Wien

Missbrauch im Kindergarten: "Er hat Luca wehgetan"

Ein Pädagoge eines Penzinger Kindergartens soll Kleinkinder missbraucht haben. Eine betroffene Mutter kritisiert nun das Gutachten einer Psychologin.

Christine Ziechert
Anita T. (33) hofft, dass der verdächtige Pädagoge angeklagt wird.
Anita T. (33) hofft, dass der verdächtige Pädagoge angeklagt wird.
Sabine Hertel, zVg

Anfang Juli wurde im Beisein von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) der verheerende Bericht der Kinder- und Jugendanwaltschaft zum Missbrauchsverdacht in einem Penzinger Kindergarten der Stadt präsentiert – "Heute" berichtete. Die Leiterin des betroffenen Kindergartens wurde abgezogen, der Verdächtige in den Innendienst versetzt und die Leiterin der MA 10 (Kindergärten) abgesetzt.

Laut dem Prüfbericht hatten 12 (!) Eltern seit 2020 über Auffälligkeiten (Alpträume, Bettnässen, Kindergarten- und Klogang-Verweigerung) bei ihren Kindern berichtet. Doch obwohl Kindergarten-Leitung und MA 10 die Vorwürfe seit mindestens einem Jahr bekannt waren, erfuhren die anderen Eltern erst im Rahmen eines Elternabends im heurigen Mai davon – darunter auch Anita T. (Name geändert).

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    Karl Schöndorfer / picturedesk.com
    "Mein Sohn hat mir erzählt, dass ihn der Pädagoge gezwickt und ihm weh getan hat. Und, dass er es nicht seinen Eltern erzählen darf, sonst wird er böse" - Anita T.

    "Nachdem ich davon erfahren hatte, habe ich bei meinem vierjährigen Sohn Luca (Name geändert) natürlich nachgefragt. Zuerst hat er abgeblockt und gemeint, dass er sich nicht mehr erinnern kann. Darauf habe ich ihm erklärt, dass ich seine Mama bin, er mir alles erzählen kann und ich ihm auch nicht böse bin", erinnert sich die 33-Jährige.

    Daraufhin öffnete sich der Vierjährige: "Er sagte mir, dass ihn der Pädagoge gezwickt und ihm weh getan hat. Als ich ihn gefragt habe, wo, hat er mit dem Finger auf Hüfte, Po und Penis gezeigt. Er hat Luca auch gesagt, dass das eine Strafe fürs Schlimmsein wäre und er es nicht seinen Eltern erzählen darf, sonst wird er böse", ist Anita T. noch immer sichtlich betroffen.

    Vierjähriger laut Gutachten nicht aussagefähig

    Die gelernte Friseurin erstattete daraufhin über ihren Anwalt Anzeige und musste bei der Polizei aussagen. Die Staatsanwaltschaft Wien wies dem Vierjährigen zudem eine kinderpsychologische Gutachterin zu: "Wir waren dann Mitte Juli dort. Sie hat sehr lange mit mir gesprochen – mit Luca allerdings nur zehn, vielleicht 15 Minuten – das war viel zu kurz", meint Anita T.

    Rund zwei Wochen später war das Gutachten dann fertig: "Darin stand, dass Luca eine ausgeprägte Fantasie und eine Konzentrationsschwäche hätte. Und, dass er sich nicht mehr an den genauen Tag und die Uhrzeit der Tat erinnern kann. Laut der Psychologin sind Lucas Angaben daher nicht aussagekräftig und somit vor Gericht nicht verwertbar", ist die 33-Jährige erschüttert.

    "Wir haben Angst, dass die Anklage gegen diesen Mann fallen gelassen wird – er sollte nie wieder in die Nähe von Kindern kommen!" - Anita T.

    Anita T. legte bei der Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen das Gutachten ein, diese wurde jedoch abgewiesen: "Wir überlegen jetzt ein privates Gegengutachten in Deutschland machen zu lassen, auch eine zivilrechtliche Klage wäre möglich. Laut meinem Anwalt hätte ein internationales Gutachten mehr Aussagekraft. Allerdings kostet es zwischen 2.000 und 4.000 Euro. Aber wir haben Angst, dass die Anklage gegen diesen Mann fallen gelassen wird – er sollte nie wieder in die Nähe von Kindern kommen!"

    Zum Glück geht es Luca den Umständen entsprechend gut: "Als es rauskam, war er einen Monat lang daheim, hat sehr viel Nähe gebraucht. Dann wollten wir den Kindergarten wechseln. Bei der MA 10 hieß es, dass es derzeit keine Plätze gibt, erst ab September. Das war uns aber zu spät. Wir haben uns im Stich gelassen gefühlt und mussten alles selbst organisieren. Wir haben einen Platz gesucht und auch gefunden. Seit Juni geht er in den neuen Kindergarten, und es gefällt ihm gut dort", erzählt Anita T.

    Bub verweigerte den Kindergarten-Besuch

    Bevor die Vorwürfe bekannt wurden, hatte die 33-Jährige keinerlei Verdacht: "Rückblickend sehe ich es jetzt natürlich anders. Einmal etwa hatte Luca einen ganz roten Po. Und eine Zeit lang wollte er nicht in den Kindergarten gehen. Er hat damals geschrien, geplärrt und auch den Klogang verweigert. Aber im Kindergarten hieß es nur: 'Das ist nur eine Phase.'" Ab September wird Luca eine Ergotherapie absolvieren, auch psychologische Betreuung ist angedacht: "Es ist aber leider nicht so leicht, jemanden zu finden, der Kapazitäten hat – alle sind voll", erklärt Anita T. Sie hofft, dass es zu einer Anklage kommt.

    Auf "Heute"-Nachfrage zum Stand der Ermittlungen heißt es seitens der Staatsanwaltschaft: "Bislang liegen vier Gutachten vor. Vor kurzem langten weitere Vernehmungen ein, die nun geprüft werden. Nach dieser Prüfung wird entschieden werden, ob und wie viele weitere Gutachten eingeholt werden."