100 Missbrauchsfälle gedeckt?
Nach Vorwürfen: Erzbischof von Canterbury tritt zurück
Justin Welby, Erzbischof von Canterbury, soll mehr als 100 Missbrauchsfälle gedeckt haben. Nun tritt das Oberhaupt der anglikanischen Kirche zurück.
Das geistliche Oberhaupt der weltweiten anglikanischen Kirche tritt wegen seines Umgangs mit einem Missbrauchsskandal zurück. Wie die "Bild" berichtet, ist der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, nicht länger Oberhaupt der Kirchengemeinschaft.
Welby wird vorgeworfen, Missbrauchsfälle von Jugendlichen durch einen Anwalt der Kirche gedeckt zu haben. Insgesamt geht es hierbei um den Missbrauch von mehr als 100 Jungen und jungen Männern in den letzten Jahrzehnten.
Erzbischof krönt britische Monarchen
Der Erzbischof hat eine besondere Rolle: Als geistliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche steht es ihm unter anderem zu, den britischen Monarchen zu krönen. Im Mai 2023 übernahm er die Krönung von König Charles. Außerdem hält er einen Sitz in der zweiten Parlamentskammer, dem House of Lords.
In letzter Zeit wurde der Druck auf Welby immer größer. Drei Mitglieder der englischen Generalsynode starteten eine Petition, in der sie den Rücktritt des Erzbischofs von Canterbury forderten. Bis Montagmorgen sollen mehr als 1.600 Unterstützerinnen und Unterstützer die Petition unterzeichnet haben. Auch ranghohe Mitglieder der anglikanischen Kirche gingen auf Distanz und forderten den Rücktritt des geistlichen Oberhaupts.
Die Vorwürfe gegen das geistliche Oberhaupt der weltweiten anglikanischen Kirchengemeinschaft wiegen schwer: Ein vor wenigen Tagen veröffentlichter Untersuchungsbericht legte offen, dass Welby den Missbrauchsfall hätte melden können und müssen, als er 2013 kurz nach seiner Amtsübernahme die Details erfuhr.
"Völlig klar, dass ich die Verantwortung übernehmen muss"
Der mutmaßliche Täter starb 2018 und stand nie vor Gericht. Nun räumt der 68-Jährige Fehleinschätzungen ein. "Es ist völlig klar, dass ich die persönliche und institutionelle Verantwortung für die lange und erneut traumatisierende Zeit zwischen 2013 und 2024 übernehmen muss", hieß es in Welbys Mitteilung.
"Ich hoffe, diese Entscheidung macht deutlich, wie ernst die Church of England die Notwendigkeit einer Veränderung und unser tiefes Engagement für eine sicherere Kirche nimmt", sagte Welby. "Ich trete von meinem Amt zurück, in tiefer Trauer mit allen Opfern und Überlebenden von Missbrauch."
Auf den Punkt gebracht
- Justin Welby, der Erzbischof von Canterbury und geistliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche, tritt zurück, nachdem ihm vorgeworfen wird, über 100 Missbrauchsfälle gedeckt zu haben
- Der Druck auf Welby wuchs zuletzt stark, insbesondere durch eine Petition und die Distanzierung ranghoher Kirchenmitglieder, was schließlich zu seinem Rücktritt führte