Klimaschutz

Montreal-Gipfel COP15 soll Artensterben stoppen

Am Mittwoch startet die 15. Weltnaturkonferenz in Montreal. Ein globaler Pakt, um das Artensterben bis 2030 zu stoppen, soll erarbeitet werden.

Lydia Matzka-Saboi
Regenwald im Yasuni Nationalpark in Ecuador. Alle zwei Sekunden wird weltweit eine Waldfläche von der Größe eines Fußballfeldes zerstört. Das treibt die Klima- als auch die Artenkrise weiter an.
Regenwald im Yasuni Nationalpark in Ecuador. Alle zwei Sekunden wird weltweit eine Waldfläche von der Größe eines Fußballfeldes zerstört. Das treibt die Klima- als auch die Artenkrise weiter an.
Science Photo Library / picturedesk.com

Das massenhafte Artensterben ist wie die Klimakrise eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Und so soll auch Montreal als Austragungsort der UNO-Artenschutzkonferenz (COP15) das Pendant zu Paris werden, und wie dort 2015 der Klimavertrag aus den Verhandlungen hervorging, soll nun ein Rahmenabkommen dem weltweiten Artensterben Einhalt gebieten.

Weltweit sind Tiere und Pflanzen bedroht. Nur mehr 15 Prozent der globalen Wälder sind noch intakt, nur drei Prozent der Weltmeere sind ohne menschlichen Einfluss geblieben. Diese massiven Eingriffe in Lebensräume haben fatale Auswirkungen: Täglich sterben laut der Umweltschutzorganisation Greenpeace weltweit 150 Tier- und Pflanzenarten aus.

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Bereits eine Million von insgesamt acht Millionen existierenden Arten könnten schon in den nächsten Jahrzehnten ausgerottet sein. Darunter etwa der Afrikanische Elefant, dessen Art bereits 2040 ausgestorben sein könnte. Um dieses Artensterben einzudämmen, soll bei der Weltnaturkonferenz in Kanada über Lösungen beraten und entschieden werden.

30 Prozent Land und Meer bis 2030 unter Schutz

Die 15. Weltnaturkonferenz der Vereinten Nationen (COP15) findet vom 7. bis zum 19. Dezember in Montreal (Kanada) statt. Ziel der COP15 ist der Schutz von mindestens 30 Prozent der Landflächen und Meere bis spätestens 2030, kurz 30x30-Ziel genannt. Dafür sind möglichst klar definierte Artenschutzziele der Vertragsstaaten nötig.

Letztendlich wird es aber auch bei der Artenschutzkonferenz wie bei der Klimakonferenz COP27 in Ägypten um die Finanzierung dieser Vorhaben gehen. Was in einem Fall die Klimaschutzziele ("Nationally Determined Contributions", NDCs) sind, sind beim Erhalt der Biodiversität die nationalen Strategien- und Aktionspläne (NBSAP) der Vertragsstaaten, also die jeweiligen Biodiversitätsstrategien.

Vorreiter EU, Bremser Argentinien und Brasilien

Auch Österreich hat auf Basis der EU-Vorgaben eine solche Strategie erstellt, der Beschluss im Ministerrat ist allerdings noch ausständig. Österreich wird mit einer Delegation des Umweltministeriums nach Kanada reisen. Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) wird wie zuvor bei der UNO-Klimakonferenz in Ägypten in der zweiten Woche teilnehmen.

Gewessler sieht in einem Statement gegenüber der APA keine einfachen Vorzeichen: Die EU stehe zwar für ambitionierte Ziele, die nun auch global verankert werden sollen, "aber es gibt eben auch viele Bremser – die weiterhin die rücksichtslose Ausbeutung unserer Natur vorantreiben. Und dabei zukunftsvergessen die eigene Lebensgrundlage zerstören. Das sind schwierige Voraussetzungen für eine Einigung", lautet ihre Einschätzung.

In Montreal wird die EU wie bei UNO-Klimakonferenzen als Block verhandeln. Der WWF warnte bereits, dass dem "Vorreiter" womöglich die beiden "Bremser" Argentinien und Brasilien gegenüber stehen könnten. Allgemein wird davon ausgegangen, dass sich wie bei der COP27 in Ägypten auch in Kanada wieder die Kluft zwischen Ländern des Nordens und des Südens offenbaren und so auch erneut wieder die Finanzierungsfrage gestellt werden wird.

China, als eigentlicher Gastgeber, sollte hingegen laut Meinung von WWF eher die neutrale Position einnehmen. Denn in Montreal beginnt der zweite Verhandlungsteil der CBD-COP-15, die im Oktober 2021 – vor allem online – im chinesischen Kunming ihren Anfang genommen hat. China behält auch in Kanada den Vorsitz.

Greenpeace warnt vor Scheinlösungen

Greenpeace Österreich warnte vor der Konferenz vor "falschen" Lösungen, die Finanzierung von "Offsets" (Klimakompensation) etwa könnte mittels "nature-based solutions" (naturbasierte Lösungen) ermöglicht werden. Die NGO bezeichnete ein derartiges Vorgehen als "Scheinlösung", die zumindest unwirksam, aber auch gefährlich sein könnte, da sie von echten Lösungen ablenke.

Als Beispiel für "naturbasierte Lösungen" nannte Greenpeace etwa, dass ein Kohlekraftwerksbetreiber seine Klimaneutralität dadurch erreichen könnte, indem er die in seinem Betrieb ausgestoßenen Emissionen durch Investitionen in Wälder kompensiert, die in Summe dieses CO2 wieder einsparen. Das Resultat: Weiterhin kann CO2 in die Atmosphäre ausgestoßen werden, auf dem Papier kann der Betreiber jedoch eine "Netto-Null" vorweisen. Unter dem Begriff "Offsets" würden laut der NGO solche Tauschgeschäfte im aktuellen Entwurf des Abkommens als mögliche Finanzierungsquelle zum Schutz der Artenvielfalt zu finden sein.

Aus Sicht von Greenpeace müsse jedoch echte Kompensation geleistet werden und der globale Süden so mindestens 100 Milliarden US-Dollar für den Schutz der Artenvielfalt erhalten. Diese Länder seien bereits jetzt stärker von der Artenkrise betroffen, so Greenpeace, und daher sollten analog zu den Klimaschäden auch die historisch verantwortlichen Länder des globalen Nordens den Großteil der Finanzierung tragen.