Mordprozess

"Mutter beleidigt" – dann stach er am Kebab-Stand zu

Ein Streit zwischen Fremden endete in Wien-Margareten tödlich: Das Opfer habe seine Familie beleidigt, rechtfertigte sich der Angeklagte vor Gericht.

Christian Tomsits
"Mutter beleidigt" – dann stach er am Kebab-Stand zu
Der Angeklagte mit seinem Anwalt Rudi Mayer im großen Schwurgerichtssaal in Wien.
Denise Auer

Ein Streit zwischen zwei Männern bei einem Kebab-Lokal in Wien-Margareten endete am 4. Jänner tödlich. Ein 24-Jähriger war auf offener Straße vor Augenzeugen rückwärts "wie ein Stein", zusammengesackt. Als Polizisten unter der Winterjacke Einstichstellen am Oberkörper fanden, war das Opfer bereits verblutet. Der Tatverdächtige, der erst nach drei Wochen Flucht geschnappt wurde, musste sich nun wegen Mordes vor Gericht verantworten.

"Sie bereuen die Messerstiche zutiefst, stimmts?", stellte sein Verteidiger-Legende Rudi Mayer gleich zu Beginn der Verhandlung mit Nachdruck klar. "Ja, natürlich", stammelte Abdul A. (28), der 2015 nach Österreich gekommen war und von der Mindestsicherung lebte. Auch wenn er es wohl nie zurückzahlen wird können, akzeptierte er das Trauerschmerzensgeld der Hinterbliebenen in der Höhe von 60.000 Euro.

Ein Augenzeuge der Tat im "Heute"-Gespräch

Doch dann legte Afghane in seiner Aussage los: Er habe das Opfer "nur schwer verletzten" wollen. Der Grund: Der 24-Jährige, der am Abend gegen 22 Uhr betrunken zu einem Kebab-Lokal in der Reinprechtsdorfer Straße getorkelt war und lautstark herum gepöbelt hatte, habe beim Angeklagten "eine rote Grenze überschritten."

"Er hat meine Mutter beschimpft und auch Gott", erklärte der Afghane seinen eigenen Wertekodex. Mann könne ihm über 100 Watschen geben und er bliebe friedlich. Aber als man seine Mutter beleidigte, da "explodiert mein Kopf". Er sei ein guter Boxer, "ich habe beim Boxautomat einen Wert von 855 – wenn ich zweimal zuschlage, sind zwei Monate Koma hundert Prozent sicher", tönte er und bekannte sich zur schweren Körperverletzung schuldig – nicht aber zum Mord. 

Denn das Opfer habe eigentlich das Messer gezückt und er habe sich nur gewehrt. "Ich war in Afghanistan Polizist und konnte deshalb den Angriff abwehren und dem Mann das Messer abnehmen. Dann habe ich zugestochen", führte er aus. Warum er mit dem Messer mehrmals und mitten ins Herz gestochen habe, fragte die Richterin. "Ich habe selber keine Antwort darauf", zuckte der Angeklagte mit den Schultern. Ob er mit dieser Version der Verantwortung die Geschworenen überzeugen kann – unklar. Das Urteil: 20 Jahre Haft für Mord – nicht rechtskräftig.

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