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Merkel: "Ich hatte keinen Einfluss mehr auf Putin"

Angela Merkel spricht offen über den russischen Einmarsch in der Ukraine und erklärt, weshalb sie auf Wladimir Putin keinen Einfluss ausüben konnte.

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Bei ihrem letzten Besuch in Moskau 2020 sei für sie klar gewesen: "Machtpolitisch sind wir am Ende."
Bei ihrem letzten Besuch in Moskau 2020 sei für sie klar gewesen: "Machtpolitisch sind wir am Ende."
Yevgeny Odinokov / Tass / picturedesk.com

Die ehemalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat in einem Interview offen wie nie über den russischen Einmarsch in die Ukraine gesprochen.

Dabei hat sie ihre Politik gegenüber Russland vor dem Einmarsch in die Ukraine im Februar verteidigt und erklärt, sie habe keinen Einfluss mehr auf Wladimir Putin gehabt. Merkel sagte, sie habe versucht, im Sommer 2021, Gespräche mit dem russischen Präsidenten und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einzuberufen. "Aber ich hatte nicht die Macht, meinen Willen durchzusetzen", sagte sie dem "Spiegel" (Bezahlartikel). Eigentlich hätten alle gewusst: "Im Herbst ist sie weg", sagte sie.

Nach vier Amtszeiten als Bundeskanzlerin ist Angela Merkel im Dezember aus dem Amt geschieden. Bei ihrem letzten Besuch in Moskau im August 2021 sagte sie dem deutschen Nachrichtenmagazin: "Das Gefühl war ganz klar: Machtpolitisch sind wir am Ende." Sie fügte hinzu, dass "für Putin nur die Macht zählt". Es sei bezeichnend, dass Putin zu ihrem letzten Treffen Außenminister Sergei Lawrow mitgebracht habe. Zuvor hätten sich die beiden unter vier Augen getroffen, bemerkte sie.

Merkel wurde für ihre Haltung kritisiert

Angesichts des russischen Einmarsches in die Ukraine, dem eine wochenlange massive militärische Aufrüstung an den Grenzen der Ukraine vorausgegangen war, wurde oft argumentiert, dass Merkel und andere EU-Staats- und Regierungschefs einen härteren Kurs gegenüber dem Kreml hätten fahren sollen. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter gehört zu denjenigen, die sagen, Merkel habe gewusst, dass Putin versuche, Europa zu spalten und zu schwächen, aber sie habe geglaubt, "Soft Power" sei der richtige Ansatz. Er argumentierte vor der Invasion, dass Deutschland zu sehr vom russischen Gas abhängig sei.

In dem "Spiegel"-Interview sagte Deutschlands Ex-Kanzlerin, ihre Haltung zur Ukraine in den Minsker Friedensgesprächen habe Kiew Zeit verschafft, sich besser gegen das russische Militär zu verteidigen.

Ihre Regierung habe keine Fortschritte mehr erzielt

Nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland 2014 und während des russischen Stellvertreterkriegs in der Donbass-Region wurde in Minsk eine Waffenstillstandsvereinbarung getroffen. Wichtige Punkte, darunter Abrüstung und internationale Überwachung, wurden jedoch nicht umgesetzt.

Merkel sagte weiter, sie bereue es nicht, im Dezember aus dem Amt geschieden zu sein, weil sie das Gefühl gehabt habe, dass ihre Regierung nicht nur in der Ukraine-Krise, sondern auch in den Konflikten in Moldawien, Georgien, Syrien und Libyen, an denen Russland beteiligt war, keine Fortschritte erzielt habe.

Sie und Putin haben beide direkte Erfahrungen mit dem Leben im kommunistischen Ostdeutschland (DDR) gemacht. Sie wuchs dort auf, und er diente dort als sowjetischer KGB-Offizier, der für den Geheimdienst arbeitete. Putin spricht fließend Deutsch und Merkel spricht etwas Russisch.

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    Angela Merkel bei ihrem letzten Besuch in Moskau im August 2021
    Angela Merkel bei ihrem letzten Besuch in Moskau im August 2021
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