Niederösterreich

"Mini-Dubai" regt auf – es gab weitere Grundstücksdeals

Neben dem Projekt "Sonnenweiher" soll weitere Grundstücks-Deals gegeben haben, in denen der Bürgermeister involviert war.

Erich Wessely
So sieht das fertige Projekt dann aus
So sieht das fertige Projekt dann aus
APA/VI-Engineers/Squarebytes

Das Bauprojekt "Sonnenweiher" in Grafenwörth (Bezirk Tulln) um Gemeindebund-Präsident und Bürgermeister Alfred Riedl (VP), sorgt weiter für Wirbel. Aber auch innerhalb des Gemeindebundes wurde die Kritik zuletzt lauter.

Die Bezirkshauptmannschaft Tulln leitete ein aufsichtsbehördliches Prüfungsverfahren ein - mehr dazu hier. Riedl selbst bestreitet indes die Vorwürfe - mehr dazu hier.

Projekt "Sonnenweiher"

Kritik hagelt es am Projekt "Sonnenweiher Grafenwörth". Mit mehr als 200 Einfamilien-, Doppel- und Reihenhäusern sowie kleinen Seehäusern entsteht es rund um einen etwa 36.000 Quadratmeter großen Foliensee. Riedl soll im Grünland am Rand von Grafenwörth zwei Grundstücke erworben und später zwei angrenzende Felder als Treuhänder des Bauträgers dazu gekauft haben.

Liegenschaften umgewidmet

Neun Liegenschaften für das Projekt wurden schließlich per Gemeinderatsbeschluss in Bauland umgewidmet. Riedl soll mit dem Verkauf von davon betroffenen Grundstücken rund eine Million Euro verdient haben.

Die "Wiener Zeitung" ortet in ihren jüngsten Recherchen gar ein "System Riedl". Es werden weitere Grundstücksdeals angeführt, bei denen Riedl Geld verdient haben soll.

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    Aktuelle Baustelle in Grafenwörth
    Aktuelle Baustelle in Grafenwörth
    WZ/Gregor Kuntscher

    Mit einem Deal soll Riedl laut "WZ" mehr als 213.000 Euro Gewinn gemacht haben. Im Dezember 2019 kaufte die Realitas Grawoe GmbH demnach von einem Pensionisten eine 4.043 Quadratmeter große Parzelle am Mühlkamp zum Preis von 195.000 Euro. Im März 2021 zahlte Riedl - diesmal als Privatperson - dem Mann für das benachbarte 5.165 Quadratmeter große Grundstück 90.000 Euro.

    Im Sommer 2021 verkauften Riedl und die Realitas beide Grundstücke dem Bericht zufolge an die Wohnungseigentümer Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft m.b.H. (WET). Für das erste Areal bekamen sie 343.420 Euro, wobei 921 Quadratmeter nicht verkauft wurden, 110 Euro pro Quadratmeter. Für das zweite Grundstück erhielten sie 154.950 Euro. Dadurch habe Riedl insgesamt 213.370 Euro verdient.

    Riedl bestätigt die Käufe

    Riedl bestätigte die Käufe am Donnerstag auf APA-Anfrage. "Der Weiterverkauf erfolgte zu ortsüblichen Preisen", hieß es. Zu den exakten Summen äußerte sich der Bürgermeister nicht. Laut Statistik Austria lag der Durchschnittspreis für einen Quadratmeter Baugrund in Grafenwörth im Jahr 2021 bei 68,6 Euro, 2022 dann bei 85,1 Euro. "Die Realitas Grawoe GmbH habe ich als Privatperson gegründet, um die Immobilien unserer Familie zu verwalten", hielt Riedl fest. Bis 2022 war er Alleineigentümer und Geschäftsführer der Firma. Nun sind seine drei Töchter Mitgesellschafterinnen.

    Die WET will auf den Grundstücken in der Ortschaft St. Johann zwölf Reihenhäuser als sozialen Wohnraum bauen, teilte das Unternehmen auf APA-Anfrage mit. Die Planung sei bereits fortgeschritten, hieß es. "Umwidmungen sind seitens der Gemeinde nicht geplant", teilte Riedl mit. Übereinstimmend äußerte sich auch die WET. Im Grundbuch finde sich der Vermerk "Änderung in Vorbereitung", berichtete die "WZ". Keine Information gab es dazu, ob eine Teilung der Flächen geplant ist. Im Bauland-Agrargebiet dürfen laut NÖ Raumordnungsgesetz maximal vier Wohneinheiten errichtet werden.

