Niederösterreich

"Problem sind Sesselkleber, nicht die Klimakleber"

NEOS-Landessprecherin Indra Collini im ersten „Heute“ -Wahlinterview vor der Landtagswahl in NÖ über Klima, Korruption und Koalitionen.

Erich Wessely
NEOS-Spitzenkandidatin Indra Collini
NEOS-Spitzenkandidatin Indra Collini
"Heute"/Erich Wessely

"Heute": Laut einer aktuellen „Heute“-Umfrage kommen die NEOS nicht recht vom Fleck: Wie die Grünen liegen die Pinken bei 6 Prozent – warum ist das so?

Indra Collini: "Erstens einmal sind Umfragen Umfragen. Wir sind inzwischen in 36 Gemeinden in Niederösterreich im Gemeinderat vertreten und wir sind auf Wachstumskurs. Natürlich kommen wir vom Fleck."

Mit einem Mandatsgewinn würde man vier Mandate, Klubstärke und damit das Antragsrecht im Landtag haben – ist das das erklärte Wahlziel der NEOS?

"Ja, das ist das Wahlziel, weil mit vier Mandaten und Klubstärke können wir auch unsere Kontrollrechte besser wahrnehmen und eben Anträge einbringen, auch auf der Gestaltungsseite präsenter sein. Wir sind die, die in den letzten Jahren bewiesen haben, dass wir eine starke Oppositionskraft sind und auch den Mut haben, den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Natürlich ist es auch unsere Aufgabe, die Regierung anzutreiben, damit die richtigen Dinge passieren."

Gibt es auch eine Prozentzahl, wo Sie sagen: Das ist ein toller Erfolg?

"Am Ende des Tages geht es um die Menschen in Niederösterreich. Wir diskutieren die ganze Zeit über Wahlergebnisse, über Fachkonstellationen, über Posten bei dieser Wahl, wer Landeshauptmann wird. Fest steht: Johanna Mikl-Leitner wird Landeshauptfrau bleiben. Es geht aber am 29. Jänner darum, wer das Richtige für die Menschen tut. Ich möchte die Menschen in den Mittelpunkt stellen und nicht die Mächtigen. Wenn Frau Mikl-Leitner sagt, es steht viel auf dem Spiel, dann meint sie in erster Linie sich – und ich muss sagen, es steht viel auf dem Spiel, was die Zukunft des Landes und die Chancen der Jungen anbelangt. Und um das sollte es bei dieser Wahl gehen."

Hinter Ihnen, Frau Collini, ist auf Listenplatz 2 der Badener Helmut Hofer-Gruber. Dahinter verdrängte der Perchtoldsdorfer Gemeinderat Christoph Müller die Gesundheitssprecherin Edith Kollermann. Leistete Kollermann keine so gute Arbeit oder warum die Rochade?

"Erstens gehen wir davon aus, dass wir zu viert einziehen werden. Edith Kollermann ist eine großartige Abgeordnete, die sich im Bereich Gesundheit und Pflege sehr engagiert hat. Aber wir haben, und das unterscheidet uns auch von den anderen, als einzige Partei einen unter 30 Jahren auf einem wählbaren Listenplatz. Wir machen Politik für die kommenden Generationen, Christoph Müller ist 24 Jahre alt – die Jungen gehören in den Landtag. Wir haben einen transparenten Listenerstellungsprozess, wo die BürgerInnen mitentscheiden, der Landesvorstand mitentscheidet und zum Schluss die Mitglieder die finale Entscheidung über die Listen treffen."

Was lief gut und was schlecht in der letzten Legislaturperiode?

"Also die Landespolitik in NÖ – das ist schon nicht nur das Bohren dicker Bretter, das ist wirklich Beton. SPÖ und FPÖ sitzen selbst am Futtertrog und nicken alles der absoluten ÖVP ab. Das ist etwas, das man aufbrechen muss. Was uns anbelangt, sind uns mehrere Dinge gelungen: Die Prüfkompetenzen des Rechnungshofs konnten ausgeweitet werden. Wir dürfen jetzt hineinschauen in Landesgesellschaften, wo das Land mit 25 Prozent beteiligt ist. Es ist uns zudem gelungen, dass beim Kinderbetreuungsthema endlich Bewegung hineinkommt. Und auf Gemeindeebene: Wo die NEOS drinnen sind, ist mehr Transparenz. Bei Gemeindewohnungen geht es darum, dass nicht diejenigen diese Wohnungen bekommen, die die besten Freunde im Gemeinderat haben, sondern jene, denen diese nach transparenten und objektiven Kriterien auch zustehen."

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    "Heute"-Interview mit NEOS-Landessprecherin Indra Collini
    "Heute"-Interview mit NEOS-Landessprecherin Indra Collini
    "Heute"/Erich Wessely

    Wird genug gegen Teuerungen und die hohen Energiepreise getan?

