"Würde für jede Frau"
"Männliche" Boxerin weint, hat Medaille schon fix
Die algerische Boxerin Imane Khelif, um die seit Tagen eine Genderdebatte tobt, hat sich eine Medaille gesichert.
Khelif gewann ihr Viertelfinale in der Klasse bis 66 kg am Samstag gegen die Ungarin Anna Luca Hamori klar mit 5:0.
Edelmetall hat die 25-Jährige bereits sicher, weil beide Halbfinal-Verliererinnen Bronze erhalten. Am Dienstagabend kämpft Khelfi um 22.34 Uhr in Roland Garros nun gegen Janjaem Suwannapheng (Thailand) um den Einzug ins Finale.
"Das ist eine Frage der Würde und der Ehre für jede Frau und jedes Mädchen", sagte Khelif bei Bein Sports. Es war ihr erster Kommentar zu den Vorwürfen, sie gehöre nicht in die Frauenklasse. "Das gesamte arabische Volk kennt mich seit Jahren. Ich habe jahrelang an internationalen Wettkämpfen teilgenommen." Der Weltverband IBA habe sie "unfair behandelt. Aber ich habe Gott."
Der algerische Präsident Abdelmadjid Tebboune gratulierte via X: "Du hast Algerien, die algerischen Frauen und das algerische Boxen würdig vertreten." Er versprach: "Wir werden an Deiner Seite sein, egal, was passiert."
Khelif steht wie auch Lin Yuting (bis 57 kg) aus Taiwan im Blickpunkt, da beide Sportlerinnen bei der WM 2023 von der IBA wegen eines Geschlechtertests disqualifiziert worden waren. Da der Verband vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) wegen zahlreicher Skandale nicht mehr anerkannt ist und auch nicht die Wettkämpfe in Paris organisiert, konnten Khelif und Lin starten.
In der Arena wurde Khelif von zahlreichen begeisterten Landsleuten unterstützt, die auf den Rängen algerische Flaggen hochhielten und lautstarke Gesänge anstimmten. Khelif dominierte den Kampf von Beginn an und ließ nie Zweifel an ihrem Sieg aufkommen. Nach Kampfende klatschte sie sich mit Hamori fair ab. Beide tauschten noch im Ring sogar ein paar Worte aus.
Völlig ausgeufert war die Debatte am Donnerstag, als die Italienerin Angela Carini im Kampf gegen Khelif schon nach 46 Sekunden aufgegeben hatte. Khelif war in der Folge Zielscheibe von Anfeindungen geworden; Viertelfinal-Gegnerin Hamori hatte auf Facebook vor dem Kampf geschrieben: "Meiner bescheidenen Meinung nach denke ich nicht, dass es fair ist, dass diese Wettbewerberin in der Frauen-Kategorie teilnehmen kann." Auch provozierte Hamori mit geschmacklosen Posts. Nach dem Kampf gab sie sich versöhnlich und wünschte Khelif "viel Glück".
Das IOC um seinen Präsidenten Thomas Bach hingegen verteidigte Khelif wie auch Lin. "Es bestand nie ein Zweifel daran, dass sie Frauen sind", sagte Bach am Samstag. Schon am Sonntagvormittag werden die Blicke erneut auf das Geschehen in der Paris North Arena gerichtet sein: Um 11.00 Uhr kämpft Lin in ihrem Viertelfinale gegen Swetlana Kamenowa Stanewa aus Bulgarien um eine Medaille.