Müllballons landen in Südkorea

Müllsackerl statt Atombomben: Nordkoreas dreckige Waffe

150 Ballons mit Müllsackerl sind seit Dienstagnacht in Südkorea gelandet. Das Militär spricht von "Völkerrechtsbruch" und "unmenschlichen Aktionen".

Nick Wolfinger
Müllsackerl statt Atombomben: Nordkoreas dreckige Waffe
Südkoreas Militär warnt die Bevölkerung der Grenzregionen vor Aktivitäten im Freien
via REUTERS

Seit Jahrzehnten macht die kommunistische Diktatur Nordkorea vor allem durch die Drohung, Atomwaffen gegen seine Feinde einzusetzen, von sich reden. Das Land ist daher seit langem von westlichen Ländern wie den USA und der EU mit Sanktionen belegt – schottet sich aber auch sonst weitgehend ab. Die Grenze zum demokratischen Südkorea gleicht jener der damaligen DDR zu Westdeutschland – ist also ohne Sondergenehmigung nur unter größter Lebensgefahr überquerbar.

In dieser modernen Interpretation des "Kalten Kriegs" genügt schon eine Kleinigkeit, um die Emotionen hochkochen zu lassen. Vor allem auf nordkoreanischer Seite, das dann schnell einmal Langstreckenraketen vor der Küste Japans ins Meer schießen lässt oder inflationär mit Atombomben droht.

Normalerweise sehen nordkoreanische "Grußbotschaften" an seinen südlichen "Bruder" eher so aus
Normalerweise sehen nordkoreanische "Grußbotschaften" an seinen südlichen "Bruder" eher so aus
Kim Jae-Hwan / Zuma / picturedesk.com

Müllballons für Südkorea "Verstoß gegen das Völkerrecht"

Es soll also nix schlimmeres passieren, als wenn die Atommacht jetzt mit Müllsackerl "angreift". Denn seit Dienstagnacht hat das südkoreanische Militär diese neue "Bedrohung" identifziert: Überdimensionale Luftballons, an denen Plasticksackerl voller Müll angehängt sind. Mit Stand Mittwochfrüh waren es bereits 150. In manchen der Sackerl sollen auch Fäkalien gewesen sein.

Die südkoreanische Reaktion erfolgte umgehend: "Nordkoreas Aktionen verstoßen eindeutig gegen das Völkerrecht und bedrohen ernsthaft die Sicherheit unserer Bürger", ließ der Generalstabschef der südkoreanischen Armee ausrichten und fügte hinzu: "Wir warnen Nordkorea eindringlich, seine unmenschlichen und niederträchtigen Aktionen sofort einzustellen".

Südkorea warnt Nordkorea, umgehend mit den "unmenschlichen Aktionen" aufzuhören
Südkorea warnt Nordkorea, umgehend mit den "unmenschlichen Aktionen" aufzuhören
HANDOUT / AFP / picturedesk.com

Die Lokalbehörden verschickten Warnungen an die Bewohner der nördlichen Provinzen Gyeonggi und Gangwon, um vor den "unbekannten Objekten" zu warnen und von Aktivitäten im Freien abzuraten.

Müllsackerl sind nordkoreanische "Vergeltungsaktion"

Laut dem nordkoreanischen Staatsfernsehen KCNA sei die Aktion eine "Vergeltungsmaßnahme" für südkoreanische Aktivisten (zum Teil selber Flüchtlinge aus Nordkorea) gewesen, die häufig Material in den Norden schicken – darunter "Propagandaflugblätter", Lebensmittel, Medikamente, Radios und USB-Sticks mit südkoreanischen Nachrichten und Fernsehserien, die in der isolierten totalitären Diktatur allesamt verboten sind.

"Das Verstreuen von Flugblättern mithilfe von Luftballons ist eine gefährliche Provokation, die für konkrete militärische Zwecke genutzt werden kann", sagte Kim Kang Il, Nordkoreas stellvertretender Verteidigungsminister, wie KCNA am Sonntag berichtete. Aus Angst vor kriegerischen Konsequenzen hatte Südkoreas Regierung solche "provokanten" Aktionen eigentlich schon im Jahr 2020 verboten.

Müllsackerl statt Atombomben?

So gesehen kann man fast schon hoffen, dass es sich bei den nun aufgetauchten Ballons voller Müll und Propagandamaterial um einen grundlegenden Strategiewechsel handelt. Die seit Generationen in Kriegsangst lebenden Südkoreaner würden sicher lieber noch tausende weitere Müllballons von der Straße kehren, statt offener Kampfhandlungen mit dem millionenstarken nordkoreanischen Militär.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • 150 Ballons mit Müllsackerl sind in Südkorea gelandet, was zu Spannungen zwischen Nord- und Südkorea geführt hat
    • Nordkorea betrachtet dies als Vergeltungsmaßnahme für südkoreanische Aktivisten, die Materialien in den Norden schicken
    • Die südkoreanische Regierung warnt vor den "unbekannten Objekten" und bezeichnet die Aktion als Verstoß gegen das Völkerrecht
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