Niederösterreich
Mutter von Leonie (13): "Sie war mein geliebter Rebell"
"Heute" durfte mit Pflegerin Melanie P. (40) und Notfallsanitäter Hannes W. (39) sprechen - die Eltern haben ihre geliebte Leonie (13) verloren.
Im naturbelassenen Garten eines großen Hauses mit Fischteich in Tulln an Donau (NÖ) saßen am Mittwochnachmittag Pflegerin Melanie P. (40) und Notfallsanitäter Hannes W. (39), die 16-jährige Tochter sowie deren Freund – tief traurig, aber unglaublich tapfer und ehrlich erzählten sie über ihren geliebten "Rebell“ Leonie (13), deren Umfeld und Probleme sowie die letzten, furchtbaren Tage rund um das Gewaltverbrechen. Mit dabei war sonst nur Opferanwalt Florian Höllwarth, der für die trauernde Familie da sein will.
Wie lernten Sie Ihren Mann Hannes kennen und wo wuchs Leonie auf?
"Ich lernte Hannes 2004 über einen Bekannten kennen und lieben. Ganz kurz führten wir eine Fernbeziehung, dann zog er zum mir nach Nürnberg. Wir heirateten, aber ich behielt meinen Nachnamen. Leonie bekam den Namen meines Mannes. Leonie wuchs die ersten beiden Lebensjahre in Mittelfranken, also in Nürnberg, auf."
Und dann?
"Da die Schwiegermutter 2009 Krebs hatte, mussten wir ständig nach Wien reisen. Wir entschieden uns überhaupt gleich nach Wien zu ziehen. Am Anfang nach Wieden, danach in die Donaustadt. Unsere 3-Zimmer-Wohnung lag nur 500 Meter von Leonies Fundort entfernt."
Wie haben Sie Ihre Kinder erzogen?
"Wir haben unsere Kinder ohne jegliche Gewalt und schon früh auf Selbstständigkeit erzogen. Ich arbeite 30 Stunden in der mobilen Pflege, Hannes 40 Stunden als Notarztsanitäter bei einer großen Blaulichtorganisation. Die Zwillinge sind schon fertig mit der Tischlerlehre, werden jetzt aber auch Sanitäter wie der Vater. Der Rest geht noch zur Schule, wie zuletzt auch Leonie."
Wer waren ihre Freunde?
"Sie hatte ältere Freunde. Mit ihrer besten Freundin (15) machte sie alles, machte ihr auch viel nach. Oft zog es Leonie noch in ihre Heimat Donaustadt, was absolut verständlich ist."
Leonie soll mehrmals abgängig gewesen sein... stimmt das?
"Ja, drei Mal kam sie nicht heim, ich machte sofort Anzeigen bei der Polizei. Vor gut einem Jahr schaltete ich freiwillig die Jugendwohlfahrt ein und das funktionierte gut. Ich musste mich ja auch rechtlich absichern. Einmal war sie in einem Krisenzentrum in Hollabrunn – eine Woche lang. Da war sie dann wieder heilfroh, zu Hause zu sein. Die Exekutive hat die Anzeigen nicht immer freundlich aufgenommen."
Was geschah am Freitag?
"Sie war mit ihrer besten Freundin unterwegs, sollte eigentlich um 21 Uhr zu Hause sein. Erst in der Vorwoche hatten wir wegen des Nachhause-Kommens einen kleinen Streit und ich sagte, ich könne auch strenger sein. Wir haben dann WhatsApp geschrieben, sie fragte, ob sie erst um 22 Uhr kommen dürfe, ich willigte ein. Als Leonie nicht nach Hause kam, fragte ich sie nochmal per WhatsApp: "Kommst Du noch heim?“ Leonie antwortete : "Nein!"
Wann haben Sie dann Anzeige erstattet?
"Samstagfrüh erfuhren wir, dass die Freundin vor Mitternacht bereits daheim war, aber eben ohne Leonie. Dann erstatte ich Abgängigkeitsanzeige. Am Nachmittag las ich vom Leichenfund in Wien-Donaustadt in diversen Medien. Ich dachte an eine Freundin meiner ältesten Tochter. Es hieß ja das Opfer sei 18 oder noch älter. Ich dachte überhaupt nicht an Leonie..."
