Hatte vor 2 Jahren Corona
Vom Berg ins Bett: Long-Covid-Kranke sitzt im Rollstuhl
Clarissa S. (33) erkrankte im September 2022 an Corona, danach an Long Covid. Ihr Zustand verschlechterte sich, heute sitzt sie im Rollstuhl.
Vor zwei Jahren war Clarissa S. (33) noch topfit, erklomm die höchsten Berggipfel: "Ich habe mehrmals pro Woche Sport gemacht – war klettern, bergsteigen, habe Skitouren unternommen und mit meinem Freund Lindy Hop (Tanzstil aus den 30er-Jahren, Anm.) getanzt. Seither schaffte ich selten mehr als einen Häuserblock weit, heute sitze ich im Rollstuhl", erzählt die Innsbruckerin im Gespräch mit "Heute".
Im September 2022 steckte sich die 33-Jährige mit Corona an: "Ich war mit einer Freundin auf einer Zwei-Tages-Bergtour in den Stubaier Alpen. Vermutlich habe ich mich in der Hütte angesteckt. Wir saßen alle sehr eng beisammen, einige Leute haben gehustet", erinnert sich die ehemalige Bauteilentwicklerin.
„Ich habe es nicht einmal geschafft, Spaghetti zu essen – es war einfach zu viel“
Am Weg ins Tal fühlte sich die Tirolerin noch fit, doch am nächsten Tag zeigten sich erste Symptome: "Es hat sich angefühlt wie eine heftige Grippe. Ich hatte etwa eine Woche lang Kopf- und Gliederschmerzen." Doch dies war erst der Beginn des langen Leidensweges.
Denn, statt wieder vollständig zu genesen, bekam die 33-Jährige Long Covid: "Es hat so angefangen, dass ich mich einmal gesund, dann wieder krank gefühlt habe – es kam in Wellen, teilweise stundenweise." Selbst das Kauen wurde zur großen Anstrengung: "Ich habe es nicht einmal geschafft, Spaghetti zu essen – es war einfach zu viel. Ich habe mich hauptsächlich von Suppen ernährt."
Clarissa S. (33) leidet an Long Covid
33-Jährige ist auf Rollstuhl angewiesen
Nach einer Reha im April 2023 verschlechterte sich der Zustand von Clarissa S.: "Es ist sehr schwer für mich, zu gehen. Stehen kann ich überhaupt nicht. Ich bin daher auf den Rollstuhl und Hilfe, zum Beispiel beim Waschen, angewiesen. Den größten Teil des Tages verbringe ich im Bett. Mein Lebensgefährte pflegt mich, Freunde und Familie unterstützen mich viel. Ohne Hilfe würde es nicht funktionieren."
Neben Long Covid wurde bei Clarissa S. auch das Chronische Fatigue-Syndrom (ME/CFS) und das posturale Tachykardiesyndrom (POTS) festgestellt: "Nach der Diagnose wurde ich von den Fachärzten an meinen Hausarzt verwiesen. Die Hausärzte sind mit Long Covid aber einfach überfordert. Ich musste mich schließlich an private Fachärzte wenden. Die sind oft überlaufen und man hat lange Wartezeiten", meint die 33-Jährige.
„Geräusche in meiner Umgebung, etwa vom Wasserkocher oder vom Geschirrspüler, verschlimmern meine Symptome“
Zuletzt entwickelte sie zudem eine intensive Geräuschsensitivität: "Geräusche in meiner Umgebung, etwa vom Wasserkocher oder vom Geschirrspüler, verschlimmern meine Symptome. Du spürst dann, wie die Energie abgelassen wird und wirst immer schwächer."
Neben der physischen und psychischen Belastung kommt auch noch ein finanzielles Problem hinzu: "Da ich mit meinem Freund in einem Haushalt lebe, wird oft das Haushaltseinkommen gerechnet. Daher bekomme ich keine Mindestsicherung und auch viele Förderungen nicht. Man wird allein gelassen, ich falle durch das soziale Netz", erklärt Clarissa S.
„Ich wollte bei der 'Letzten Generation' mitmachen. Letztes Jahr habe ich es noch geschafft, mich auf die Straße zu kleben“
Die 33-Jährige hat Pflegestufe 2, erhält daher lediglich 192 Euro Pflegegeld pro Monat. Die Maschinenbau-Studentin musste sich daher eine Anstellung suchen: "Sonst wäre ich unversichert. Ich arbeite nur einige Stunden pro Woche, zu 100 % vom Bett aus und oft mit letzter Kraft", berichtet die Tirolerin, die regelmäßig Hausbesuche von einer Physiotherapeutin erhält.
Da ihre Hobbys aufgrund der Erkrankung wegfielen, beschäftigte sich Clarissa S. in den vergangenen 1,5 Jahren viel mit Aktionismus: "Ich habe mich zum Beispiel bei einer Klima-Organisation gemeldet und wollte mitmachen. Letztes Jahr habe ich es noch geschafft, mich auf die Straße zu kleben. Seitdem sich mein Zustand so verschlechtert hat, mache ich nur noch Organisatorisches von zu Hause aus."
Alternativ-Behandlungen sollen helfen
Die Arbeit für die Klima-Organisation ist für die Innsbruckerin enorm wichtig, denn: "Die Klimathematik ist für uns Menschen mit chronischen Erkrankungen enorm wichtig. Die Hitze verstärkt meine Symptome, macht mir zum Beispiel kreislaufmäßig große Probleme. Das Gesundheitssystem ist auch von der Klimakrise bedroht. Das ist mit ein Grund, warum ich mich dafür einsetze."
Hoffnung auf Besserung geben der 33-Jährigen verschiedene (Alternativ-)Behandlungen wie Blutwäsche, Sauerstoff- oder Höhentherapie – diese sind aber sehr teuer: "Eine Blutwäsche kostet 2.000 Euro, sie sollte drei- bis achtmal gemacht werden. Hinzu kommen Ausgaben für Arztbesuche, Medikamente, Blutbefunde und Nahrungsergänzungsmittel. Im vergangenen Monat habe ich dafür 1.500 Euro benötigt", meint Clarissa S.
„Mit Long Covid verschwindest du einfach von der Bildfläche und erscheinst irgendwann nicht mehr“
Da sie in einem Wohnhaus ohne Aufzug lebt, soll auch ein Treppenlift installiert werden. Kostenpunkt: 20.000 Euro. Die Tirolerin hat daher auf "gofundme" eine Spendenkampagne gestartet: "Ich muss eine große finanzielle Last abfedern. Alles, was bei der Spendenkampagne hereinkommt, hilft. Mit Long Covid verschwindest du einfach von der Bildfläche und erscheinst irgendwann nicht mehr. Was Patienten wie mir fehlt, ist, dass die Pharmakonzerne mehr Forschung betreiben und Medikamente testen."
Auf den Punkt gebracht
- Die 33-jährige Clarissa erkrankte im September 2022 an Corona und entwickelte danach Long Covid, das sie an den Rollstuhl fesselte
- Neben finanziellen Herausforderungen kämpft sie mit verschiedenen Symptomen und setzt sich trotzdem aktiv für die "Letzte Generation" ein, da die Klimakrise ihre Gesundheit beeinträchtigt
- Um teure Behandlungen zu finanzieren, startete sie eine Spendenkampagne auf "gofundme"