Wohnen

Nackt am Balkon oder im Garten – wer es nicht darf

Mit der anhaltende Hitze fallen immer öfter die Hüllen. Was Zuhause wirklich erlaubt ist und was nicht, weiß Rechtsanwalt Johannes Öhlböck.

Christine Scharfetter
Nicht alle dürfen am Balkon die Hüllen fallen lassen.
Nicht alle dürfen am Balkon die Hüllen fallen lassen.
Kike Arnaiz / Westend61 / picturedesk.com

Wenn die Temperaturen steigen, fallen oft die Hüllen – nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch auf dem Balkon oder im Garten. Doch Vorsicht, Nacktsein ist nicht allen erlaubt. Und wer noch weiter geht, der muss sogar mit Geldstrafe oder gar einer Haft rechnen.

"In seinen eigenen vier Wänden – dazu gehören auch Balkon und Garten – kann man grundsätzlich tun und lassen, was man will, solange man nicht gegen das Gesetz, Hausordnung oder Verträge verstößt", erklärt der Wiener Rechtsanwalt Johannes Öhlböck gegenüber "Heute".

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    <strong>Nacktsein!</strong> Ob Sonnenliegen, Gartendusche oder schnell in den <a href="https://www.heute.at/s/der-speibkuebel-steht-direkt-neben-dem-pool-100279947">Pool</a> hüpfen: Für nackt Herumlaufen im Garten oder auf dem Balkon sieht das österreichische Rechtssystem so gesehen kein Gesetz oder Paragraphen vor, der vorschreibt, wie man sich wo oder wann kleidet (oder auch nicht).<br><br>Die Rechtsprechung der Vergangenheit hat eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass der nackte Aufenthalt in der Wohnung, auf dem Privatgrundstück (egal wie einsehbar) nicht verboten ist. Aber: Der öffentliche Anstand sollte dabei nicht verletzt werden – und dieser Paragraph kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn Kinder in der Nähe sind.
    Nacktsein! Ob Sonnenliegen, Gartendusche oder schnell in den Pool hüpfen: Für nackt Herumlaufen im Garten oder auf dem Balkon sieht das österreichische Rechtssystem so gesehen kein Gesetz oder Paragraphen vor, der vorschreibt, wie man sich wo oder wann kleidet (oder auch nicht).

    Die Rechtsprechung der Vergangenheit hat eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass der nackte Aufenthalt in der Wohnung, auf dem Privatgrundstück (egal wie einsehbar) nicht verboten ist. Aber: Der öffentliche Anstand sollte dabei nicht verletzt werden – und dieser Paragraph kommt insbesondere dann zum Tragen, wenn Kinder in der Nähe sind.
    Getty Images/iStockphoto

    Wer nicht nackt sein sollte

    Sich nackt am Balkon oder im Garten aufzuhalten stelle in der Regel weder eine Straftat noch eine Anstandsverletzung dar. Es gibt allerdings wichtige Ausnahmen: "Ist der Balkon oder der Garten (öffentlich) einsehbar und fühlen sich Nachbarn durch zu viel nackte Haut belästigt, könnte dies im Einzelfall jedoch zu einer Anstandsverletzung führen", so der Experte.

    Dabei gelte es allerdings grundsätzlich die jeweiligen Interessen abzuwägen. "Konkret sind das die Interessen der Person, die im Garten oder am Balkon nackt sein möchte und jene des Nachbarn. Unter Erwachsenen wird diese Interessenabwägung zugunsten der Nacktheit ausgehen." Das war vor 70 Jahren noch anders. So wurde zum Beispiel das Sonnenbaden einer Frau ohne Bekleidung auf dem Balkon ihrer Parterrewohnung als anstandsverletzend bewertet (VwGH 20.10.1963, 30/62). "Heute würden Gerichte in Österreich die Sache angesichts des Wertewandels wahrscheinlich nicht mehr so streng beurteilen."

    Dr. Johannes Öhlböck ist Rechtsanwalt mit Sitz in Wien.
    Dr. Johannes Öhlböck ist Rechtsanwalt mit Sitz in Wien.
    zvg

    Ist der betreffende Balkon oder Garten von einem Kinderspielplatz, Kindergarten oder einer Schule einsehbar könnte das Gericht jedoch auch heute strenger beurteilen: "In diesem Fall könnte der Nudismus unterliegen. Das Nachbarrecht ist von mehreren Faktoren geprägt. Unter anderem vom Interessensausgleich zwischen den Nachbar, aber auch der Ortsüblichkeit und dem Maßstab dessen, was als anständig oder Unanständig beurteilt wird."

    Was ist eine Anstandsverletzung?

    Eine Anstandsverletzung nach der Rechtsprechung bei einem Verhalten vor, das mit den Grundsätzen der Schicklichkeit nicht im Einklang steht und einen groben Verstoß gegen die in der Öffentlichkeit zu beachtenden Pflichten darstellt. Was eine Anstandsverletzung genau ist, bestimmt sich nach der Verkehrsanschauung im gesellschaftlichen Kreise der Betroffenen. Gemeint sind Handlungen oder Leistungen, die nach der gesellschaftlichen Anschauung zwar nicht rechtlich, aber moralisch gefordert werden können, deren Unterlassung gesellschaftlich als Pflichtverletzung oder Anstandsverletzung  gilt und eine Minderung der gesellschaftlichen Achtung nach sich zieht (OGH RS0064311). Bei der Beurteilung der Verletzung ist ein objektiver Maßstab anzulegen (VwGH 85/10/0120 – "Arschloch"). Der Begriff öffentlicher Anstand ist aber insgesamt sehr vage. Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Begriff öffentlicher Anstand einem Vorstellungs- und Wertewandel unterliegt.

    Sechs Monate Haft

    Gänzlich anders verhält es sich mit Sex im Garten oder am Balkon, erklärt der Rechtsanwalt. "Hier liegt keine Anstandsverletzung mehr vor, die verwaltungsgerichtlich zu ahnen wäre, sondern eine öffentliche geschlechtliche Handlung nach § 218 Abs 2 Strafgesetzbuch, die mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen ist."

    Allerdings ist die Ahndung dieser Straftat etwas verworren. So muss es den Akteuren einerseits eindeutig bewusst sein, dabei beobachtet zu werden, andererseits müssen sich tatsächlich in der Öffentlichkeit zur Tat schreiten. Dies ist jedoch nur der Fall, wenn die Handlung von einem größeren Personenkreis wahrgenommen werden kann. Als Richtwert werden hier zehn Personen hergenommen, die auch nacheinander vorbeigehen können. 

    Dennoch: "Öffentlich begangene geschlechtliche Handlungen stellen ein Offizialdelikt dar und sind von der Staatsanwaltschaft von Amts wegen zu verfolgen."

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