Schlimmes Long-Covid-Schicksal

Nach Corona: "Papa, ich hoffe, du wirst wie früher"

Lebensfroh und unternehmungslustig – das war einmal. Seit zwei Jahren ist Michael G. im permanenten "Lockdown".

Michael Pollak
Nach Corona: "Papa, ich hoffe, du wirst wie früher"
Michael G. (44) - Ex-Manager von Covid außer Gefecht gesetzt
Privat

Michael G. (44) erlebt seit zwei Jahren einen wahren Horrortrip. Der Ausgang der Tortur ist noch völlig ungewiss.

Damals – bis zum Spätsommer 2022 – scheint alles perfekt zu laufen. Er hat einen Top-Job bei einem bekannten IT-Unternehmen, das Haus im Bezirk Korneuburg (NÖ) ist gerade fertig gebaut, die Tochter (jetzt 6) macht das Glück komplett. Er genießt das Leben, fährt auf zahlreiche Reisen, Tauchen ist seine Leidenschaft, ebenso wie Motorradfahren und Oldtimer.

"... seitdem bin ich nicht mehr in die Gänge gekommen"

Dann kommt der körperliche Crash. Es beginnt mit hohem Fieber, Gelenkschmerzen, "es fühlte sich einfach an, wie eine Grippe-Infektion", sagt Michael G. zu "Heute".

Im August 2022 erwischt ihn das Corona-Virus, es ist seine erste Infektion, "und das, obwohl mich viermal impfen ließ und auch sonst aufpasste, sogar immer noch Maske trug." Der Virus wurde wohl über den Kindergarten der Tochter eingeschleppt.

Offiziell ist es ein milder Verlauf, "aber seitdem bin ich nicht mehr in die Gänge gekommen", schildert er: "Es ist so, als wäre die Schwerkraft plötzlich dreimal so stark wie früher". Michael G. ist permanent völlig erschöpft, "ich schlafe 14 Stunden und bin danach noch müder als vorher."

Halbe Stunde Konzentration hat schlimme Folgen

Schon bald will er wieder in seinen Alltag starten, von daheim aus arbeiten, "da merkte ich, ich mache nur Fehler und wenn ich eine halbe Stunde lang in ein Firmen-Dokument schaute, bekam ich 24 Stunden lang heftiges Kopfweh." Zusätzlich ist er permanent erschöpft.

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Im Oktober lässt er sich durchchecken, besucht eine Neurologin. Ihr Rat: "Halten sie keinen Kontakt zur Firma, die Arbeit können sie jetzt vergessen, es wird wohl länger dauern." Dazu verschreibt sie Michael G. verschiedene Schmerzmittel, damit sich sein Körper nicht an eines von ihnen gewöhnt. Die Diagnose: Long Covid und ME/CFS (schlimme chronische Multisystem-Erkrankung, Betroffene sind dauermüde).

"Mit meiner Tochter kann ich nur 20 Minuten spielen"

Der Zustand dauert bis heute an, Michael G. lebt seit zwei Jahren praktisch im Lockdown. Sein Leben stellt er völlig um. "Mit meiner Tochter kann ich nur 20 Minuten spielen, dann bin ich zu erschöpft, jemand muss sie mir abnehmen." Am Abend eine Geschichte zum Einschlafen vorlesen: "Da schaffe ich nur drei oder vier Seiten – mehr geht nicht", sagt Michael G. nachdenklich.

Beim Puzzle-Spielen hat er – zumindest anfangs – große Probleme: Der Long-Covid-Patient sieht sich ein Puzzle-Stück an und kann sich nicht vorstellen, wie er es drehen sollte, damit es zu den anderen Stücken passt. "Meine Partnerin hat sich zum Geburtstag gewünscht, dass ich in unserem neuen Haus den Fernseher aufhänge, das war Schwerarbeit für mich", danach braucht er drei Tage, um sich zu erholen.

Corona-Faktencheck

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    Echt oder fake? Diese Frage stellt man sich angesichts der unzähligen Meldungen zum Coronavirus Sars-CoV-2 und seinen Auswirkungen auf die Welt regelmäßig. Hier erfährst du, was dahinter steckt.
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    Getty Images/iStockphoto

    Um seine Partnerin zu entlasten – sie macht alles im Haushalt und geht arbeiten – bekommt G. eine tägliche Aufgabe. Er soll den Geschirrspüler ein- und ausräumen. "Das geht aber auch nicht immer, manchmal habe ich nicht einmal dafür genug Energie oder das Scheppern der Teller ist mir zu laut ..."