    "Ich finde, dass viel getan wird. Was ich aber kritisiere, ist, dass es nicht treffsicher ist. Es wird sehr viel Geld ausgegeben, aber bei den Einkommensschwachen kommt zu wenig an. Wir haben die Situation, dass ein gut verdienender Manager aus Strompreisbremse des Bundes und Strompreisrabatt des Landes mehr an Förderungen bekommt, als er an Stromrechnung hat. Das kann ja nicht im Sinne des Erfinders sein. Wir nehmen uns jeden Spielraum für die Jungen, geben ihnen stattdessen einen Schuldenrucksack mit, den die Jungen nicht mehr tragen können."

    Ist das Proporzsystem in Niederösterreich noch zeitgemäß?

    "Nein, es ist nicht mehr zeitgemäß. Wir waren immer für die Abschaffung, haben immer wieder Anträge dazu eingebracht. Es ist interessant, dass gerade die drei großen Parteien, die am Regierungstisch sitzen, das nicht wollten."

    Wie sehr reizt Sie das Mitregieren – ist eine Dreier-Koalition mit Rot und Blau vorstellbar?

    "Die Frage stellt sich in der Proporzregierung gar nicht. Ich weiß, auch nach den letzten fünf Jahren, was das Land braucht, nämlich eine mutige Oppositionskraft und da sind wir NEOS die einzigen, die mutig den Mächtigen auf die Finger schauen. Hier sehe ich auch ganz klar unsere Rolle."

    Ist eine Zweier-Koalition mit der ÖVP denkbar oder schließen Sie das aus?

    "Es wird sich rein rechnerisch nicht ausgehen. Und das zweite: Die ÖVP müsste sich inhaltlich sehr bewegen. Wenn, dann würde ich mir von der ÖVP ein wirkliches Anti-Korruptionspaket erwarten, zudem ein Klimaschutzgesetz und eine Kinderbetreuungsoffensive, die wir auf den Boden kriegen."

    Warum sollen die Niederösterreicher die NEOS wählen?

    "Weil wir den Mut haben, den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Weil wir die einzigen sind, die für gläserne Parteien und Transparenz einstehen. Wir setzen uns für leistbares Leben statt g'stopfter Politik ein. Wir wollen eine Senkung der Lohnnebenkosten, die Parteienförderung gehört halbiert."

    Auch die NEOS treffen sich – nach der Regierung – in Mauerbach zur zweitägigen Klausur. Im Vorfeld heißt es, dass die inhaltliche Positionierung geschärft werden muss, wo gibt es Nachschärfungsbedarf?

    "Prinzipiell sind wir eine Partei, die um die besten Lösungen intern ringt. Darum setzen wir uns zusammen mit allen Landessprechern und der Bundespartei, um die besten Lösungen für die Menschen zu finden."

    Sie propagieren: Runter mit den Steuern, Abgaben und Gebühren – was heißt das konkret?

    "Also ganz konkret eine Senkung der Lohnnebenkosten. Die 0,3 Prozent von der Regierung sind viel zu wenig, wir wollen fünf Prozent haben. Und zusätzlich eine Senkung aller energiebezogenen Abgaben und Gebühren – gerade jetzt in der Teuerung ist das ein ganz wichtiges Thema."

    Was halten Sie von den Klimaklebern bzw. den umstrittenen Protestaktionen?

    "Also ich bin der Meinung, dass man die Sorgen der jungen Menschen ernst nehmen muss. Und das Problem sind aus meiner Sicht die Sesselkleber, die in der Energiefrage nichts weiter gebracht haben, nicht die Klimakleber."

    Was erhoffen Sie sich beim Thema Korruption?

    "Ich wünsche mir eine saubere Politik, der man vertrauen kann. Das ist das größte Wahlziel für den 29. Jänner, dafür stehen wir."

    Zum Schluss zum Thema Migration und Asyl – das Flüchtlingszentrum in Traiskirchen ist seit Monaten überfüllt, wie sehen Sie die Problematik, haben Sie Lösungen?

    "Wir haben sicher große Herausforderungen, aber wir haben keine Krise. Traiskirchen ist eine Bundeseinrichtung, da haben wir einen Stau. Das liegt aber auch daran, dass wir sehr lange Verfahren in Österreich haben. In Niederösterreich wissen wir, dass die Quartiere nicht voll sind, sondern dass Niederösterreich die Quote nicht erfüllt. Ich wünsche mir in der Asylfrage Lösungen. Wir haben auf der einen Seite rechte Hetze und auf der anderen Seite linke Träumerei – so werden wir nicht weiterkommen. Und wir werden nicht durch eine Festung Österreich weiterkommen, sondern nur durch eine gemeinsame europäische Asyl- und Sicherheitspolitik und durch eine vernünftige Integrationspolitik hier in Österreich."

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      21.12.2014: Magdeburg-Terrorist war bekannter Anti-Islam-Aktivist. Der mutmaßliche Täter des Anschlags von Magdeburg erhob schwere Vorwürfe gegen Deutschland und unterstützte Frauen, die aus Saudi-Arabien flüchteten.
      REUTERS