Renaturierungs-Streit

"Klarer Rechtsbruch, rote Linie" – Experte wütet im ORF

Die Renaturierungsverordnung hat beinahe die österreichische Regierung gesprengt. Wie sehr das Vorhaben spaltet, zeigten auch zwei Experten im ORF.

Newsdesk Heute
"Klarer Rechtsbruch, rote Linie" – Experte wütet im ORF
Bauernbund-Präsident Georg Strasser und Ursula Bittner von Greenpeace in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Die Renaturierungsverordnung und der Alleingang von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) sprengte beinahe die ÖVP-Grünen-Regierung. Seitdem ist Eiszeit zwischen den Koalitionspartnern – sogar der traditionelle Ministerrat am Mittwoch wird nur in Mail-Form stattfinden. Wie emotional aufgeladen das Thema ist, zeigte am späten Dienstagabend auch die "ZIB2" mit ORF-Moderator Armin Wolf, der Ursula Bittner von Greenpeace und Bauernbund-Präsident Georg Strasser zur Diskussion geladen hatte.

Gleich zu Beginn ließ Strasser, der das Gesetz als "Anschlag auf den ländlichen Raum" bezeichnet hatte, seinem Ärger freien Lauf. Er sei "sehr enttäuscht von Ministerin Gewessler" und ihr "Ja" zur Verordnung sei ein "klarer Rechtsbruch", es sei eine "rote Linie überschritten". "Wirklich unwürdig" befand Strasser dies für eine grüne Partei "als Schützerin des Rechtsstaats". Das Gesetz selbst gebe laut dem ÖVP-Mann "pauschale Ziele vor", die einzuhalten seien.

"Es ist ein Meilenstein"

"Wir haben große Sorge, dass das die Lebensmittelproduktion in Österreich beeinflusst", so Strasser. Nach seinen Angaben müsste eine Fläche so groß wie die Steiermark anders bewirtschaftet werden, um die Vorgaben zu erfüllen. Österreich könne zudem in eine Import-Falle tappen, weil es nicht mehr genug Lebensmittel selbst produzieren könne, so Strasser. Stimmt alles nicht, attestierte Bittner, vielmehr sei es das "wichtigste Naturschutzgesetz, das wir haben".

80 Prozent der geschützten Flächen in Österreich und der EU seien "in einem sehr schlechten Zustand", da sei sowieso die Lebensmittelproduktion bedroht, so Bittner. Das Renaturierungsgesetz gebe Rahmen und Ziele vor, die Regierung könne aber gemeinsam mit der Landwirtschaft die Maßnahmen entwickeln, verstand die Expertin die Aufregung nicht. "Es ist ein Meilenstein, damit wir gegen die Klimakrise effektiv vorgehen können", so die Expertin. "Das von oben herab der EU" gehe den Menschen "schon auf die Nerven", warf Strasser ein.

"Wir sind hier gebrannte Kinder"

"Ich lasse mir nicht unterstellen, dass wir mit der Renaturierung nichts am Hut haben", so der ÖVP-Mann, seine Partei habe 800 dahingehende Projekte umgesetzt. Bittner konterte: Man versetze Gebiete in einem schlechten Zustand in einen guten Zustand, "da können Sie ja nichts dagegen haben". Neben der Lebensmittelproduktion und -qualität sei das auch ein Schutz gegen die Unwetterkatastrophen, so Bittner. Strasser dagegen: "Wir sind hier gebrannte Kinder." Es würden Ziele von oben herab vorgegeben und dann lasse man die Betroffenen alleine.

Was schade mehr, fragte Bittner nach: Wenn man jetzt etwas tue und Einbußen habe, aber auf Dauer profitiere – oder wenn man einfach abwarte und gar nichts tue. Wenn man so agiere wie die ÖVP, dann stehe man "mit dem Rücken zur Wand" und werde "in eine Katastrophe schlittern". "Da braucht es wirklich ein Umdenken, sonst werden wir massive Probleme bekommen in diesem Land", so Bittner. Dass das Thema auch von manchen SPÖ-Politikern abgelehnt werde, erklärte Bittner so: "Es sind Falschinformationen gestreut worden", niemand werde enteignet, wie es behauptet werde.

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Auf den Punkt gebracht

  • Die Renaturierungsverordnung hat beinahe die österreichische Regierung gesprengt und spaltet die Koalitionspartner
  • Im ORF diskutierten Experten über das kontroverse Thema, wobei der Bauernbund-Präsident das Gesetz als "klaren Rechtsbruch" bezeichnete, während eine Vertreterin von Greenpeace es als wichtiges Naturschutzgesetz verteidigte
  • Die Diskussion zeigte die emotional aufgeladene Debatte über die Auswirkungen des Gesetzes auf die Lebensmittelproduktion und den Naturschutz in Österreich
red
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