Wien

Nach Missbrauchsverdacht: Immer mehr Eltern melden sich

Ein Pädagoge soll ein Mädchen in einem Kindergarten in Penzing sexuell missbraucht haben. Nun melden sich immer mehr betroffene Eltern.

Christine Ziechert
Teilen
In diesem Kindergarten in Penzing war der Pädagoge tätig.
In diesem Kindergarten in Penzing war der Pädagoge tätig.
Sabine Hertel

Wie berichtet, soll ein Pädagoge in einem städtischen Kindergarten in Penzing – hier werden rund 130 Kinder in sieben Gruppen betreut – ein Mädchen aus einer Kleinkind-Gruppe sexuell missbraucht haben – das Kind selbst berichtete den Eltern von intimen Berührungen. Nachdem die Eltern ihren Verdacht im März 2021 bei der Kindergarten-Leitung meldeten, wurde der Mann zwar in den administrativen Bereich abgezogen, die anderen Eltern allerdings nicht informiert.

Der Fall flog vergangene Woche bei einem Infoabend (der von Eltern privat organisiert wurde, Anm.) mit dem Verein "Selbstlaut" (eine Fachstelle gegen sexualisierte Gewalt an Kindern, Anm.) auf. In einem Info-Schreiben des Vereins an die betroffenen Eltern heißt es: "Der Pädagoge ist schon seit einem Jahr nicht mehr da. Ihr Kind hat diesbezüglich keine bzw. falsche Informationen bekommen." Und weiter (im Hinblick auf die direkte Ansprache der Kinder, Anm.): "Es wurde euch im Kindergarten gesagt, dass er krank war oder Corona gehabt hat und deswegen nicht mehr da ist. Das hat nicht gestimmt."

1/65
Gehe zur Galerie
    <strong>22.12.2024: Einwegpfand kommt – das wird ab Jänner neu bei Spar</strong>. Um Verwirrung zu vermeiden, setzt Spar ab Jänner auf speziell ausgebildete Pfandberater. <a data-li-document-ref="120078758" href="https://www.heute.at/s/einwegpfand-kommt-das-wird-ab-jaenner-neu-bei-spar-120078758">170 Getränkeartikel mussten überarbeitet werden.</a>
    22.12.2024: Einwegpfand kommt – das wird ab Jänner neu bei Spar. Um Verwirrung zu vermeiden, setzt Spar ab Jänner auf speziell ausgebildete Pfandberater. 170 Getränkeartikel mussten überarbeitet werden.
    SPAR/ Peakmedia Dominik Zwerger
    "Wir haben nun von zwei weiteren Verdachtsfällen erfahren" - Daniela Cochlár, Leitung MA 10

    Die zuständige MA 10 (Wiener Kindergärten) erfuhr bereits im März 2021 von dem Verdacht: "Die Mutter ist aktiv an uns herangetreten. Wir haben daraufhin die MA 11 (Kinder- und Jugendhilfe, Anm.) informiert. Diese hat beschlossen, Anzeige bei der Staatsanwaltschaft zu erstatten", meint MA-10-Chefin Daniela Cochlár zu "Heute". Doch zu dem einen bekannten Fall kommen nun weitere hinzu: "Wir haben nun von zwei weiteren Verdachtsfällen erfahren", so Cochlár. Alle drei Kinder werden derzeit auf Wunsch der Eltern weiter am Standort betreut.

    Trotz des schwerwiegenden Verdachts wurde vergangenes Jahr seitens der MA 10 beschlossen, nicht die Eltern zu informieren: "Es gibt kein Standardprozedere, es wird von Fall zu Fall unterschiedlich entschieden. In diesem Fall haben wir damals beschlossen, nicht an die Öffentlichkeit zu gehen. Die Pädagogen wurden dazu angehalten, verändertes Verhalten bei Kindern, etwa bei Rollenspielen, zu melden", berichtet Cochlár. Die Eltern fühlen sich nun hintergangen, eine Vertuschung des Falles steht im Raum.

    "In diesem Fall gab es seitens der MA 10 keinen Anlass, den Herrn Stadtrat zu informieren" - Daniela Cochlár, Leitung MA 10

    Ebenfalls nichts von der Causa wusste offenbar Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos): Er hätte erst vor wenigen Tagen davon erfahren, so ein Sprecher. "Es kommt immer wieder zu Anzeigen, das sind Standard-Abläufe. In diesem Fall gab es seitens der MA 10 keinen Anlass, den Herrn Stadtrat zu informieren. Wenn es eine große Sache ist, selbstverständlich schon", erklärt Cochlár.

    Ein betroffenes Elternpaar holte sich bereits juristischen Beistand, wandte sich an Anwalt Johannes Bügler: "Warum wurde der Pädagoge nicht entlassen?", fragt sich dieser. Laut Cochlár sei dies nicht möglich gewesen: "Wir sind an das Dienstrecht gebunden. Für eine Entlassung oder eine Suspendierung müssen Beweise vorliegen. Allein der Verdacht reicht nicht." 

    "Drei weitere betroffene Eltern haben mich schon kontaktiert" - Johannes Bügler, Rechtsanwalt

    Ebenfalls brisant: Der beschuldigte Pädagoge war nicht nur in der Kleinkind-Gruppe tätig, er betreute während der Pandemie auch Sammelgruppen: "Das war maximal eine Stunde, der Pädagoge war nie länger als bis 16.30 Uhr im Dienst", erklärt Cochlár. Doch diese Aushilfstätigkeit dürfte der Grund sein, dass sich jetzt immer mehr Betroffene melden: "Drei weitere Eltern haben mich schon kontaktiert", so Anwalt Bügler. Zudem hätte sich schon vor drei Jahren ein Paar nach einem Missbrauchsverdacht an die Kindergarten-Leitung gewandt, wäre aber abgewimmelt worden.

    Das Verfahren gegen den Pädagogen wegen (schweren) sexuellen Missbrauchs läuft, die Staatsanwaltschaft ermittelt. Laut Cochlár soll es morgen, Mittwoch, weitere Informationen geben, ein Sachverständigen-Gutachten sei noch ausständig. Einen Tag später, am Donnerstag, findet zudem ein von der MA 10 organisierter Info-Abend für alle Eltern statt: "Dieser wird aus Platzgründen nicht im Kindergarten stattfinden. Wir werden dort unser Hilfsangebot präsentieren", so Cochlár.