Droht die Austro-Ampel?

Kickl in der Opposition? FPÖ könnte dennoch profitieren

In der österreichischen Politik dreht sich nun alles um die Regierungsbildung. Eine Koalition mit Wahlsieger FPÖ ist jedoch nicht sicher.

Lukas Leitner
Kickl in der Opposition? FPÖ könnte dennoch profitieren
Die FPÖ könnte von einer erneuten Runde in der Opposition profitieren.
Picturedesk; Helmut Graf; "Heute"-Collage

Die Nationalratswahl ist vorbei. Das Volk hat gesprochen und zugleich der aktuellen Bundesregierung ein vernichtendes Zeugnis gegeben. Die ÖVP verlor über elf, die Grünen fast sechs Prozent.

Der Wahlsieger lautet FPÖ. Die Freiheitlichen erlangten fast 30 Prozent der Stimmen und Herbert Kickl ging mit diesem blauen Rekordergebnis in die Parteigeschichte ein – übertraf sogar Jörg Haider.

Nichts ist sicher

Zu Ende ist das Thema Nationalratswahl noch lange nicht. Immerhin stehen die Parteien nun vor langen Verhandlungen über die Regierungsbank – jetzt ist Bundespräsident Alexander Van der Bellen am Zug. Er will, bevor er den Regierungsbildungsauftrag erteilt, mit allen Partei-Chefs ein Gespräch führen – Herbert Kickl macht den Anfang am Freitag, die anderen folgen ab Montag.

Sicher ist dabei nichts. Weder dass die Freiheitlichen den Auftrag bekommen, dass Van der Bellen überhaupt einen Auftrag erteilt, noch dass Kickl Bundeskanzler wird oder überhaupt auf der Regierungsbank sitzen darf.

Alle gegen Kickl

Immerhin haben sich schon vor der Wahl alle Parteien gegen eine Koalition mit der Kickl-FPÖ ausgesprochen und wollen auch nach der Wahl bei ihrem Versprechen bleiben. Zwar gab es einige Stimmen aus der ÖVP, die sich der FPÖ öffneten und zumindest Gespräche mit den Freiheitlichen führen wollen, Nehammer versicherte aber erneut, dass er mit Kickl nicht will.

Es könnte also zu einem Ausschluss des Erstplatzierten kommen. Die anderen Parteien scheinen sich gegen die Freiheitlichen zu verschwören, eine "Verliererkoalition" und eine Austro-Ampel steht im Raum. Kickl und seine FPÖ werden dafür einfach auf die Oppositionsbank verwiesen – kein Mitregieren.

Auswirkungen auf Landeswahlen

Doch genau das könnte für die Blauen von Vorteil sein. Immerhin zeigte das Ergebnis, wie unzufrieden die Bevölkerung mit den aktuell herrschenden Zuständen ist. Die türkis-grüne Regierung wurde klar abgewählt, käme nur auf etwas mehr als 34 Prozent.

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Bekommt die FPÖ nun einerseits nicht den Regierungsauftrag und wird dann auch noch auf die Oppositionsbank gesetzt, könnte das in der freiheitlichen Wählerschaft für Aufregung sorgen. Wahlen in der Steiermark, in Vorarlberg, im Burgenland und in Niederösterreich (Gemeinderat) stehen unmittelbar bevor, die Entscheidungen der anderen Parteien auf Bundesebene könnten sich direkt auf deren Ausgang auswirken, die Wähler umstimmen und die Länder blau einfärben.

Aus der Opposition lebt es sich leichter

Weiters ist die FPÖ in der Opposition geübt. Man weiß in den freiheitlichen Reihen, welche Fragen man stellen muss, wie man sich verhält und wie man für den einen oder anderen Aufreger sorgt.

Zudem lebt es sich aus der Opposition bekanntlich leichter. Die Verantwortung, die eine Regierung tragen muss, fehlt. Kritik zu üben, ist dafür umso einfacher.

Und genau diese Kritik an der Regierung konnte Herbert Kickl schon in den letzten Wahlkämpfen gut nutzen und umsetzen. Immer wieder erinnerte er etwa an Corona und die damit verbundenen Maßnahmen.

Durch das breit aufgestellte Medienangebot, über das die Freiheitlichen verfügen – nicht nur in den Sozialen-Netzwerken, sondern auch mit dem eigenen Sender FPÖTV – werden die Partei-Botschaften nach außen getragen.

FPÖ als Märtyrer

Sollte die FPÖ letztlich wirklich auf der Oppositionsbank ihren Platz finden, wird sie für ihre Fans zu einem "Märtyrer" gemacht – immerhin hätte man den Wählerwillen ignoriert. Die FPÖ kann somit "bequem" in der "Opferrolle" aufgehen und von dort aus gezielt auf die nächste Wahl zusteuern.

Das Märtyrertum könnte dabei den Zuspruch der Partei stärken. Immerhin zeigte der Urnengang am Sonntag, dass sich viele Bürger Veränderung wünschen. Sitzt aber erneut die ÖVP mit einem roten und pinken Partner auf der Regierungsbank, könnte die Unzufriedenheit wachsen und die herrschenden Parteien weiter an Zuspruch verlieren.

Die Wählerschaft der FPÖ könnte dann bei der nächsten Wahl mit einer "Jetzt-Erst-Recht"-Mentalität zum Wahllokal gehen und erneut freiheitliche Rekorde schreiben, bei denen mit über 30 Prozent zu rechnen sein könnte.

Kurzfristiger Schmerz

Dass die FPÖ also nicht in die Regierung kommt, könnte zwar einen kurzfristigen Schmerz in der Partei und bei den Wählern auslösen, ein Gefühl des "nicht verstanden und ignoriert Werdens". Mittel- und langfristig könnten die Blauen dadurch aber stärker als je zuvor werden.

Immerhin hätte man dann fünf Jahre Zeit, erneut die Wähler zu mobilisieren und sie immer wieder daran zu erinnern, dass einem der Regierungssitz "gestohlen" bzw. "weggenommen" wurde.

Ob es aber wirklich so weit kommt, gilt es abzuwarten. Die Regierungsverhandlungen haben "offiziell" noch nicht begonnen – alles wartet auf Bundespräsident Alexander Van der Bellen. Jetzt ist er am Zug.

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    privat, iStock

    Auf den Punkt gebracht

    • In der österreichischen Politik steht die Regierungsbildung nach der Nationalratswahl im Fokus, wobei eine Koalition mit der Wahlsiegerpartei FPÖ unter Herbert Kickl unsicher ist
    • Sollte die FPÖ in die Opposition gedrängt werden, könnte dies langfristig ihre Position stärken, da sie sich als Märtyrer darstellen und die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit der aktuellen Regierung nutzen könnte
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