In Volkschul-Klasse
Lehrerin: "Nur 2 Kinder haben Deutsch als Erstsprache"
Monika Z. ist Lehrerin in einer Integrationsklasse in Döbling. Im "Heute"-Gespräch erzählt sie von den täglichen Herausforderungen im Klassenzimmer.
Schon als Kind stand für Monika Z. (31) fest: "Ich möchte Lehrerin werden!" Also studierte die Wienerin nach der Matura Lehramt: "Das Studium hat mir großen Spaß gemacht, vor allem auch die Praxis", so die 31-Jährige. Doch die Ausbildung konnte Monika Z. nicht auf alles vorbereiten, was sie im Klassenzimmer erwartet: "Ich habe es mir einfacher vorgestellt", gibt sie zu.
Vor sieben Jahren begann die Wienerin als Sprachförder-Lehrerin, seit sechs Jahren ist sie Klassenlehrerin an einer Volksschule in Döbling: "Wir sind eine Integrationsklasse, ich betreue gemeinsam mit zwei Teilzeit-Sonderpädagoginnen eine 4. Klasse mit 13 Kindern, darunter vier Kinder mit Sonderbetreuungsbedarf aufgrund von Lernschwächen oder Autismus. Begonnen haben wir in der 1. Klasse mit 22 Kindern", erzählt sie.
„In meiner Klasse sind nur zwei Kinder mit Deutsch als Erstsprache“
Die verschiedenen Migrationshintergründe der Kinder empfindet die 31-Jährige als durchwegs positiv: "Der multikulturelle Aspekt ist sehr erfrischend und interessant. Die Kinder gehen sehr unterschiedlich an die Dinge heran."
Ein großes Problem ist hingegen die Sprachbarriere: "In meiner Klasse sind nur zwei Kinder mit Deutsch als Erstsprache. Seit der 3. Klasse sprechen alle Deutsch, der Grundwortschatz ist da. Probleme gibt es noch beim Leseverständnis, vor allem bei Sachtexten", berichtet Monika Z.
Kooperation mit Eltern oft schwierig
Obwohl die "Klassengemeinschaft heuer sehr gut ist", stehen verbale und körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Schülern an der Tagesordnung: "Einige Kinder denken: 'Wenn ich beschimpft werde oder meine Ehre verletzt wird, dann muss ich schlagen, das sagt mein Papa'", erklärt die Pädagogin.
Ist ein Kind "verhaltenskreativ" – es stört den Unterricht, wird verbal ausfällig und muss immer wieder ermahnt werden – muss es etwa frühzeitig von der Schule abgeholt werden. Nicht immer funktioniert die Zusammenarbeit mit den Eltern: "Wir haben auch Eltern, die nicht zum Elternsprechtag kommen, wir müssen dann Ladungen verschicken. Kommt es dann zu einem Gespräch, zeigen sich die meisten kooperativ und versprechen viel – gehalten wird es aber oft nicht."
„Nicht die Kinder sind das Problem. Es sind die traumatischen Erlebnisse, die sie mitbringen“
Neben Workshops setzt Monika Z. auf Belohnungssysteme, vertiefende Klassenregeln (Warum darf ich nicht schlagen?), einen Gewaltfrei-Teppich, persönliche Stimmungs-Thermometer oder ein Benimm-Ampelsystem, das sich im Laufe des Tages öfters ändert: "Auf manche Kinder kann ich teilweise noch einwirken, vor allem auf die jüngeren. Und bei jenen, die bis zu einem gewissen Grad reflektieren können, da funktioniert es."
Täglich stellt sich die Wienerin den Herausforderungen, für sie ist klar: "Nicht die Kinder sind das Problem. Es sind die traumatischen Erlebnisse in der Familie wie Krankheiten, Unfälle und Todesfälle oder vom Krieg, die sie mitbringen. Das sind keine Einzelfälle, sondern Alltag. Und wir Pädagogen müssen das dann im Unterricht aufarbeiten."
Die Bilder des Tages
Wunsch nach fixem Support-Team
Große Hilfe wäre für Monika Z. ein fixes Support-Team am Schulstandort: "Wir brauchen für jede Situation eine andere Art der Unterstützung. Wir sind dafür nicht ausgebildet und können auch nicht alles stemmen. Derzeit haben wir noch eine Schulpsychagogin, die an zwei Tagen für insgesamt zehn Stunden zur Verfügung steht, aber bald in Pension geht. Bei fast 200 Schülern sind zehn Stunden aber jetzt schon viel zu wenig."
Ein zweiter wichtiger Punkt sind die finanziellen Ressourcen: "Wir würden zum Beispiel einen Extra-Raum für unsere Integrations-Kinder benötigen, in den wir uns in einer Akutsituation zurückziehen können. Zudem gibt es tolles, spezielles Unterrichtsmaterial für diese Kinder, doch diese sind sehr teuer und nicht finanzierbar."
Herausforderungen im neuen Schuljahr
Die 31-Jährige wünscht sich zudem eine bessere Schul-Verteilung von Integrations-Kindern – "ein Kind zu fördern ist leichter, als vier oder fünf" – und appelliert im Hinblick auf den seit Jahren bekannten Lehrermangel und den kommenden Familienzusammenführungen an die entsprechenden Ministerien "vorausschauender zu denken".
Auch im kommenden Schuljahr warten wieder viele Herausforderungen auf die Volksschul-Lehrerin: "Von manchen Kindern weiß man schon im Vorhinein – etwa durch ein Schreiben des Kindergartens oder vom Schuleinschreibungstermin – dass es 'Problemfälle' sind. Zudem wird wieder ein autistisches Kind in meiner Klasse sein."
Schüler unterstützen kranke Klassenkollegin, NÖ
„Eine Schülerin wird dieses Jahr nicht schaffen. Sie sitzt dann mit 13 Jahren in der 4. Klasse Volksschule“
Von den 13 Kindern, die Monika Z. derzeit betreut, sind drei bereits 12 Jahre alt: "Eine Schülerin wird dieses Jahr nicht schaffen. Sie sitzt dann mit 13 Jahren in der 4. Klasse Volksschule – weil sie nicht die sonderpädagogische Förderung erhalten hat, die sie benötigt hätte. Per Gesetz muss ich sie im Stich lassen, ich kann nichts für sie tun."
Auf den Punkt gebracht
- Die 31-jährige Lehrerin Monika berichtet von den täglichen Herausforderungen in ihrer Integrationsklasse in Döbling, in der nur zwei Kinder Deutsch als Erstsprache haben
- Neben der Sprachbarriere und Verhaltensproblemen der Schüler kämpft sie auch mit fehlenden Ressourcen und Unterstützung, insbesondere für Kinder mit traumatischen Erfahrungen
- Sie wünscht sich mehr finanzielle Mittel, bessere Schulverteilung von Integrationskindern und appelliert an die Ministerien, vorausschauender zu handeln
- Trotz der Schwierigkeiten bleibt sie engagiert und setzt auf verschiedene pädagogische Ansätze, um ihren Schülern zu helfen