Steigende Temperaturen, steigende Emissionen. Österreich hat seit 670 Tagen kein Klimaschutzgesetz, "wird seine Klimaziele gravierend verfehlen", sagt Reinhard Steurer, Professor für Klimapolitik an der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU), im "Heute"-Interview. "Österreich ist nach wie vor gut im Scheinklimaschutz und schlecht darin, Emissionen angemessen zu reduzieren."
So gut wie nichts zur Vermeidung von Emissionen und bestenfalls weitere finanzielle Zusagen für den längt versprochenen und nach wie vor nicht ausreichend dotierten Klimafonds. Bei der Kompensation von Klimakrisen-Schäden erwarte ich mir kaum Bewegung, oder leere Versprechungen.
„"Mit anderen Worten: wir geben weiter Vollgas auf der Überholspur in die Klimakatastrophe, aber mit einer kleinen Autoapotheke für jene, die sehr früh am meisten verlieren."“
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Das Sponsoring von Coca Cola wird sogar noch davon überboten, dass die PR der COP27 von einer Agentur gemacht wird, die zugleich für die Fossilindustrie arbeitet.
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Das bringt den eigentlichen Sinn der Klimakonferenzen ganz gut auf den Punkt: es geht nicht primär darum, das Problem konsequent zu lösen, koste es was es wolle. Es geht primär darum, unseren fossilen Lebensstil sehr schonend umzubauen, möglichst so, dass niemand etwas davon merkt. Das wird leider nicht funktionieren. Entweder wir verlieren ein lebenswertes Klima oder wir sind bereit, klimaschädliche Konsumgewohnheiten in Frage zu stellen.
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Internationale Klimakonferenzen sind für die Lösung des Problems zwar nötig, aber sie müssten mit einer anderen Ernsthaftigkeit abgehalten werden. Diese Ernsthaftigkeit wird erst möglich werden, wenn der Erfolgsdruck auf Regierungen in vielen Staaten deutlich größer wird, d.h. wenn WählerInnen und Medien ernsthaft Lösungen einfordern und Regierungen dafür zur Rechenschaft ziehen, was sie international und national erreicht haben.
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Bislang ist meist das Gegenteil der Fall: eine Mehrheit der Wählerschaft belohnt Regierungen dafür, dass sie möglichst wenig möglichst langsam ändern – auf Kosten unserer Zukunft. Genau dieser Geist spiegelt sich dann auch bei Klimakonferenzen wider. Man kann global nur das ernten, was zu Hause gesät wurde.
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Die Klimapolitik Österreichs ist in den letzten Jahren zwar besser als das gewesen, was wir davor hatten, aber sie bleibt weit hinter den eigenen Zielsetzungen zurück.
Obwohl sich schon jetzt abzeichnet, dass Österreich sein Klimaziel für 2030 gravierend verfehlen wird, findet mangels Klimaschutzgesetz keine Kurskorrektur statt.
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Somit ist klar: Österreich ist nach wie vor gut im Scheinklimaschutz und schlecht darin, Emissionen angemessen zu reduzieren. Zum Scheinklimaschutz gehört auch so zu tun, als wäre man auf einem guten Weg, während man die eigenen Ziele verfehlen wird.
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Die österreichische Delegation wird die klimapolitischen Fortschritte gut verkaufen und die Defizite konsequent verschweigen oder schönreden, bestenfalls behutsam aber wenig konkret ansprechen. Einzig die JugendvertreterInnen werden mit Klartext dagegenhalten. Da nicht Österreich sondern die EU Vertragspartei im Paris-Abkommen ist, wird dieser Schwindel kaum auffallen.
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Vermutlich eine andere Regierung. Ich sage das nicht leichtfertig, aber die letzten zwei Jahre haben leider einmal mehr gezeigt, dass ernsthafter Klimaschutz, der die von der Regierung selbst gesteckten Ziele tatsächlich erreichen kann, mit dieser ÖVP nicht möglich ist.
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Ob es mit der SPÖ besser gehen würde, ist ebenfalls zu bezweifeln. Insofern bräuchte es ein klares Bekenntnis zu wirksamen und teils auch unangenehmen Maßnahmen unter einer Mehrheit der Bevölkerung, das Druck auf politische Parteien ausübt. Dieses Umdenken setzte 2019 ein, wurde dann aber leider durch die Pandemie ausgebremst. Diese Dynamik müsste bald wieder zurückkommen, um das Schlimmste noch abwenden zu können.
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Vielen lieben Dank für das Gespräch!