Niederösterreich

"Mini-Dubai" in NÖ! Gewinner und Umwelt als Verlierer

Der "Sonnenweiher" in Grafenwörth bietet Luxus am Wasser in der Nähe Wiens. Doch wer machte das Projekt möglich, wer profitiert und wer verliert?

"Sonnenweiher" in Grafenwörth: Hier entsteht ein exklusives Satellitendorf außerhalb des Ortes (bzw. nach Umwidmung wieder im Ort).
"Sonnenweiher" in Grafenwörth: Hier entsteht ein exklusives Satellitendorf außerhalb des Ortes (bzw. nach Umwidmung wieder im Ort).
WZ/Gregor Kuntscher

Wie in Dubai aufgefädelt, entsteht in Grafenwörth (Bezirk Tulln) außerhalb der 3.290-Einwohner-Gemeinde eine Satelliten-Seestadt. Der „Sonnenweiher“, nur rund 50 Kilometer von Wien entfernt, mit bester Schnellstraßenanbindung, bietet dann 207 Einfamilienhäuser, Doppelhaushälften und Reihenhäuser rund um einen künstlichen Foliensee. Ab gut 200.000 € gibt es ein Mini-Seehaus, ab 450.000 € eine Doppelhaushälfte.

See eingefräst in Feldern

Der Ring erinnert wahrlich an Dubai - nur dass die grüne Wohnoase nicht mitten in der Wüste eingefräst worden ist, sondern inmitten von Äckern, Wiesen und Kornfeldern.

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    Aktuelle Baustelle in Grafenwörth
    Aktuelle Baustelle in Grafenwörth
    WZ/Gregor Kuntscher

    Hinter dem Projekt steckt Bauträger VI Engineers (74 Prozent gehören NÖ Versicherung) und Ortschef, Gemeindebundpräsident sowie NÖ Versicherungs-Aufsichtrat Alfred Riedl, ein mächtiges VPNÖ-Urgestein. Der VP-Mann lenkt seit 33 Jahren die Geschicke von Grafenwörth, gilt als bestens vernetzt und als Erwin Pröll-Vertrauter. 

    Projekt widerspricht Planung

    Alfred Riedl gelte als machtbewusst, hole sich stets die richtigen Leute in den Gemeinderat, die für ihn stimmen würden. Listen-Chef Helmut Ferrari zur "WZ": "Riedl herrscht in Grafenwörth, ist jemand anderer Meinung, wird er ausgetauscht."

    "Zwei Orte" in Grafenwörth

    Aus Grafenwörth selbst hat laut „WZ“ noch keiner zugeschlagen, es ist vor allem für Zweitwohnsitzer konzipiert. Die „Wiener Zeitung“ hat mit mehreren Experten wie Verkehrsplanern, WWF, Hydrologen und anderen Experten gesprochen. Der Tenor: Das Projekt widerspreche allen Zielen der Verkehrs- und Raumplanung, wäre nirgendwo anders möglich. Statt den Ortskern zu beleben, sei man über die Ortsgrenzen hinausgegangen - es drohen „zwei Orte“: die alten Grafenwörther, die vom See (bis auf eine Badewiese) null profitieren (keine Infrastruktur, kein Kindergarten, kein Klo, etc.) und das Snob-Seevolk.

    Im Zeitalter der Klimaerwärmung und Wasserknappheit scheint das Projekt kühn. Ein Blick nach Wr. Neustadt zeigt: Mondlandschaften, dort wo mal ein See war - rundherum Häuser - mehr dazu hier. Allerdings: Der Sonnenweiher ist kein Grundwassersee, sondern: "Der größte Foliensee Mitteleuropas. Er kann nicht austrocknen", so der Chef des Bauträgers. Die Verdunstung läge nur bei 15.000 Kubikmeter pro Jahr. Ein Hydrologe der BOKU Wien widerspricht dem: "30.000 bis 35.000 ist realistisch". Um den Verlust auszugleichen, müsse man nur Wasser aus einem Brunnen nachfüllen - der natürlich ans Grundwasser gebunden ist. 

    Der Ortschef habe nach Grundstücksdeals und Umwidmungen ganz legal ein kleines Vermögen gemacht. Er hatte vor zehn Jahren dem Schwager seiner Frau ein Feld, auf dem jetzt die Bauten stehen, um rund einen Euro pro Quadratmeter abgekauft, ein Nachbargrundstück gehörte laut "WZ" bereits zur Hälfte Riedls Ehefrau. Alfred Riedl erwarb dann auch die andere Hälfte. Nach dem Tod seiner Gattin erbte er ihre Anteile im Jahr 2017. Beide Gründe, 55.000 Quadratmeter groß, gehörten nun dem Bürgermeister (er hatte 60.000 € bezahlt). Jahre - und eine Umwidmung später - sollten ihm die Gründe rund eine Million Euro einbringen, wie es bereits das "Profil" im Jahr 2021 recherchiert hatte.

    "Geldigen ziehen dort ein"

    Die Käufer: Vier Firmen, die dem Bauträger des Sonnenweihers gehören, der VI Engineers Developmet GmbH, welche zu 3/4 der NÖ Versicherung gehört und dort bekanntlich Riedl im Aufsichtsrat sitzt. Riedl selbst bestätigte gegenüber der "WZ" keine Summen und meinte, der Bauträger habe den Kontakt zur Gemeinde gesucht. Er selbst hätte nie im Traum daran gedacht, dass sich so ein Projekt überhaupt entwickeln könnte. Die Siedlungsgrenzen waren übrigens aufgehoben worden, um einen Bau zu ermöglichen.

    Ende 2018 hatte es eine Variantenstudie durch die Gemeinde gegeben. Variante 5 sei die beste gewesen, jene, auf der auch Riedls Gründe liegen. Die nö. Landesregierung segnete alles per Gutachten ab. Zwei weitere Grundstücke soll Riedl in der Zwischenzeit gekauft haben: Grünland um 450.000 Euro. Gegenüber der "WZ" erklärte Riedl, er habe die Gründe als Treuhänder für den Bauträger gekauft. Mit diesen Grundstücken hat Alfred Riedl tatsächlich nichts verdient. Die anderen beiden Gründe stiegen allerdings stark im Wert. 

    Ein Grafenwörther gesteht gegenüber der "WZ": "Ich würde gerne dort wohnen, kann es mir aber nicht leisten." Ein Freund von ihm fügt hinzu: "Die Geldigen ziehen dort ein, das werden Nebenwohnsitze."

    Der ganze Artikel der Wiener Zeitung: Das Dubai vom Weinviertel