Politik
Fake News und Geschwurbel vor 291.000 Sehern im ORF
Wie ein Kabarettist mit Nebenjob "Standard"-Kolumne im ORF unwidersprochen schwurbeln durfte und warum eine Entschuldigung angebracht wäre.
Für die Meinungsforschung war 2015 ein dunkelbuntes Jahr. Vor den Landtagswahlen in Wien hatten die Umfragen wochenlang ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPÖ und FPÖ herbeiphantasiert, am Wahltag schien für Heinz-Christian Strache bis in den Abend hinein plötzlich sogar Platz 1 greifbar. Ich saß in einem ORF-Studio und analysierte den künftigen Bürgermeister HC. Reiner Nonsens, am Ende des Tages hatte die SPÖ 39,5 Prozent, die FPÖ nur 30,8 Prozent geschafft. Es war ein peinlicher TV-Moment! Für mich, fürs Fernsehen, vor allem fürs Geschäft mit den Glaskugeln.
Ich wollte damals mit Umfragen aufhören, Meinungsforscher Peter Hajek überredete mich, es noch einmal zu probieren. Wir kamen überein: Nur mit harten Vorgaben. Sonntagsfrage mit mindestens 800 Interviewten, volle Transparenz, alle Fakten auf den Tisch, die Rohdaten veröffentlichen, erklären, wie es zu Hochschätzungen kommt.
Seither weisen "Heute"-Umfragen eine sehr hohe Trefferquote aus, der "Verband der Markt- und Meinungsforschungsinstitute Österrreich" hat unsere Regeln in seine Richtlinien übernommen. 28 Institute tragen sie mit. Mit Umfragen wird immer noch allerlei Schindluder getrieben, wir hüten uns möglichst vor Beteiligung.
Kurz im ORF-"Kulturmontag"
Montagabend stach den ORF der Hafer. Er bildete sich ein, ausgerechnet im "Kulturmontag" über die neuen Kurz-Filme debattieren zu müssen. Peter Filzmaier saß da, wie immer und überall, ich mutmaße der ORF wechselt lediglich hin und wieder die Deko um ihn herum.
Florian Scheuba war zweiter Gast, er wurde auf die "Heute"-Umfrage angesprochen, nach der sich 18 Prozent das Antreten einer "Liste Kurz" bei der nächsten Wahl wünschen würden. Der Kabarettist mit dem Nebenjob "Standard"-Kolumne unterstellte uns umgehend, Umfragen zu manipulieren, warf uns in einen Topf mit den frisierten Befragungen von "Österreich", ergab sich in allerlei Andeutungen über Herausgeberin Eva Dichand und Sebastian Kurz. Lächelnd. Beleglos, aber lächelnd. Der Moderator widersprach dem Geschwurbel nicht, Filzmaier auch nicht. Sie saßen da und ließen Scheuba vor 291.000 Sehern Fake-News verbreiten.
Manipulierte Umfragen, einfach so behauptet. Ehrenrührig, vor allem nach unserem Bemühen um mehr Seriosität im Feld. Auch von erstaunlicher Unkenntnis getragen, vor allem schlicht falsch.
Manipulierte Umfragen? Der Letzte, der uns das vorgeworfen hat, war Sebastian Kurz, ja, der aus den Hollywood-Blockbustern. Als es uns zu bunt wurde, dackelte Peter Hajek mit seinem Laptop ins Kanzleramt und legte alle Daten offen. Ab da war Ruhe im Karton.
Diesmal ist Ruhe nur die zweitbeste Option. Diesmal hielte ich ein paar Klarstellungen und eine Entschuldigung für angebracht. Wird nicht kommen, klar. Dafür brauche ich keine Umfrage.