Politik
Putin macht in Nehammer-Telefonat Gas-Ansage
Nach Gesprächen mit Ukraine-Präsident Selenski und UN-General Guterres fand am Freitagnachmittag ein Telefonat zwischen Nehammer und Putin statt.
Der Hörer des Kanzler-Telefons lief über Feier- und Fenstertag heiß: Erst ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski, es folgten der Generalsekretär der Vereinten Nationen Antonio Guterres und Peter Maurer, Präsident des Internationalen Roten Kreuzes. Schlussendlich sprach er noch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, unter dessen Federführung die vielversprechendsten Friedensgespräche in Istanbul vonstattengehen sollen.
Kanzler kündigt Telefonat mit Kriegsherr Putin an >>
Spontan-PK direkt nach Gespräch
Freitag um 15 Uhr dann das große Finale: Wie nur 120 Minuten zuvor bekannt wurde, sollte Bundeskanzler Karl Nehammer ein Telefonat mit dem russischen Präsidenten und Kriegstreiber Wladimir Putin führen. Bereits um 16 Uhr wollte der Kanzler dann spontan vor die Medien treten, um über die Inhalte des Gesprächs zu informieren. Zur Erinnerung: Das letzte Gespräch dauerte noch 75 Minuten.
"Heute" berichtete an dieser Stelle live:
16.20 Uhr, Kanzler Nehammer ließ noch etwas auf sich warten. Hat das Telefonat doch länger gedauert? Mit 22 Minuten Verspätung ging es schließlich los. "Die Lage in der Ukraine ist derzeit besonders dramatisch", leitete Nehammer ein. Auch auf der ukrainischen Seite gibt es derzeit starke Verluste.
Aktive Neutralitätspolitik
"Österreich versteht sich als Land der aktiven Neutralitätspolitik", heißt: Man rede mit allen Seiten, benenne aber auch klar den Aggressor. In dieser Woche gab es deswegen eine Gesprächsabfolge mit allen wichtigen Beteiligten. Ziel war es, über die Hilfsmaßnahmen zu sprechen. Die Friedensinitiative der Türkei sei hier auch ein wichtiger Punkt.
Neben der Aufnahme von 100 Schwerverletzten aus der Ukraine beteilige sich Österreich insbesondere auch bei der Schaffung von Grünen Korridoren, um Nahrung aus der Ukraine bringen zu können. Darum ging es insbesondere im vorangegangen Gespräch mit Selenski.
Putin gab grünes Licht für Exporte
Das Telefonat mit Putin am Freitag stellte die Fortsetzung des vergangenen Gesprächs dar. Wie und was sei an Möglichkeiten da, um den Menschen vor Ort humanitäre Lösungen zu bieten? Putin sei grundsätzlich durchaus bereit, Exporte über die Seehäfen zuzulassen, berichtet Nehammer. Dort müsse aber erst die Sicherheit gewährleistet werden.
Auch der ins Stocken geratene Gefangenenaustausch war ein Thema. Hier gab es die Zusicherung, diesen wieder stärker mit der Ukraine zu verhandeln.
Drittens sicherte Putin zu, dass das Internationale Rote Kreuz Zugang zu den Kriegsgefangenen bekommen wird. Von der Ukraine forderte er das aber auch ein. "Das Gespräch war sehr intensiv, sehr ernst." Es war wichtig, Putin abermals mit dem Grauen des Kriegs und den möglichen globalen Folgen zu konfrontieren
Gas-Ansage
Putin neige dazu, Europa selbst die Schuld an den globalen Kriegsfolgen zu geben – die Sanktionen gegen Russland seien die Ursache hierfür. "Ich habe ihn darauf hingewiesen, dass es keine Sanktionen gäbe, wenn es den Krieg nicht gäbe." Der Präsident hänge in seiner eigenen Kriegslogik und seinem eigenen Narrativ fest. "Das Thema, ob er tatsächlich dann bereit ist, zu verhandeln, ist eine komplexe Frage."
Das Thema Gas wurde von Putin selbst angesprochen. Alle Lieferungen werden vollumfänglich eingehalten. Nehammer hat Putin darauf hingewiesen, dass wenn Gazprom den Speicher in Haidach (Salzburg) nicht verwendet, diesen verlieren wird.
Das Telefonat war rein akustisch und nicht per Video. Gelegentlich unterbrach Putin die Dolmetscherin, weil er ja selbst Deutsch spricht und Fragen oft komplett verstand.
Gespräch dauerte 45 Minuten
Die Frage der Ernährungsversorgungssicherheit sei dem russischen Präsidenten vollumfänglich klar. Er fordere aber stets, dass der Westen zuerst mit den Sanktionen aufhören müsse.
"Es wird auf jeden Fall weitere Gespräche geben", sichert der Kanzler zu. Abgesprochen war das Telefonat mit den EU-Partnern offenbar nicht. Insgesamt hat das Gespräch 45 Minuten gedauert, legt Nehammer auf die letzte Frage offen.