Politik

Warum es 2022 ohne Ausländer-Wahlrecht nicht mehr geht

Pro & Contra zum innenpolitischen Aufreger der Woche: Das Wahlrecht kann nicht mehr nur eine Passfrage bleiben, findet Amra Durić.

Amra Duric
Kommentar von Amra Durić: Es braucht eine Reform des Wahlrechts!
Kommentar von Amra Durić: Es braucht eine Reform des Wahlrechts!
Picturedesk, Helmut Graf

Keine Staatsbürgerschaft, kein Wahlrecht – so sieht es die Gesetzgebung in Österreich vor. Was das für die kommende Bundespräsidentenwahl bedeutet? Satte 1,4 Millionen Menschen dürfen nicht wählen gehen, obwohl sie in Österreich geboren sind, hier leben und sich als Österreicher:innen fühlen. Klingt veraltet, ist es auch.

Mein Pass war nicht immer ein österreichischer. Ich bin in Bosnien und Herzegowina geboren und 1993 im Zuge des Balkan-Krieges nach Österreich geflüchtet. Erst elf Jahre später wurde ich Österreicherin – dank meiner Mutter. Hätte sich diese dagegen entschieden, würde ich heute nicht wählen dürfen. Meine Geschwister übrigens auch nicht, obwohl sie hier geboren sind.

Staatsbürgerschaft wird zu Feuerprobe

Nun hört man oft: Wenn man in Österreich auf politischer Ebene mitreden will, kann man ja die Staatsbürgerschaft annehmen. Spielen wir das einmal durch: Anwärter:innen müssen sich mindestens 10 Jahre (im Sonderfall 6 Jahre) im Land aufhalten. In fast der Hälfte aller Staaten der Welt reichen übrigens 5 Jahre. Man muss ein Einkommen von mindestens 1.030 Euro im Monat nachweisen können – nach Abzug von Miete und Unterhalt.

In Wien zahlt man für die Verleihung der Staatsbürgerschaft zwischen 1.100 und 1.500 Euro und rund 130 Euro für den Antrag. Dazu kommen noch Hunderte Euros für die Übersetzung der Dokumente.

Erfüllt man nun alle Kriterien und will zum behördlichen Antragstermin für Einbürgerung, bei dem alle Dokumente überprüft werden, muss man in Wien mindestens sechs Monate warten. Sprich, der nächste freie Termin ist erst 2023.

Wahlrecht an Wohnort und Aufenthaltsdauer knüpfen

Ich höre schon Kommentare wie: "Aber man darf nicht jedem die Staatsbürgerschaft nachwerfen." Nein, soll man auch nicht. Aber, bleibt die Gesetzeslage so, wie sie jetzt ist, wird die Zahl der Menschen, die in Österreich leben, aber keine Staatsbürgerschaft haben, bis 2045 auf 2,3 Millionen Personen ansteigen.

Will man schon den Zugang zur Staatsbürgerschaft, aus Angst, dass das "höchste Gut" dadurch "entwertet" wird, nicht erleichtern, sollte man das Wahlrecht an andere Kriterien, wie zum Beispiel den Wohnort und die Aufenthaltsdauer, knüpfen.

ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner sagte vor Kurzem: "Staatsbürgerschaft und Wahlrecht taugen nicht als Willkommensgeschenke für jeden, der erfolgreich seinen Wohnsitz anmeldet." Nein, Frau Sachslehner, es sollte nicht jeder, der erfolgreich seinen Wohnsitz in Österreich anmeldet, Staatsbürgerschaft und Wahlrecht bekommen. Sondern die Menschen, die seit Jahren in Österreich leben, arbeiten, Steuern zahlen und ihre Kinder großziehen. Sie sollten über das politische Geschehen in ihrem Land mitentscheiden dürfen. Von österreichischen Eltern auf die Welt gebracht zu werden, das ist ein "Willkommensgeschenk". Alles andere ist harte Arbeit.

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