas umstellen, das hat er gut gemacht", so der deutsche Trainer. Wenig später war Früchtl wieder topfit. Und hielt für die "Veilchen" mit einer Glanztat gegen Thierry Gale das 0:0 fest. 

Früchtl über die letzten Wochen

Es war das erste "zu Null" in der Liga seit einem Monat, Ende August trennten sich die Wiener von Wolfsberg mit Ex-Coach Manfred Schmid ebenfalls torlos. "Unter Schmid haben wir im Schnitt 1,5 Gegentore pro Spiel bekommen, jetzt sind es im Schnitt 1,5 Gegentore pro Spiel. Defensiv hat sich nichts verbessert oder verschlechtert", sagte Früchtl im "Heute"-Talk. Das Remis im Derby wurde jedenfalls wie ein Sieg gefeiert, auch wenn es punktemäßig kaum weiterhilft, die Wiener nach wie vor auf Rang zehn liegen. "Wir zeigen Woche für Woche super Trainingsleistungen, kriegen es aber nicht auf den Platz. Zumindest nicht über 90 Minuten. Wenn wir in Führung gehen, bringt es uns im Moment ein wenig raus", erklärte Früchtl die Verunsicherung der letzten Wochen, in denen Coach Wimmer die Ruhe behielt. "Er hat angesprochen, worauf es ankommt, den Finger in die Wunde gelegt", erklärte Früchtl, der auch den Abgang von Haris Tabakovic als Grund für die ernüchternde Situation der Austria sieht. "Ab dem Winter hat man sich darauf verlassen können, dass da vorne einer drinsteht, der dir die Chancen reinmacht. Aber wir haben Qualität vorne. Andreas Gruber ist jetzt unser Tabakovic", so der 23-jährige Schlussmann. 

Neuer überprüfte Früchtl-Schuhgröße

Früchtl hat in seiner Karriere trotz des jungen Alters bereits viel gesehen, wurde bei den Bayern als großes Talent gehandelt, reifte an der Seite von Top-Torhüter Manuel Neuer zum gestandenen Profi. "Über die Jahre ist es eine Freundschaft geworden. Ab und zu telefonieren wir. Wir waren ein super Tormann-Team, jeder hat seine Rolle gekannt", erzählte Früchtl, der mit dem Weltmeister von 2014 auch über seinen Beinbruch und den langen Weg zurück sprach. "Er ist alt genug, braucht sich keinen Rat von mir holen. Er weiß, was er macht, ich bin davon überzeugt, dass er genauso stark zurückkommt und bei den Bayern im Tor steht", so der gebürtige Bayer. 

Mit Neuer verbindet Früchtl auch eine ungewöhnliche Anekdote. Als der damals 15-Jährige zu den Profis kam, schnappte sich Neuer sofort die Schuhe des Torwart-Talents, kontrollierte die Größe. "Überall wurde geschrieben, dass es Schuhgröße 50 ist. Es war dann aber Schuhgröße 48 2/3. Ich wusste es ja selbst, dass ich nicht Schuhgröße 50 habe, durfte damals aber nicht mit Reportern sprechen. Ihn hat es einfach interessiert", schilderte der 23-Jährige die kuriose Szene. 

"Lebensqualität besser als in München"

Früchtl trainierte auch unter dem neuen deutschen Teamchef Julian Nagelsmann, absolvierte unter dem nun 36-Jährigen am letzten Spieltag der Saison 2021/22 gegen Wolfsburg auch sein Bundesliga-Debüt, stand neun Minuten auf dem Feld. "Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Ich glaube, dass er ein sehr guter Trainer ist, ich hoffe, dass sie eine gute EM mit ihm spielen werden", so der Austria-Schlussmann, der immer wieder mit einem Abgang vom Verteilerkreis in Verbindung gebracht wird. "Ein paar Anfragen hat es gegeben. Ein paar lose Anfragen, ein paar, wo es gegangen wäre, dass man sich einigt. Aber ich habe es als besten Schritt empfunden, dass ich hier bei der Austria bleibe, mich vielleicht für nächstes Jahr empfehlen will", so der 23-Jährige, dessen Vertrag bis 2025 läuft. Gleichzeitig stellt Früchtl aber auch klar: "Ich bin Deutscher. Natürlich würde ich gerne in der deutschen Bundesliga spielen. Es spielen aber viele Faktoren eine Rolle", so der Torhüter. 

Nach nun über einem Jahr in Wien hat sich der Keeper auch bereits bestens eingelegt. "Die Stadt ist überragend, da brauchen wir nicht reden. Es gibt kaum etwas Besseres, wo man leben kann. München ist wunderschön, aber Wien finde ich von der Lebensqualität her noch einen Ticken besser", so Früchtl.