Gesundheit
Seltene Erkrankung: Bub leidet am "Fischgeruch-Syndrom"
Aufgrund eines Gendefekts darf Bennet 90 Prozent aller Lebensmittel nicht essen. Tut er es trotzdem, beginnt er nach vergammeltem Fisch zu riechen.
Bennet ist noch ein Baby, als seine Eltern bemerken, dass mit ihm etwas nicht stimmt. Mit sechs Monaten beginnen die Eltern, ihn mit Beikost zu füttern. Vier Stunden nachdem er etwas gegessen hat, beginnt der Kleine unangenehm zu riechen. " Wie vergammelter Fisch", beschreibt es die Mutter Marlies Behrens aus Bielefeld (Deutschland) in der SWR-Talkshow "Nachtcafé". Zunächst denken die Eltern an eine Unverträglichkeit gegen ein bestimmtes Lebensmittel. Als der Geruch jedoch nach jeder Mahlzeit eintritt, machen sie sich Sorgen.
Diagnose: Trimethylaminurie
Die Ursache für den unangenehmen Geruch bleibt lange ein Rätsel. Eine Ärzte-Odyssee folgt. Nach einem halben Jahr dann endlich die Diagnose: Bennet leidet unter der seltenen Stoffwechselkrankheit Trimethylaminurie. Der Geruch des Siebenjährigen wird durch bestimmte Stoffwechselprozesse im Körper ausgelöst, die fehlerhaft ablaufen. Schuld ist ein Chromosom-Fehler, weshalb die Krankheit auch nicht heilbar ist und Bennet sein Leben lang begleiten wird.
Trimethylaminurie ist eine äußerst seltene Stoffwechselerkrankung, bei der bestimmte enzymatische Prozesse in der Leber nicht bzw. reduziert ablaufen. Zentrales Symptom ist ein unangenehmer, fischähnlicher Geruch, den die Patienten durch fehlerhafte Stoffwechselprodukte aussondern. Etwa 200 schwere Fälle weltweit sind bekannt.
Aufgrund einer Genmutation, die vererbt wird, produzieren Menschen mit dem Fischgeruch-Syndrom zu wenig von dem Enzym Monooxygenase 3. Dadurch kann die fischig riechende Substanz Trimethylamin nicht richtig abgebaut werden. Infolge sammelt es sich im Körper an und wird über den Urin, andere Körperflüssigkeiten und sogar die Atemluft ausgeschieden. Das Ergebnis: Der Betroffene riecht streng nach altem Fisch, ist ansonsten jedoch vollkommen gesund. Das schränkt die Lebensqualität von Menschen mit Trimethylaminurie extrem ein.
Die Erkrankung ist nicht heilbar. Die einzige Therapie besteht in einer lebenslangen Diät, die Lebensmittel vermeidet, die Cholin enthalten.
Lebenslange Diät
Sie lässt sich jedoch durch die Wahl der Lebensmittel steuern. "90 Prozent der Lebensmittel darf er nicht essen, weil sein Körper es nicht verstoffwechseln kann. Die Folge ist dann der Fischgeruch", erklärt seine Mutter. Auf Bennets Speiseplan stehen stattdessen meist folgende Lebensmittel: Reis, Kartoffeln, Dinkelnudeln, selbst gebackenes Brot, Hähnchen und Pute sowie selbst gemachte Tomatensoße und bestimmte Gemüsesorten. Seine Mutter sagt: "Hülsenfrüchte, Kohl, Avocados oder rotes Fleisch landen nicht auf seinem Teller." Auch Fisch und Eier sind verboten, weil die Leber die Eiweiße nicht abbauen und spalten kann.
Auch ein Deo kann den Geruch nur für maximal 30 Minuten überdecken. Soziale Konsequenzen musste der mittlerweile Siebenjährige bislang so gut wie keine fürchten. Nur einmal wurde er nicht zu einer Geburtstagsfeier eingeladen. Bennet selbst geht sehr tapfer mit seinem Schicksal um, seine Mutter macht sich trotzdem Sorgen um seine Zukunft. "Für ihn war es von Anfang an normal, dass er das hat. Aber wie es später wird, wenn er in die Pubertät kommt, arbeiten geht, eine Familie gründen möchte, ist jetzt noch nicht absehbar."