"Sie haben mein Bett, die Couch und meine Bilder zerschnitten", sagt Jochen H., der als Travestiekünstler Andrè Cartier heuer sein 40-jähriges Bühnenjubiläum feiert. Aufgewachsen in Scheibbs (NÖ), wo er seine Jugend verbrachte, zog H. an den Wiener Stadtrand, wo er immer noch lebt.
"In der Nacht vom 21. auf den 22. Februar kam ich von einem Auftritt nachhause, als ich Licht in meiner Wohnung bemerkt habe", erinnert sich H. und erzählt gegenüber "Heute", dass er noch die Türe aufsperrte und dabei Stimmen in seiner Wohnung hörte:
"Do kummt ana!" – als H. das hört, sperrt er sofort von außen die Türe zu und bringt sich in Sicherheit. Er alarmiert die Polizei, die innerhalb von Minuten eintrifft und mit Spürhunden nach den Tätern sucht. Spuren werden gesichert, Straßen werden abgesperrt und H. weiß zunächst nicht, was passiert ist.
Erst etwas später erfährt er, dass Unbekannte über die Terrasse eingestiegen waren und versucht haben möglichst viel Schaden anzurichten. "Weil ich zu früh heimgekommen bin, haben sie es nicht mehr geschafft, meine Küche und das Klo zu zerstören."
"Überall sonst haben sie zerstört, was sie konnten. Sie haben Laden und Schränke aufgerissen und alles mit Lack besprüht. Das große schwarze Hakenkreuz an der Wand hat mich besonders getroffen", sagt H. zu "Heute".
Eine Häufung von Raubüberfällen, ähnlich wie bei H., hatte vor wenigen Tagen zu einer großen Polizeiaktion geführt. Am 21. März führten etwa 400 Einsatz- und Spezialkräfte der Polizei insgesamt 26 Hausdurchsuchungen in sieben Bundesländern durch. Dabei fanden sie auch NS-Devotalien.
Bisher wurden in diesem Fall 18 Personen festgenommen, während die Ermittlungen weiter laufen. Österreichs Innenminister, Gerhard Karner (ÖVP) sprach von einer "nach derzeitigem Ermittlungsstand überaus brutalen und menschenverachtenden Tätergruppe".
"Ich weiß nicht, was ich dazu denken soll", sagt Jochen H. und ergänzt: "Schön ist das Leben aber gerade nicht." Schon 2022 gab es eine Attacke auf ihn: "Ihr Schwuchteln, gehört vergast", hätten Jugendliche entgegengeschrien, die zuvor sein Fenster mit Steinen zertrümmert hatten. Damals wollte H. noch "das Schöne an der Menschheit sehen" und machte keine Anzeige.
"Wir leben im Jahr 2025. Irgendwann muss dieser Scheiß doch aufhören", sagt H., dem seine Versicherung einen vermuteten Sachschaden von rund 36.000 Euro attestiert hat. "Sie haben auch einen kleinen Tresor aus der Wand gerissen, den Schmuck meiner kürzlich verstorbenen Mutter mitgenommen, was mich besonders schmerzt."
"Menschen wie ich stehen anscheinend auf den Listen dieser Menschen. Ja, ich habe eine andere Sexualität und einen anderen Beruf, aber ich tue keinem Menschen etwas", sagt H., der seinen Fall selbst an die Öffentlichkeit brachte. "Ich würde mich freuen, wenn jetzt in einem der größeren Fälle herauskommen sollte, dass diejenigen, die meine Wohnung zerstört haben, schon festgenommen worden sind."
Jochen H. mag seine Wohnung am Stadtrand und die Nachbarn in seinem Haus: "Alle haben mir Hilfe angeboten, als sie erfahren haben, was passiert ist. Deshalb glaube ich nicht, dass es Leute meiner Stiege waren." Die Wohnhausanlage aber, erzählt H., sei schon einmal in die Medien geraten, weil dort 2010 mehr als 63 Prozent der Menschen rechts gewählt hatten. Als Travestiekünstler wohnt H. im stärksten blauen Wahlsprengel von Wien – und will dort nicht weg.
"Ich werde mich von niemandem vertreiben lassen, egal wer das versucht", sagt H., der sicher ist, dass die Polizei ihre Arbeit tun wird. Einen Pfefferspray in der Tasche geht H. weiterhin um die Ecke einkaufen.
Seine Wohnung hat er aber zum "Fort Knox" umgebaut, wie er sagt, die Fenster und Türen bleiben auch untertags verriegelt. Und H. bleibt kämpferisch: "Diese Scheißhäuser können mir keine Angst machen."