    Bei Erledigungen außer Haus, trägt Michael G. immer eine FFP2-Maske. Eine neuerliche Ansteckung bedeutet eine 80-prozentige Chance, dass sich sein Zustand weiter verschlimmert, "so viel zum Thema Corona ist vorbei, ich lebe in einem permanenten Lockdown", sagt er zu "Heute".

    G. fällt fast aus dem Sozialsystem

    Körperlich und geistig herrscht Ausnahmezustand. Auch finanziell ist ein neuer Tiefpunkt erreicht. Es beginnt ein langer behördlicher Spießrutenlauf. Nach einem Jahr endet das Krankengeld, Michael G. stellt bei der PVA einen Antrag auf Rehabilitationsgeld. Es folgt eine Begutachtung in St. Pölten.

    "Abgelehnt", lautet das Resultat. Warum? Er habe kein Long Covid, sondern eine "Anpassungsstörung, ein unverarbeitetes Trauma". Nächster Schritt: Er muss die PVA klagen, damit er nicht aus dem Sozialsystem fällt und bekommt fortan ein Sonderkrankengeld.

    Im November kommt es zur Verhandlung. Michael G. ist gewappnet, kommt mit Anwalt und legt selbst ein Gutachten vor, es ist 10 Seiten lang, kostetet ihn 1.000 Euro. Unter anderem kommt vor, er habe an zwei klinischen Studien teilgenommen (da wird man nur mit Long Covid angenommen), nehme sieben verschiedene (!) Medikamente dagegen.

    Doch die Analysen der gerichtlich beeideten Gutachterin sagen was anderes: Er habe eine Depression. Es wird ihm angedeutet, "freu dich, das kann man heilen!"

    Danach habe ich drei Tage gebraucht, um mich auszuruhen
    Michael G. (44)
    Long-Covid-Betroffener

    Es folgt ein juristisch-medizinischer Streit um seine Arbeitsfähigkeit. Zunächst hieß es, er sei fähig acht Stunden täglich zu arbeiten, dann wurde auf sechs Stunden revidiert.

    Jetzt bekommt Michael G. Rehabilitationsgeld (60 % seines früheren Gehalts), er muss ein Jahr Psychotherapie absolvieren, ein Mal pro Quartal zum Psychiater und in einem Jahr kommt es zu einer neuerlichen Begutachtung.

    "Beim DKT konnte ich nur zuschauen"

    Michael G. beschreibt selbst seine Arbeitsfähigkeit: "Wenn ich mich eine Stunde konzentriere – also nur ein Bruchteil eines Arbeitstages – muss ich mich am nächsten Tag ausruhen, es geht nicht anders."

    Letztens waren Freunde der Familie zu Besuch: "Wir haben abendgegessen, eine Stunde geplaudert. Anschließend aber habe ich zugeschaut, wie die anderen DKT gespielt haben und bin um neun Uhr schlafen gegangen – danach habe ich drei Tage gebraucht, um mich auszuruhen." Das ist sein aktueller Zustand.

    "Ich hoffe, ich wache auf und ich bin wieder normal"

    Oder: "Vor drei Monaten bin ich von Melk nach Korneuburg mit dem Auto gefahren. 110 km/h auf der Autobahn. Danach habe ich mich zum Mittagsschlaf hingelegt und war noch am nächsten Tag von der Fahrt völlig fertig." Nachsatz: "Aber ich soll sechs Stunde pro Tag arbeiten können!"

    Michael G. hat noch langer nicht aufgegeben, "noch immer hoffe ich, dass ich eines Tages aufwache und ich bin wieder normal", sagt er. Aber schon zweimal sagte seine Tochter: "Papa, ich wünschte, du wirst wieder so wie früher!"

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      Auf den Punkt gebracht

      • Michael G. (44) leidet seit seiner Corona-Infektion im August 2022 an Long Covid und ME/CFS, was sein Leben drastisch verändert hat.
      • Trotz mehrfacher Anträge auf Unterstützung und medizinischer Begutachtungen kämpft er weiterhin mit extremer Erschöpfung und finanziellen Schwierigkeiten, während er hofft, eines Tages wieder gesund zu werden.
      POM
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