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Maduro will Finanzkrise mit Bitcoins stoppen

Heute Redaktion
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Venezuelas Präsident Nicolas Maduro will der Finanzkrise mit einer Kryptowährung entgegen treten.
Venezuelas Präsident Nicolas Maduro will der Finanzkrise mit einer Kryptowährung entgegen treten.
Bild: picturedesk.com

Venezuelas Staatschef will eine neue Kryptowährung einführen und sein Land so aus dem "Finanzkrieg" mit den USA führen. Experten sind skeptisch.

Seit der Wert eines Bitcoins Ende November die 10.000-Dollar-Marke knackte, sind Kryptowährungen in aller Munde. Jetzt setzt offenbar auch der Präsident Venezuelas auf das Konzept. Im Kampf gegen die Inflation und eine drohende Staatspleite will Nicolás Maduro mit einer neuen Digitalwährung für Entlastung sorgen. In seiner TV-Sendung "Domingos con Maduro" kündigte er am Sonntag die Einführung einer Kryptowährung mit Namen "Petro" an – das ist eine Kurzform für das Wort "Erdöl". Das Land hat die größten Ölreserven der Welt.

Die virtuelle Währung solle mit Öl- und Gasreserven sowie Mineral- und Diamantvorkommen abgesichert werden. Er wolle mit der virtuellen Währung "den Finanzkrieg" bekämpfen, den die USA und ihre Alliierten gegen die Sozialisten angezettelt hätten. Gegen hohe Regierungsvertreter, darunter auch Maduro, waren Finanzsanktionen verhängt worden, nachdem das von der Opposition dominierte Parlament entmachtet worden war.

Experte: "Das ist ein Marketing-Gag"

Die venezolanische Regierung kündigte außerdem die Einrichtung einer Software-Plattform für den Kauf und Verkauf der Digitalwährung an. Nähere Einzelheiten zum Wert der Währung, wie sie funktionieren und wann sie eingeführt werden sollte, gab Maduro nicht bekannt.

Kann eine solche neue Währung dem südamerikanischen Land aus der Misere helfen? Thomas Puschmann, Experte für digitale Finanzsysteme, hegt Zweifel. "Zurzeit scheint die Ankündigung einer Kryptowährung vor allem ein Marketing-Gag, denn sie ersetzt nicht das Vertrauen der Konsumenten und Anleger in die Wirtschaftsleistung und das politische System eines Landes", sagt der Direktor des Swiss FinTech Innovation Lab an der Universität Zürich zum Schweizer Nachrichtenportal "20 Minuten".

Generell aber sieht der Wirtschaftsinformatiker in der den Kryptowährungen zugrunde liegenden Blockchain-Technologie einige Vorteile für Staaten. Die Nationalbanken könnten ihre Währungen digital herausgeben und die Verbraucher könnten ihre Zahlungen rein digital durchführen. Die Blockchain protokolliere alle Transaktionen, so Puschmann, und stelle sicher, dass ein "Geldstück" nur einmal ausgegeben werden kann. Die Vorteile wären etwa weniger Kosten für die Nutzung von Bargeld und präzisere Kontrollmechanismen.

"Positives Zeichen für Digitalisierung"

Venezuela ist nicht das erste Land, das eine Kryptowährung in Erwägung zieht: Großbritannien und jüngst auch Schweden haben Puschmann zufolge die Einführung eines digitalen Pfunds und einer e-Krona geprüft. Auch andere Länder wie Russland, die Vereinigten Arabischen Emirate und Singapur denken über Kryptowährungen nach, sagt Bitcoin-Experte Daniel Diemers, Partner bei der Beratungsfirma PwC Strategy&, und spricht von einem generellen Trend.

Diemers sieht in Maduros Ankündigung auch etwas Positives: Bitcoins seien in Venezuela ohnehin sehr populär. "Viele Leute nutzen die Kryptowährung dort, vielleicht auch weil die eigene Währung von Hyperinflation betroffen ist." Präsident Maduros Ankündigung einer eigenen Kryptowährung könne auch als "positives Zeichen in Sachen Digitalisierung und als Signal an die Start-up-Community" gesehen werden.

Ob Venezuela den "Petro" bei internationalen Geschäften einsetzen kann, muss sich zeigen. Größere Industrieunternehmen und internationale Investoren würden sich das Konzept sehr genau anschauen, bevor sie sich darauf einlassen und Verträge dementsprechend anpassen, ist Diemers überzeugt. Auch aus technischer Sicht sei die Einführung schwierig. Zudem müsse die Regierung konkret benennen, welche Vorteile die neue Währung gegenüber dem Bolívar hat.

Häme von der Opposition

Von der Opposition erntete Maduro für seine Ankündigung Spott. Laut der Nachrichtenagentur Reuters zweifelt sie daran, dass die Kryptowährung jemals das Licht der Welt erblickt. "Maduro ist ein Clown. Das hat keine Glaubwürdigkeit", kommentierte der oppositionelle Abgeordnete und Ökonom Angel Alvarado die Pläne des Präsidenten.

Mehrere Ratingagenturen sehen bereits eine Teil-Pleite in Venezuela. Als Gründe gelten Misswirtschaft und der relativ niedrige Ölpreis. Wegen der rasanten Inflation steigt die Zahl der hungernden Menschen, zudem fehlen Devisen, um genug Lebensmittel und Medikamente einzuführen. Mit dem "Petro" soll offensichtlich versucht werden, dieses Problem zu mindern. (mlr/20 Minuten)