    Weiteres Grundstücksgeschäft

    Ein weiteres Grundstücksgeschäft erfolgte dem Bericht zufolge im Ortsteil Waasen. Im März 2020 veräußerte die Realitas Grawoe GmbH ein 3.738 Quadratmeter großes Grundstück für 373.800 Euro. Die Firma von Riedl hatte die Fläche im Herbst davor elf Personen für 300.000 Euro abgekauft. Zwölf Reihenhäuser wurden von der WET errichtet und inzwischen an die Bewohner übergeben. Beide Grundstücke seien "zu üblichen und marktkonformen Preisen erworben wurden", teilte der Bauträger mit.

    "Die Grundstücke in St. Johann wurden am Markt über Immobilienmakler angeboten", teilte Riedl der APA mit. Bei den Flächen in Waasen sei man über ein Bieterverfahren im Rahmen einer Verlassenschaft zum Zug gekommen. "Der spätere Weiterverkauf an die Genossenschaft erfolgte nach der Anfrage der WET zu damals durchaus ortsüblichen Preisen", betonte der Gemeindebund-Chef. "Bei allen genannten Grundstücken gab es schon zum Kaufzeitpunkt eine entsprechende Widmung, die eine ortsübliche Bebauung zulassen", erklärte er.

    Für das Projekt "Sonnenweiher" mit mehr als 200 geplanten Häusern um einen etwa 36.000 Quadratmeter großen Foliensee soll Riedl laut Medienberichten mit dem Verkauf von davon betroffenen Grundstücken rund eine Million Euro verdient haben. Das Vorhaben soll auch durch eine im Gemeinderat beschlossene Verschiebung von Gemeindegrenzen ermöglicht worden sein. Die Vorgänge sorgten für Kritik. Die Bezirkshauptmannschaft Tulln hat ein aufsichtsbehördliches Prüfungsverfahren eingeleitet.

    Scharfe Kritik

    "Erneut ist ein Fall aufgetaucht, bei dem Alfred Riedl höchstpersönlich üppig von Grundstücksdeals in seiner Heimatgemeinde Grafenwörth profitiert haben soll", kommentierte Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer in einer schriftlichen Stellungnahme den Bericht: "Gemeindevertreter:innen sind gewählt, um für die Bürgerinnen und Bürger und die Zukunft unserer Kinder zu arbeiten. Und nicht, um unsere Äcker zum eigenen Vorteil in Beton und Geld zu verwandeln. Einmal mehr stellt sich die Frage, was Alfred Riedl wichtiger ist: Der eigene Profit oder die Anliegen der Bürger:innen."

    "Riedls Geschäfte in der eigenen Gemeinde, die er nicht privat sondern jederzeit auch zum Wohle der Gemeindekasse und somit der Gemeindebürgerinnen und Gemeindebürger abwickeln hätte können, werfen kein gutes Licht auf die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Österreich", meinte Abg. Andreas Kollross, kommunalpolitischer Sprecher der SPÖ und Vorsitzender des Sozialdemokratischen GemeindevertreterInnenverbandes (GVV). Kollross betonte: "So sind wir nicht", und legte gleichzeitig dem Gemeindebundpräsidenten nahe, übers Wochenende darüber nachzudenken, "ob er im Interesse aller Städte und Gemeinden diese Funktion auch noch weiterhin ausüben kann". Ein "ramponierter" Gemeindebund-Präsident als Chefverhandler sei "nicht der verlässlichste Partner für die so wichtigen Finanzausgleichsverhandlungen".

    "Optik wird von Mal zu Mal absurder"

    "Die Optik, die von Riedls Immobiliengeschäften ausgeht, war schon bislang verheerend und wird von Mal zu Mal absurder", teilte Indra Collini, Landesparteivorsitzende der NEOS NÖ, in einer Aussendung mit. Der Gemeindebundpräsident "scheint bei Immobilienspekulationen kein Amateur zu sein, sondern es zu verstehen, seine Position als Bürgermeister entsprechend auszunutzen". Collini erklärte: "Es wird Zeit, dass er die entsprechenden Konsequenzen zieht und seine Ämter zurücklegt."

    Auch Greenpeace forderte den Rücktritt Riedls als Präsident des Gemeindebundes. "Machtmissbrauch und Naturzerstörung gehen in Österreich Hand in Hand", meinte Olivia Herzog, Biodiversitätsexpertin bei Greenpeace in Österreich. Als "Gipfel der Absurdität" bezeichnete sie, dass Riedl als Gemeindebund-Chef bisher eine nationale Bodenstrategie blockiere.

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