Noch vor wenigen Tagen war diese Wohnung ein Ort des Grauens. Ein tödlicher Streit eskalierte, Blutspuren wurden gesichert, Ermittler durchkämmten jeden Winkel auf der Suche nach Antworten. Jetzt ist sie wieder online – frisch geputzt, als wäre nie etwas geschehen.
Die Anzeige klingt harmlos: "Charmante Wohnung mit Balkon, perfekt für Städtereisende und Messebesucher." Doch wer hier bald eincheckt, schläft vielleicht genau dort, wo wohl vor nicht einmal einer Woche das Leben eines Menschen endete.
Am Dienstagabend kam es im grünen Prater zu einem schrecklichen Vorfall. Ein Streit im Drogenrausch eskalierte – dann die tödliche Attacke. Als die Polizei eintraf, bot sich ihnen ein erschreckendes Bild. Blutflecken, umgestürzte Möbel, Spuren eines Kampfes. Die Ermittler sicherten Beweise, suchten nach Hinweisen, versiegelten den Tatort.
Wer die Wohnung betritt, kann sich kaum vorstellen, was hier vor wenigen Tagen passiert ist. Wo jetzt frisch überzogene Kissen auf dem Sofa liegen, könnten noch vor Kurzem dunkle Flecken den Boden bedeckt haben.
Damit das Apartment so schnell wieder online gehen konnte, mussten sicherlich Spezialisten ans Werk. Tatortreiniger müssen in den vergangenen Tagen vermutlich ganze Arbeit geleistet haben, um jede Spur des Verbrechens zu beseitigen: Wände wurden gereinigt, Möbel überprüft, möglicherweise wurde sogar der Boden erneuert.
Das Geschäft mit Tatortreinigungen ist diskret – und effektiv. Ziel ist es, jede Erinnerung an das Geschehene auszulöschen. Doch kann ein Raum, in dem ein Mensch brutal ums Leben kam, jemals wirklich wieder "neutral" sein?
Offiziell gibt es keine Bestätigung, dass es exakt dieselbe Wohnung ist. Doch die Adresse, die Einrichtung, die Bilder – alles deutet darauf hin, dass es sich um die gleiche oder eine baugleiche Unterkunft handelt.
Ob bewusst oder unbewusst – solche Orte üben auf manche Menschen eine makabere Faszination aus. Auf True-Crime-Foren gibt es Berichte über Reisende, die absichtlich in Unterkünften mit dunkler Vergangenheit übernachten. Manche aus Neugier, andere, um die Atmosphäre eines echten Tatorts zu spüren.
Dass diese Wohnung nun wieder auf online ist, könnte genau diese Art von Gästen anziehen. Ein Apartment mit Geschichte – wenn auch einer, die lieber nicht erzählt werden sollte.
Die Plattform macht es einfach: Ein Klick – und ein Tatort wird zur Urlaubsunterkunft. Wer diese Wohnung mietet, wird nichts über das Geschehene erfahren. Es gibt keine Kennzeichnung, keine Warnung, keine Möglichkeit, sich zu informieren.
Der Fall in Wien zeigt erneut, wie schnell der Alltag zurückkehrt – selbst an Orten, die noch vor wenigen Tagen von Absperrbändern umhüllt waren. Wer am Montag als neuer Gast einzieht, wird wohl nie erfahren, was in dieser Wohnung wirklich geschehen ist.
Hilfe bei Gewalt: Diese Anlaufstellen sind für Sie da
Wenn Sie von Gewalt betroffen sind oder sich bedroht fühlen, stehen Ihnen verschiedene Anlaufstellen in Wien zur Verfügung, die Unterstützung und Schutz bieten:
Frauenhelpline: 0800 222 555 (rund um die Uhr, anonym und kostenlos) Gewaltschutzzentrum: 0800 700 217 (Beratung und rechtliche Unterstützung)
Opfer-Notruf: 0800 112 112 (Hilfe und Informationen für Gewaltopfer)
Notruf des Vereins Wiener Frauenhäuser: 05 77 22 (Unterstützung und Schutzunterkünfte für Frauen)
Polizei-Notruf: 133 (sofortige Hilfe in akuten Gefahrensituationen)
Scheuen Sie sich nicht, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Sie sind nicht allein!