ORF-Generaldirektor

"Mythos", "noch nicht erlebt" – Weißmann in Offensive

Der ORF wirbt massiv für die Haushaltsabgabe. Sender-Boss Roland Weißmann reagiert auf (blaue) Kritik: "Weiß nicht, warum man 0RF1 abschaffen sollte."

Roman Palman
"Mythos", "noch nicht erlebt" – Weißmann in Offensive
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann bei einem früheren Interview-Termin in der "Heute"-Redaktion. Archivbild 2022.
HEUTE / Helmut Graf

Das Feilschen um das marode ORF-Gesetz nimmt kein Ende. Erst kürzlich wurde die verfassungswidrige Regelung der GIS-Gebühr mit der Schaffung der Haushaltsabgabe, die ab 1. Jänner 2024 alle Österreicher zur Kasse bittet, "saniert". Jetzt ist es schon wieder kaputt!

Vor etwas mehr als zwei Wochen folgte der nächste Paukenschlag: ein weiterer Teil der Rundfunk-Judikation wurde für verfassungswidrig erklärt, nachdem Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil die politische Besetzung des Stiftungsrats kritisiert hatte. "Heute" berichtete.

ORF-Boss reagiert

Die Opposition schäumt – und wittert eine Chance, die Baustelle Haushaltsabgabe wieder aufzureißen. NEOS-Chefin Beate Meinl-Reisinger möchte gemeinsam mit FPÖ und SPÖ das ORF-Gesetz "zurück an den Start" schicken. Und sie wünscht sich, dass der ORF künftig "parteifrei gestellt" werde.

Während der Medien-Moloch am Küniglberg nun eine massive Kampagne zur Eigenwerbung gestartet hat, geht auch ORF-Generaldirektor Roland Weißmann nun in Presse-Interviews auch höchstselbst in die Offensive: "Von allen finanziert zu werden, [...] nehmen wir sehr ernst", erklärte er gegenüber dem "Standard".

Er wolle weiter um die Skeptiker und Gegner der Haushaltsabgabe werben. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir am Ende des Tages eine sehr große Mehrheit erreichen werden und überzeugen können."

Er orientiere sich beim öffentlichen Auftrag an der BBC und deren drei Kernpunkte "Educate, Entertain and Inform" – zu deutsch: "Bilden, Unterhalten, Informieren". So würde der ORF auch Inhalte bieten können, die sich "rein marktwirtschaftlich nicht rechnen".

Wenn man davon etwas wegnimmt, ist es unumkehrbar verloren
Roland Weißmann
ORF-Generaldirektor

Als Beispiel nannte Weißmann dabei etwa Frauenfußball oder die Übertragungen der Nationalratssitzungen aus dem Parlament. "Wenn man davon etwas wegnimmt, ist es unumkehrbar verloren. Niemand wird diese Lücken schließen."

"Dafür gibt es einen öffentlichen Rundfunk. Wie viel Geld wir brauchen, um diesen diesen öffentlichen Auftrag zu erfüllen, wird von der Medienbehörde geprüft."

Keinen "zusammengestutzten ORF"

Einer möglichen FPÖ-geführten Regierung, die die Haushaltsabgabe eventuell ziemlich schnell wieder abschaffen könnte, blickt der ORF-Boss gelassen entgegen: "Man soll sich nicht für die Führung des ORF bewerben, wenn man ein Hasenfuß ist." Er werde als Generaldirektor aber immer dafür kämpfen, den ORF in seiner Vielfalt und Breite zu erhalten.

"Ein zusammengestutzter ORF, manche sage dazu 'Schärfung des Auftrags', ist wohl nicht im Sinne des Verfassungsgerichtshofs", hält er blauen Kürzungsdrohungen dagegen.

Weißmann geht auch mit der Ansicht, dass ein Großteil des Programms von ORF 1 auf Wiederholungen US-amerikanischer Sitcoms bestehe, scharf ins Gericht: "Das ist inzwischen ein Mythos", sagt er. Seit 2022 würde man keine solchen Serienrechte mehr einkaufen, habe aber noch Verträge, die abgespielt werden müssten. Mittlerweile sei der Fokus wieder stark rot-weiß-rot: "Wir haben fünf von sieben Hauptabenden die Woche mit österreichischen Eigenproduktionen programmiert." Und: "Warum man ORF 1 abschaffen sollte, weiß ich wirklich nicht."

Bezüglich der politische Reparatur der ORF-Gremien, die bis März 2025 geschehen muss, sieht Weißmann sich (noch) nicht in direkter Handlungsverantwortung: "Der Ball liegt hier eindeutig beim Gesetzgeber." 

Mein Job ist es nicht, Parteien glücklich zu machen.
Roland Weißmann
ORF-Generaldirektor

In Richtung der Politik hat er auch noch eine andere Botschaft: "Mein Job ist es nicht, Parteien glücklich zu machen. Ich werde meine ganze Kraft dafür einsetzen, dass wir weiterhin unabhängig und ausgewogen berichten können."

"Noch nicht erlebt"

Aber auch Aktuelles im Weltgeschehen beschäftigt den Küniglberg-Boss. Wegen des Nahost-Konfliktes habe er den ORF-Kundendienst extra aufgestockt, um die pro Woche mittlerweile rund 100.000 Kommentare auf den Social-Media-Kanälen zu bearbeiten, "weil wir das alles auch beantworten wollen und strafrechtlich relevante Postings löschen müssen". Das Ausmaß sei enorm: "In dieser Dimension haben wir das noch nicht erlebt."

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