Stolze 199 Jahre Geschichte stecken im Wiener Stadttempel. Das Gebetshaus der Jüdischen Gemeinde Wien ist in die Jahre gekommen. Nun bekommt es eine Frischkur und die Stadt Wien trägt ein Drittel der Sanierungskosten von 9,8 Millionen, damit das Haus zum 200. Geburtstag 2026 wieder in vollem Glanz erstrahlt. Der Stadttempel ist das einzige jüdische Gebetshaus Wiens, das die Zerstörungen des Novemberpogroms 1938 überstanden hat.
Anlässlich der aktuell laufenden Renovierungsarbeiten besuchte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SP) am Dienstag, 28. Jänner, gemeinsam mit Oskar Deutsch, dem Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, den Tempel der Seitenstettengasse.
Bürgermeister Michael Ludwig würdigte die historische Bedeutung des Stadttempels als das religiöse Zentrum der jüdischen Gemeinde Wien und als "Ort der Begegnung, des Gebets und des Zusammenhalts". Zugleich betonte er die Bedeutung des Hauses als Fixpunkt: "Wir sprechen hier auch von einem Anker der Stabilität und Sicherheit".
Der Bürgermeister betonte, dass die Renovierung des Stadttempels ein wichtiger Schritt sei, um das kulturelle und historische Erbe zu bewahren und zugleich die Zukunft der jüdischen Gemeinde zu sichern. Michael Ludwig zeigte sich zuversichtlich, dass auch der Bund zu seinem Versprechen stehen und ein weiteres Drittel der Kosten tragen werde, trotz der aktuellen politischen Lage auf Bundesebene.
Der Bürgermeister nutzte die Gelegenheit, um gegen Antisemitismus Stellung zu beziehen: "In Wien gibt es keinen Platz für Gewalt, Rassismus oder Antisemitismus." Ludwig versprach, dass die jüdische Community in Wien weiterhin sicher und frei leben könne. Sicherheit und Zusammenhalt hätten in Wien oberste Priorität. Ludwig wünschte dem Tempel "weitere 200 Jahre als Symbol der Widerstandsfähigkeit und des Wiener Judentums. Möge der Stadttempel auch in den kommenden 200 Jahren ein sicherer Ort für Gebet und Feier bleiben."
Der Wiener Stadttempel wurde ab 1822 nach Plänen von Architekt Joseph Kornhäusel in einem Gebäudekomplex in der Seitenstettengasse 2-4 in der Innenstadt errichtet und am 9. April 1826 eröffnet. Während der Pogrome 1938 zerstörten die Nationalsozialisten zwar einen großen Teil der Inneneinrichtung, das jüdische Gotteshaus blieb in seiner wesentlichen Struktur jedoch erhalten. Die aktuelle Renovierung war dringend notwendig geworden, da die letzten umfangreichen Arbeiten 1988 stattgefunden hatten.