Welt
Mann hackt Frau Hände ab – ganzes Land muss nun zahlen
Russland muss nach einem Gerichtsurteil einer Frau 370.000 Euro Schmerzensgeld zahlen, nachdem ihr ihr Ehemann beide Hände abgetrennt hatte.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat in einem dramatischen Fall Russland zu einer Entschädigungszahlung von mehr als 370.000 Euro verurteilt, weil es die Regierung unterlassen hatten, effektive Gesetze gegen häusliche Gewalt zu erlassen und durchzusetzen. Durch das Fehlen eines solchen Rechtsrahmens würden Frauen in der riesigen Nation systematisch diskriminiert.
Insgesamt hatten sich vier Frauen aus der Metropolregion Moskau, die alle Opfer von häuslicher Gewalt durch ihre Ehemänner geworden waren, für diese Klage zusammengetan. Besonders erschütternd lesen sich die Erlebnisse von Margarita G., geboren 1992, in den Gerichtsakten.
"Ausdruck seiner Liebe"
Sie hatte im Alter von 20 Jahren geheiratet und zwei Kinder mit ihrem Ehemann zur Welt gebracht. Doch die Beziehung ging bereits kurz danach in die Brüche, fünf Jahre später verlangte sie die Scheidung. Doch als ihr Mann davon erfuhr, wurde er gewalttätig, zerriss ihren Reisepass, bedrohte sie mit dem Tod, sperrte sie im Auto ein und folgte ihr überall hin.
Margarita G. suchte Zuflucht im Haus ihrer Mutter und rief die Polizei zu Hilfe. Doch die tat gar nichts, ein Inspektor erklärte ihr sogar noch, dass das, was ihr ihr Mann antat, nur "Ausdruck seiner Liebe" für sie sei.
Entführt und verstümmelt
Nur Wochen später, am 11. Dezember 2017, kam es zu einer schrecklichen Bluttat. Die 25-Jährige wurde vom Vater ihrer Kinder entführt und gefesselt – dann schlug der Russe mit einer Axt zu und trennte ihr beide Hände ab!
Eine der Hände war unwiederbringlich verloren, die zweite konnte von Ärzten zwar noch gerettet und wieder angenäht werden, doch Margarita G. wird sie Zeit ihres Lebens nur eingeschränkt benutzen können. Erst nach dieser blutigen Eskalation wurde die russischen Polizei tätig und verhaftete ihren (Ex-)Ehemann. Er wurde schließlich wegen besonders schwerer Körperverletzung zu 14 Jahren Haft verurteilt.
Russische Behörden begruben Fall
Der Versuch, auch den Inspektor, der sie so rüde abgewiesen hatte, anzuklagen, endete im Sand. Die russische Staatsanwaltschaft sah keinen kausalen Zusammenhang zwischen dem Tun des Polizisten und dem späteren Vorfall. Als die Sache an einen Oberstaatsanwalt weiterging, begrub dieser den Fall mit der Begründung, den Inspektor nicht mehr erreichen zu können.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sah nun in dem Fall gravierendes Staats- bzw. Behördenversagen und sprach der gezeichneten Frau gesamt 370.660 Euro Schmerzensgeld für vergangene und künftige Behandlungskosten, Einkommensverlust und für erlittenen immateriellen Schaden zu.