Österreich
Mafia-Mord: So wurden Opfer in Todesfalle gelockt
Ein mysteriöser dritter Mann soll als Lockvogel bei der Mafia-Hinrichtung in Wien agiert haben. Er wurde festgenommen. „Heute" hat die neuesten Hintergründe.
Kugelhagel im Herzen Wiens – nur drei Tage vor Weihnachten. Ein Mann tot, einer schwer verletzt, der Schütze auf der Flucht. Diese Nachricht sorgte am Freitag europaweit für Schlagzeilen – "heute.at" berichtete live und umfassend.
Am Sonntag vermeldete die Polizei den ersten Schlag in dem Mafia-Krimi: Einer der Angeschossenen (23) wurde noch im Spitalsbett festgenommen. Ebenso ein möglicher Komplize des flüchtigen Schützen. Der 29-Jährige könnte – das erfuhr "Heute" – als Lockvogel agiert und die beiden Opfer direkt ins Schussfeld des Killers dirigiert haben.
Hier die Details der fürchterlichen Bluttat:
Die späteren Opfer, Vladimir R. (32) und Stefan V. (23), wollen am Freitag ein Schnitzel essen, stehen bei Figlmüller im Erdgeschoß an und warten auf einen Tisch. Sie plaudern auf serbokroatisch und kommen mit einem dritten Mann, Daniel M., ins Gespräch.
Dieser, ebenfalls der Sprache mächtig, hört mit, dass die beiden Flugtickets benötigen. Er bietet seine Hilfe an, da er Internet am Handy habe. Er nennt Vladimir R. und Stefan V. ein Reisebüro am Stephansplatz und erklärt ihnen auch gleich, wie sie am einfachsten – durch die Passage, wo später die Schüsse peitschen sollen – dorthin gelangen würden.
Die drei lachen im Eingangsbereich, also setzt sie der Kellner auf einen gemeinsamen Tisch im Obergeschoß. Es wird mit Blick auf die City gespeist, circa 20 Minuten lang über Sport und Politik geplaudert – das erzählten Lokalgäste gegenüber "Heute". Dann trennen sich die Wege der drei.
Während Vladimir R. und Stefan V. bereits aufbrechen, bleibt Daniel M. noch kurz im Lokal. Er bezahlt nur sein Essen – 27 Euro für das Fleischgericht und eine Limonade (alkoholfrei).
Vladimir R. und Stefan V. überqueren in der Zwischenzeit – wie ihnen zuvor geraten – die Bäckerstraße Richtung Passage zur Wollzeile. Seitlich, in einer Nische, lauert der Mafia-Killer. Er trägt Handschuhe und Mantel, feuert mehrmals erbarmungslos mit einer Pistole auf die beiden. Das ist mittlerweile Fakt: Die Tatortgruppe hat am Schauplatz der Tragödie nämlich Hülsen sichergestellt – dies wäre bei einem Revolver nicht der Fall gewesen. "Wie viele Schüsse es genau waren wissen wir mittlerweile. Aus ermittlungstaktischen Gründen geben wir es derzeit aber nicht bekannt", sagte Polizeisprecher Daniel Fürst.
Mit Sicherheitsabstand kommt schließlich Daniel M. aus dem Lokal, sieht das Attentat aus wenigen Metern Entfernung – und versteckt sich am Lugeck. Er beobachtet, wie der Killer flüchtet und leistet im Anschluss Erste Hilfe. Augenzeugen zufolge bringt er Vladimir R. in die stabile Seitenlage, bemerkt aber, dass der nicht mehr bei Bewusstsein ist. Also kümmert er sich um Stefan V., der am Kopf "nur" einen Streifschuss erlitten hat. "Lass die Augen offen. Halt durch, Bruder", motiviert er ihn.
Dann steht Daniel M. der Kripo von Anfang an zur Verfügung, wird relativ rasch ins Landeskriminalamt gebracht. "Bei der Befragung hat er sich in Widersprüche verstrickt. Außerdem ist er der organisierten Kriminalität zuzuordnen", so Polizeisprecher Daniel Fürst am Sonntag gegenüber "Heute". Die Beamten stoßen sich etwa am Wort "Bruder", mit dem er den getroffenen Stefan V. am Schauplatz der Tragödie angesprochen hat. Für die Mordfahnder offenbar ein unübliches Verhalten für jemanden, der die Person zuvor nicht gekannt haben will. "Aber", so Daniel M., "diese Anrede ist am Balkan üblich."
Dennoch wird Daniel M. noch Freitagabend vom Zeugen zum Beschuldigten und in der Folge festgenommen. Laut "Heute"-Informationen wird derzeit wegen des Verdacht des Mordes gegen ihn ermittelt. Es gilt die Unschuldsvermutung. Die renommierte Anwältin Heike Sporn vertritt ihn jetzt. "Ich kenne den Ermittlungsakt aber noch nicht im Detail. Mein Klient sagt jedenfalls klipp und klar, dass er mit dem Mord und dem Mordversuch nichts zu tun hat", so Sporn auf "Heute"-Anfrage.
Für das überlebende Opfer, Stefan V., klickten am Sonntag im Wiener AKH die Handschellen, da ein internationaler Haftbefehl gegen ihn vorliegt. Vor seinem Spitalszimmer wurden auf der Stelle Wachebeamte postiert; er darf zudem keinen Besuch mehr empfangen und ist mittlerweile in Abschiebehaft. Stefan V. soll nach Serbien ausgeliefert werden. Dort allerdings, das wurde "Heute" zugetragen, starben bereits sein Vater und sein Bruder, da sie bei einer Clan-Fehde zwischen die Fronten geraten waren.
Video: Zeugin berichtet über Schüsse am Lugeck
Video: Polizeisprecher Daniel Fürst im Interview (21. Dezember):
Video: Trafikantin zu Schüssen in Wien