„"Ein Freund sah mein Kind noch um 2 Uhr am Donaukanal", sagt die Pflegerin.“
Wann war das letzte Lebenszeichen?
"Per WhatsApp eben am Freitag spät abends. Später habe ich erfahren: Ein Freund (15) von Leonie hatte meine Tochter noch am Samstag um 2 Uhr am Donaukanal gesehen. Es war ein junger Ausländer bei ihr, vermutlich der 16-Jährige. Der Freund dachte sich nichts dabei. Denn ich bin sicher: Wäre es der Ältere gewesen, hätte er Leonie angesprochen."
Wann kamen Sie auf Leonie?
"Am Sonntag erkannte ich Leonie an der Beschreibung, vor allem an der markanten Augenfarbe und am Pulli, der Hose und Nike-Sneakers. Ich rief sofort die Polizei an und schrie den armen Beamten hysterisch an, er möge die Bilder sofort abgleichen. Am Nachmittag kam dann das Landeskriminalamt Wien. Eine einfühlsame Frau zeigte die Fotos, allerdings war ich nicht in der Lage, die Zwillinge übernahmen schließlich die schwere Aufgabe. Und dann war es traurige Gewissheit."
Und dann?
"Dann fuhr ich die LKA-Dame an, wie es sein könne, dass meine Tochter auf 18 oder älter geschätzt werde. Die Dame rief sofort in der Pathologie an. Sie hatte Verständnis für meinen Gemütszustand. Und dann weinten wir nur noch."
„Mutter sagt: "Wenn ich aufwache, ergibt alles keinen Sinn"“
Wie geht es Ihnen jetzt?
"Ich liege oft am Sofa und bekomme keine Luft mehr. Mein Mann und ich essen kaum. Heute habe ich mir Astronautennahrung besorgt und wir ließen uns krank schreiben. Schlafen tun wir maximal stundenweise und wenn ich aufwache, ergibt alles keinen Sinn."
Wie geht es dem Rest der Familie?
"Mein Mann, sehen Sie selbst, ist völlig fertig. Meine jetzt einzige Tochter geht oft zu Leonies Schule und schaut sich die Kerzen und Blumen an. Sie kontrolliert auch die Gedenkstelle in der Donaustadt. Erst heute ist Leonies Foto, welches wir vor dem Baum, an dem sie gefunden worden war, aufgestellt hatten, verschwunden. Der jüngste Sohn will seine Ruhe. Und wir wollen nicht auf der Straße angequatscht werden, darum gehen wir wenig vor die Türe."
Sie wirken bemerkenswert gefasst, erzählen ruhig und unglaublich tapfer....
"Na ja, die letzten zwei Tage hätten Sie mich nicht erleben dürfen. Die Wut wird jetzt immer stärker. Warum war der Typ überhaupt noch im Land? Wo war die Politik? Warum wurde der nicht abgeschoben? Meine Kleine hat einem 16-Jährigen vertraut, der sie vermutlich zum Älteren in die Wohnung mitnahm und das war ihr Todesurteil.“
Haben Sie mit Leonie über Drogen gesprochen?
"Ja, denn wir hatten ein ehrliches Verhältnis. Ich wusste, dass sie zeitweise Zigaretten raucht. Aber ich habe ihr stets gesagt, sie solle es mir sagen, falls sie mal einen Joint oder was versucht. Und ich bin sicher, das hätte sie getan. Also ich bin überzeugt, dass sie keine Drogen nahm."
„"Meine Kinder brauchen mich jetzt – mehr denn je", sagt Mutter Melanie P. (40)“
Was denken über die Verdächtigen?
"Was ich mir wirklich über diese Typen denke, sage ich besser nicht. Mir ist aber auch klar, dass mich meine restlichen vier Kinder jetzt brauchen – mehr denn je."
Wann wird Leonie verabschiedet?
"Die Leiche ist noch nicht freigegeben. Meine geliebte Leonie wird in einem weißen Sarg mit weißen und roten Blumen verabschiedet. Dann wird sie verbrannt und wir werden die Urne zu Hause aufstellen, damit sie immer bei uns ist."
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